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Hofmannsthal, Hugo von #

eig. Hugo Hofmann Edler von Hofmannsthal
Pseudonyme: Loris, Loris Melikow, Theophil Morren


* 1. 2. 1874, Wien

† 15. 7. 1929, Rodaun bei Wien


Schriftsteller

Hoffmannsthal, Hugo von
Hugo von Hofmannsthal. Foto.
© Bildarchiv der ÖNB, Wien, für AEIOU

Hugo Laurenz August Hofmann, Edler von Hofmannsthal, wurde am 1. Februar als einziges Kind eines Bankdirektors in Wien geboren.

Schon als Gymnasiast veröffentlichte er - meist unter dem Pseudonym Loris - seine ersten Gedichte und das Versdrama "Gestern", das seinen frühen Ruhm innerhalb des literarischen Wien begründete. Er wurde in den Kreis der sogenannten Jung Wiener Literaten aufgenommen, die sich in den Wiener Cafés, vor allem im Griensteidl, trafen, unter ihnen Richard Beer-Hofmann, Arthur Schnitzler, Felix Salten, Karl Kraus und Hermann Bahr. Der deutsche Dichter Stefan George umwarb ihn. 1892 erschien "Der Tod des Tizian" in dessen "Blättern für die Kunst".

Nach der Matura begann er 1892 ein Jus-Studium an der Universität Wien, nach dem 1. Staatsexamen trat er 1894 als Freiwilliger für ein Jahr in das Dragonerregiment 6 ein. Nach seiner Rückkehr nach Wien brach er das Jus-Studium ab und studierte romanische Philologie. 1898 promovierte er mit einer Dissertation "Über den Sprachgebrauch bei den Dichtern der Plejade", eine Habilitationsschrift "Studie über die Entwicklung des Dichters Victor Hugo" stellte er 1901 fertig, zog sein Habilitationsgesuch jedoch zurück.

1901 heiratete er Gertrud Schlesinger, mit der er später drei Kinder bekam, und übersiedelte nach Rodaun.

Von nun an lebte er als freier Schriftsteller, vor allem für das Theater, zunächst in Beziehung zu Otto Brahms Berliner 'Freien Bühne', später in enger Zusammenarbeit mit Max Reinhardt. Zusammen mit diesem begründete er in den zwanziger Jahren die Salzburger Festspiele und schrieb dafür die Dramen "Jedermann" und "Das Salzburger Große Welttheater". Ende 19. / Anfang 20. Jahrhundert entstanden die Kleinen Dramen "Das gerettete Venedig", "Elektra", "Ödipus und die Sphinx", nach dem ersten Weltkrieg auch Komödien "Der Schwierige", "Der Unbestechliche".

Einen Höhepunkt seiner frühen Schaffensperiode markierte 1902 der Prosatext "Ein Brief" (bekannt auch als "Brief des Lord Chandos"), in dem Hofmannsthal radikale Skepsis an der Sprache äußerte.

In seinen späteren Werken standen vor allem Fragen der Ethik im Zentrum, darüber hinaus bemühte er sich um die Erneuerung der antiken Tragödie (in Verbindung gebracht mit der Psychoanalyse) und des mittelalterlichen Mysterienspiels.

Er ist einer der bedeutendsten Vertreter des sogenannten Wiener Kreises, der sich um 1900 im Ausseerland zur traditionellen "Sommerfrische" aufhielt. Seine gesellschaftlichen Beziehungen, die er bei seinen Ausseerland-Aufenthalten weiterpflegte, verbanden ihn mit Arthur Schnitzler, Richard Srauss, Leopold von Andrian, Richard Beer-Hofmann, dem Komponisten Egon Wellesz, Felix Freiherr von Oppenheimer, Felix Salten. Er traf hier mit vielen Familien der adeligen und großbürgerlichen Gesellschaft zusammen.

1906 zerbrach die Freundschaft mit Stefan George, lebenslange Freundschaft hingegen verband Hofmannsthal mit Richard Strauss, zu dessen Opern er als kongenialer Partner die Libretti verfasste ("Elektra", "Der Rosenkavalier", "Ariadne auf Naxos", "Die Frau ohne Schatten" und "Arabella").

Hugo von Hofmannsthal zählte als Lyriker und Dramatiker zu den bedeutendsten Vertretern des österreichischen Impressionismus und Symbolismus. Seine Gedichte und Dramen waren voll von Empfindungen, Musikalität und Todesmystik.

Außerdem schrieb Hofmannsthal zahlreiche kulturpolitische Aufsätze und Reden zu den Problemen der Zeit und zur Stellung des Dichters in der Gesellschaft; nachhaltige Wirkung übte seine "österreichische Idee" aus.

Am 13. Juli 1929 erschoss sich Hofmannsthals Sohn Franz im Alter von 26 Jahren. Zwei Tage nach dem Suizid seines Sohnes, am 15. Juli 1929, starb Hugo von Hofmannsthal an einem Schlaganfall.

