Hass, Hans#
* 23. 1. 1919, Wien
† 16. 6. 2013, Wien
Zoologe, Schriftsteller, Dokumentarfilmer
Hans Hass wurde am 23. Januar 1919 als Sohn des Rechtsanwaltes Hans Hass und seiner Frau Meta in Wien geboren. Schon während seiner Schulzeit war er in Fechten, Zehnkampf, Schwimmen und Kunstspringen sportlich erfolgreich.
Auf der Matura-Reise 1937 an die Französische Riviera machte er die Bekanntschaft des amerikanischen Journalisten Guy Gilpatric, dem Begründer der Unterwasserjagd. Gemeinsame Jagdausflüge mit der Harpune begeisterten Hans Hass und sollten seinen Lebenslauf nachhaltig beeinflussen.
Er wechselte vom Jus-Studium zu einem Studium der Biologie und bereitete bereits seine erste eigene Expedition vor, die ein Jahr später an die dalmatinische Küste führte.
Er hatte sich von der Harpune auf den Fotoapparat verlegt und 1938 einen Wiener Schlosser gebeten, nach seinen Plänen ein wasserdichtes Gehäuse für seine Kamera (eine RoBoT II der Fa. Robert Berning & Co., Düsseldorf) zu bauen. Mit dieser schoss er in den Kornaten seine ersten Unterwasserbilder (es konnte unter Wasser nur der Auslöser bedient werden, Zeit und Blende mussten außerhalb des Wasser eingestellt werden!).
Auf seiner ersten Expedition in die Karibik (Curaçao, Bonaire) wurde er vom Ausbruch des zweiten Weltkrieges überrascht und musste umständlich über die (noch nicht im Krieg befindliche) USA und Japan nach Hause reisen, was die Expedition um 8 Monate verlängerte.
Hier hatte er als erster frei tauchend tropische Korallenriffe erkundet tausende Unterwasserfotos gemacht, auch das erste Unterwasser-Farbfoto und erste Unterwasserfilmaufnahmen.
Dieses Material, das er von seiner ersten Forschungsreise mitbrachte, sorgte für weltweite Schlagzeilen: Seine Einblicke in die Unterwasserwelt eröffneten einem breiten Publikum ein völlig unbekanntes Universum. Das Titelfoto des Artikels "Wir lebten unter Fischen" in der "Berliner Illustrierten" machte Hans Hass und den Tauchsport über Nacht bekannt, sein (weltweit erster) Unterwasserfilm "Pirsch unter Wasser" machte ihn weltberühmt.
Auf Grund einer Gefäßerkrankung war er vom Militärdienst befreit. Mit dem Geld, das er durch Vorträge und Bilderverkauf an Zeitungen verdiente, finanzierte Hans Hass die Entwicklung des ersten autonomen, tragbaren Schwimmtauchgeräts, das es ermöglichte, nicht mehr mit den bis dahin üblichen Bleischuhen auf dem Meeresgrund umherzugehen, sondern sich sozusagen in ein fischähnliches Wesen zu verwandeln (es funktioniert mit Sauerstoff, der sich selbst reinigte - man konnte zwar nicht so tief tauchen, stieß aber auch keine Luftblasen aus).
1941 zog er von Wien nach Berlin, gründete ein Organisationsbüro für Unterwasserforschung und setzte sein Studium an der Friedrich-Wilhelm-Universität Berlin fort.
1942 unternahm er eine Ägäis-Expedition, 1943 arbeitete er an der Zoologischen Station in Neapel und promovierte mit einer Dissertation über das Tauchen (Beitrag zur Kenntnis der Reteporiden mit besonderer Berücksichtigung der Formbildungsgesetze ihrer Zoarien und einem Bericht über das Schwimmtauchen als neue Methode der Meeresforschung).
Er kaufte den Zweimastschoner "Seeteufel" und baute ihn zur Forschungsstation aus. 1945 heiratete er die Schauspielerin Hannelore Schroth, ein Jahr später wurde Hans Hass jun. geboren.