Werke (Auswahl)#

Lyrik

  • Ausgewählte Gedichte, 1903
  • Gesammelte Gedichte, 1907
  • Nachlese der Gedichte, 1934

Dramen

  • Der Tod des Tizian, 1892
  • Der Tor und der Tod, 1893
  • Der Kaiser und die Hexe, 1897
  • Das kleine Welttheater, 1903
  • Das Bergwerk zu Falun, 1907
  • Alkestis, 1911
  • Der Schwierige, 1921
  • Das Salzburger Große Welttheater, 1922
  • Der Unbestechliche, 1923
  • Der Turm, 1925

Opernlibretti

  • Elektra, 1903
  • Der Rosenkavalier, 1911
  • Ariadne auf Naxos, 1912
  • Josephslegende, 1914
  • Die Frau ohne Schatten, 1919
  • Arabella, 1923
  • Die ägyptische Helena, 1928
  • Die Liebe der Danae, 1952 (postum)

Prosa

  • Die Briefe des Zurückgekehrten, 1907
  • Die prosaischen Schriften, 4Bände, 1907-17
  • Reden und Aufsätze, 1922
  • Buch der Freunde, 1922
  • Die Berührung der Sphären, 1931
  • Deutsche Erzähler, 4 Bände, 1912 (Hg.)
  • Briefwechsel mit R. Strauss, 1925
  • Briefwechsel mit S. George, 1938

Ausgaben

  • Ausgewählte Werke (2 Bände, hg. von R. Hirsch), 1957
  • Sämtliche Werke (Kritische Ausgabe, 38 Bände, hg. von R. Hirsch u.a., 1975 (ff.)
  • Gesammelte Werke in 10 Einzelbänden, herausgegeben von B. Schoeller, 1979/80


Leseproben#

Die Beiden

Sie trug den Becher in der Hand
-Ihr Kinn und Mund glich seinem Rand-
So leicht und sicher war ihr Gang,
Kein Tropfen aus dem Becher sprang.

So leicht und fest war seine Hand:
Er ritt auf einem jungen Pferde,
Und mit nachlässiger Gebärde
Erzwang er, dass es zitternd stand.

Jedoch, wenn er aus ihrer Hand
Den leichten Becher nehmen sollte,
So war es beiden allzu schwer:

Denn beide bebten sie so sehr,
Dass keine Hand die andre fand
Und dunkler Wein am Boden rollte.

Reiselied

Wasser stürzt, uns zu verschlingen,
Rollt der Fels, uns zu erschlagen,
Kommen schon auf starken Schwingen
Vögel her, uns fortzutragen.

Aber unten liegt ein Land,
Früchte spiegelnd ohne Ende
in den alterslosen Seen.

Marmorstirn und Brunnenrand
Steigt aus blumigem Gelände,
Und die leichten Winde wehn.

Erlebnis


Mit silbergrauem Dufte war das Tal
Der Dämmerung erfüllt, wie wenn der Mond
Durch Wolken sickert. Doch es war nicht Nacht.
Mit silbergrauem Duft des dunklen Tales
Verschwommen meine dämmernden Gedanken
Und still versank ich in dem wehenden
Durchsichtigen Meere und verließ das Leben.
Wie wunderbare Blumen waren da
Mit Kelchen dunkelglühend! Pflanzendickicht,
Durch das ein gelbrot Licht wie von Topasen
In warmen Strömen drang und glomm. Das Ganze
War angefüllt mit einem tiefen Schwellen
Schwermütiger Musik. Und dieses wußt ich,
Obgleich ichs nicht begreife, doch ich wußt es:
Das ist der Tod. Der ist Musik geworden,
Gewaltig sehnend, süß und dunkelglühend,
Verwandt der tiefsten Schwermut.
Aber seltsam!
Ein namenloses Heimweh weinte lautlos
In meiner Seele nach dem Leben, weinte,
Wie einer weint, wenn er auf großem Seeschiff
Mit gelben Riesensegeln gegen Abend
Auf dunkelblauem Wasser an der Stadt,
Der Vaterstadt, vorüberfährt. Da sieht er
Die Gassen, hört die Brunnen rauschen, riecht
Den Duft der Fliederbüsche, sieht sich selber,
ein Kind, am Ufer stehn, mit Kindesaugen,
Die ängstlich sind und weinen wollen, sieht
Durchs offne Fenster Licht in seinem Zimmer
Das große Seeschiff aber trägt ihn weiter
Auf dunkelblauem Wasser lautlos gleitend
mit gelben fremdgeformten Riesensegeln.


© 2005, S. Fischer Verlag, Frankfurt / M.
LITERATURHAUS
Publikation mit freundlicher Genehmigung des Verlags

Weiterführendes#

Literatur#

  • W. Volke, H. von Hofmannsthal in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten, 1967
  • R. Alewyn, Über H. von Hofmannsthal, 1967
  • G. Pickerodt, Hofmannsthals Dramen, 1968
  • P. Szondi, Das lyrische Drama des Fin de Siècle, 1975
  • W.-A. Koch, H. von Hofmannsthal, 1989
  • J. Le Rider, H. von Hofmannsthal, 1997

Quellen#



Redaktion: I. Schinnerl