Als die Siegermächte nach Kriegsende sein Schiff und die gesamte Ausrüstung beschlagnahmten, wandte er sich der Anthropologie und der Evolutionslehre zu. Sein 1942 begonnener Film "Menschen unter Haien" wurde schließlich 1947 in Zürich uraufgeführt, es folgte sein wohl populärstes Buch "Menschen und Haie".
1948 entwickelte er für Semperit die Hans-Hass-Flosse, für Leica ein Unterwasser-Kamera-Gehäuse, und er erhielt ein Patent für ein Gerät zur Anlockung von Haien und Steuerung von Fischschwärmen.
Nach der Scheidung von Hannelore lernte Hass die angehende Fotoreporterin Lotte Baierl kennen, die zunächst als Sekretärin für ihn arbeitete, bald aber selbst tauchen lernte und nicht mehr von seiner Seite wich. 1950 heiratete er seine Assistentin, gründete das Internationale Institut für submarine Forschung in Vaduz und übersiedelte nach Liechtenstein.
1951 kaufte er den Dreimastschoner "Xarifa", den er mit Unterstützung deutscher und österreichischer Firmen ausbaute. In Zusammenarbeit mit der deutschen Firma Franke & Heidecke entwickelte er ein Unterwasser-Gehäuse für die Spiegelreflexkamera Rolleiflex, das berühmte "Rolleimarin" (die Kamera sollte 25 Jahre lang die Unterwasserkamera schlechthin bleiben).
Sechs Jahre bereiste er so mit der "Xarifa" die Welt zwischen Rotem Meer und Galapagos Inseln. Neben seiner Frau begleiteten ihn Kollegen wie der Verhaltensforscher Irenäus Eibl-Eibesfeld. Er dokumentierte die Reisen in mehrfach preisgekrönten TV-und Kino-Filmen wie "Expedition ins Unbekannte" oder "Abenteuer im Roten Meer".
1960 wurde ihm der finanzielle Aufwand für das große Schiff zu viel – er verkaufte die "Xarifa" und wandte sich der vergleichenden Untersuchung von Biologie und Wirtschaft zu. Die theoretische Biologie und die Evolution im Zusammenhang mit Wirtschaftsformen und Staat beschäftigten ihn, er entwickelte seine - nicht unumstrittene - "Energontheorie". Die wissenschaftliche Anerkennung für seine Theorie blieb ihm zwar weitgehend verwehrt, doch in der Wirtschaft wurde sie mit großem Interesse aufgenommen. Er leitete Management-Seminare und wurde erfolgreicher Unternehmensberater.
1964 machte Hans Hass mit dem Biologen Irenäus Eibl-Eibesfeldt seine erste Expedition nach Kenia, Tansania und Uganda und gründete er die erste Forschungsstelle zur biologischen Analyse menschlichen Verhaltens des Instituts für Humanethologie in Liechtenstein.
1970 kehrte Hans Hass wieder ins Wasser zurück - er unternahm u.a. eine Expedition mit Sohn Hans zur Cheviot Bay und eine Expedition mit Eibl-Eibesfeldt, Frau und Tochter Meta zum Great Barrier Reef (beides Australien).
Zu seinem Lebenswerk gehören neben seinen spektakulären Aufnahmen und seinen Vorträgen aber auch eine Unzahl wissenschaftlicher Erkenntnisse. Er veröffentlichte hunderte wissenschaftliche Publikationen zum Thema Unterwasserbiologie, 31 Bücher, 24 Fernsehfilme und sechs Kinofilme.
Hans Hass wurde mit etlichen Auszeichnungen geehrt, ist Ehrenmitglied vieler, nationaler und internationaler, Tauchvereine und -verbände.
Er war Träger des vom Umweltministerium vergebenen Konrad-Lorenz-Staatspreises und wurde 2000 gemeinsam mit seiner Frau Lotte in die "International Scuba Diving Hall of Fame" aufgenommen.
Nach ihm wurden 1959 die bei den Malediven entdeckten Röhrenaale benannt: "Xarifania hassi", heute "Heteroconger hassi" benannt.
Auf den Forscher geht auch das Hans-Hass-Institut für Submarine Forschung und Tauchtechnik (HIST) zurück: Es wurde am 1. Dezember 2000 in Nachfolge des 1947 von Hass errichteten "Internationalen Instituts für Submarine Forschung IISF" und durch Fusion mit der 1995 gegründeten "Forschungsstelle für Tauchgeschichte FTG" gegründet. Es betreibt nach eigenen Worten "Forschung und Forschungsförderung im Bereich der Unterwasserwissenschaften im Dienste der Allgemeinheit".
2013 schenkte Hass dem Naturhistorischen Museum (NHM) seinen Vorlass, der Dutzende Kisten mit Filmen, Videos, Tonbändern, Notizbüchern, Zeichnungen, Zeitungsausschnitten, Krankengeschichten, Auszeichnungen und Fotos von Hass und seiner Frau umfasst. Im NHM wurde bereits der 2005 neugestaltete Hai-Saal nach dem Tauchpionier benannt. Dort ist auch eine Vitrine zu sehen, die sich mit seinem Leben und Werk beschäftigt.
Hass war auch wesentlich an der Entwicklung des ersten Tauchcomputers beteiligt.
Der Tauchpionier und Forscher Prof. Dr. Hans Hass lebte mit seiner Frau in Wien, wo er am 16. Juni 2013 im 95. Lebensjahr verstarb.
Ehrungen, Auszeichnungen (Auswahl)#
- Goldene Medaille der österreichischen Photographischen Gesellschaft, Wien, 1950
- Erster Preis für die beste Idee für einen "Österreich-Film", Wien, 1950
- Erster Preis für große Dokumentarfilme auf der Biennale in Venedig für "Abenteuer im Roten Meer", 1951
- Filmpreis für "besten Dokumentarfilm" für "Unternehmen Xarifa" Los Angeles/USA, 1959
- Berufstitel "Professor", 1977
- Wissenschaftsmedaille der Stadt Linz, 1987
- Goldene Ehrennadel des Verbandes Deutscher Sporttaucher VDST, 1994
- Historical-Diving-Society-(UK)-Award für "Historical Diving Achievement", Whitstable/Kent, 1994
- DEMA-Reaching-out-Award, Orlando/USA, 1997
- Historical-Diver-Award, Orlando/USA, 1997
- Österreichisches Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst, 1998
- Hans-Hass-Filmfestival, St. Barbara/USA (1998)
- Zwei "Nogi-Awards" für Science und Distinguished Service, USA, 1998
- Ehrenmedaille in Gold der Bundeshauptstadt Wien, 1999
- Konrad-Lorenz-Staatspreis für Umweltschutz, 1999
- Donauland-Sachbuchpreisträger, 1999
- Dieter-Plage-Lifetime Achievement Award, Jackson Hole / USA, 2001
- Friedenspreis für Biologie der "World Association of Private Schools and Universities for Complementary Healing Practices", 2005
- Pannatura-Preis für die großen Verdienste um den Naturfilm, 2006
- Schmitz-Salue-Medaille vom Freundeskreis des Aquazoo-Löbbecke-Museum, Düsseldorf, 2009
- Elisabeth Mann-Borgese-Meerespreis Schleswig-Holstein, 2009
- Ihm zu Ehren wird die "Hans-Hass-Medaille" vergeben: Ein Unterwasser-Film- und Fotowettbewerb, bei dem seit 1978 diese Medaille alle 2 Jahre im Nordico-Museum in Linz verliehen wird.
- Ebenfalls ihm zu Ehren wird der "Hans-Hass-Filmpreis" seit 1996 alle 2 Jahre im Rahmen des Naturfilmfestivals "Biovision" im Düsseldorfer Löbbecke-Museum und Aquazoo verliehen.
Werke (Auswahl)#
Bücher- Jagd unter Wasser mit Harpune und Kamera, 1939
- Unter Korallen und Haien, 1941
- Fotojagd am Meeresgrund, 1942
- Drei Jäger auf dem Meeresgrund, 1947
- Beitrag zur Kenntnis der Reteporiden mit besonderer Berücksichtigung der Formbildungsgesetze ihrer Zoarien und einem Bericht über das Schwimmtauchen als neue Methode der Meeresforschung, Dissertation, 1948
- Menschen und Haie, 1949
- Manta, Teufel im Roten Meer, 1952
- Ich fotografierte in den 7 Meeren, 1954
- Wir kommen aus dem Meer, 1957
- Fische und Korallen, 1958
- Expedition ins Unbekannte, 1961
- Wir Menschen. Das Geheimnis unseres Verhaltens, 1968
- Energon. Das verborgene Gemeinsame, 1970
- In unberührte Tiefen. Die Bezwingung der tropischen Meere, 1971
- Vorstoss in die Tiefe. Ein Magazin über Abenteuer bei der Erforschung der Meere, 1972
- Welt unter Wasser. Der abenteuerliche Vorstoss des Menschen ins Meer, 1973
- Der Hans-Hass-Tauchführer. Das Mittelmeer, 1976
- Der Hai. Legende eines Mörders (mit Eibl-Eibesfeldt), 1977
- Die Schöpfung geht weiter. Station Mensch im Strom des Lebens (mit Lange-Prollius), 1978
- Wie der Fisch zum Menschen wurde, 1979
- Im Roten Meer. Wiederkehr nach 30 Jahren, 1980
- Abenteuer unter Wasser, 1986
- Wie Haie wirklich sind (mit Eibl-Eibesfeldt), 1986
- Der Ball und die Rose, 1987
- Naturphilosophische Schriften, 1987
- Der Hai im Management. Instinkte steuern und kontrollieren, 1990
- Die Hyperzeller. Das neue Menschenbild der Evolution, 1994
- Aus der Pionierzeit des Tauchens. In unberührte Tiefen, 1996
- Erinnerungen und Abenteuer, 2004
- Was ich dir sagen möchte: Lebe immer deinen Traum!, 2005
Film & Fernsehen:
- Pirsch unter Wasser, 1939/1940
- Menschen unter Haien, 1947
- Abenteuer im Roten Meer, 1951
- Unternehmen Xarifa, 1954
- Über 70 TV-Filme, darunter:
"Expedition ins Unbekannte" (26 Teile, 1958/62), "Das Geheimnis der Cheviot Bay" (1971), "Unsere Reise mit Kapitän Cook" (1971), "Die verzauberten Inseln" (1972), "Die Pirateninsel" (1972), "Die Teufelsinsel" (1972), "Wohnen im Meer" (1976), "Rausch ohne Drogen" (1977), "Fisch unter Fischen" (1977), "Über die Natur des Menschen" (4 Teile 1978), "Tauchen nach Geld" (1979), "Das Monstrum" (1980), "Menschenforschung: !Ko-Buschmänner - Jäger und Sammler der Kalahari" (1984), "Meine Abenteuer und Forschungen im Meer (13 Teile, 1985)
Das Buch "Hans Hass: Erinnerungen und Abenteuer", das Birgit Schwaner mitgestaltete und das 2004 bei Styria erschien, liest sich wie ein spannender Roman. Drei Einträge von der Rückseite des Buches mögen genügen um zu zeigen, worum es geht:
"Die aufregende Lebensgeschichte des großen Unterwasserpioniers Hans Hass, eines Mannes, der Abenteuer und Risiko zu täglichen Begleitern hatte; eine von Leidenschaft und Forschungsneugier getragene Hommage an die unendlichen blauen Weiten der See"
"Hans, you started it all!" (Sir David Attenborough)
"Für sein Lebenswerk wurde Hans Hass beim britischen Wildscreen-Festival 2004 mit dem GRÜNEN OSCAR, der wichtigsten Ehrung für Naturfilme ausgezeichnet."
Literatur#
- M. Jung, H. Hass, ein Leben lang auf Expedition, 1994
- M. Jung, A. Hantschk, Forschungsschiff Xarifa. Ein Meilenstein der modernen Meeresökologie
Weiterführendes#
- Wiener Zeitung: Der mit den Haien tanzte (Essay)
- Historische Bilder zu Hans Hass (IMAGNO)
Quellen#
- AEIOU
- Hans Hass Institut für Submarine Forschung und Tauchtechnik
- Wien.at
- Internet Movie Database
- RoBoT
- Taucher.net
- Wiener Zeitung