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Nagler, Josef#

* 5. 3. 1901, Wien

† 26. 1. 1990, Preßbaum (Bezirk Wien Umgebung, Niederösterreich)

Direktor des Technischen Museums Wien, Erfinder

Josef Nagler
Josef Nagler
Nagler wurde als Sohn eines Beamten (letzter Dienstgrad Hilfsämterdirektor)
Josef Nagler
Der Gymnasiast
am Museum für Kunst und Industrie (heute MAK)geboren und besuchte das Landstraßer Gymnasium (Kundmanngasse). Ursprünglich hatte Nagler vorgehabt, sich zum akademischen Maler ausbilden zu lassen, weil er dazu eine Begabung besessen und bereits zahlreiche Bilder gemalt hatte. Er entschied sich jedoch nach der Matura (1920) für das Studium der Physik an der Philosophischen Fakultät der Universität Wien (Dr. phil. Juli 1925). Das Thema seiner Doktorarbeit lautete „Über die neue Methode zur Bestimmung spezifischer Wärmen“.

Nagler lenkte nun seine kreative Begabung in den Bereich der Physik bzw. technischen Physik. Bereits als Gymnasiast erfand er 1917 eine neuartige Fußprothese, was im Krieg natürlich praktischen Nutzen hatte, und erhielt dafür auch einen Musterschutz (Patent). 1921 meldete er ein Patent betreffend einen elektrischen Batikzeichenstift für die Seidenfärberei an. 1922 arbeitete er noch als Student beim Wiener Mineralogen Prof. Cornelio August Doelter auf dem Gebiet der Radiolumineszenz. Dabei wurden quantenmäßige Lichterscheinungen von mit Radium bestrahlten Mineralien (Ausleuchtung der Lenard’schen Zentren) entdeckt. Doelter und Nagler publizierten gemeinsam diese Entdeckung. Daneben arbeitete Nagler auch für den späteren Nobelpreisträger Georg Hevesy im Zusammenhang mit seiner Entdeckung des Elements Hafnium (1922). Dabei wurde die Änderung des Schmelzpunktes von Zirkon bei verschiedenem Hafniumgehalt bestimmt.

Nach seinem Studium war Nagler 1925/26 Demonstrator am Mineralogischen Institut der Universität Wien und parallel bzw. danach Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Versuchslaboratorium der Optischen Anstalten C. P. Goerz, bis er mit 1. März 1927 eine Anstellung als Kustos am Technischen Museum Wien erhielt. In dieser Stellung konnte er sich nun erfinderisch voll entfalten. Dort stellte er 1929 den Knaus’schen Schreibmaschinenautomaten von 1760 und die astronomische Kunstuhr des Philippus Immsserus aus dem Jahr 1555 wieder her.

1931/32 konstruierte und baute Nagler für den Berner Neurologenkongreß erstmalig als Modell ein elektrisches Gehirn in 7facher Größe, das damals Aufsehen erregte und auch verfilmt wurde. Zur selben Zeit baute er zusammen mit anderen die erste die „erste lesende Maschine der Welt“, die dann 1932 zu IBM nach New York ging. Für IBM konstruierte er 1932 erstmals die Möglichkeit der Speicherung von Zwischenergebnissen bei Rechenmaschinen auf Magnetplatten. Im selben Jahr erfand er die sog. „Schrägtonschrift“.

Bei Arbeiten an der Wiener Universitätsklinik für Neurologie und Psychiatrie (Prof. Otto Pötzl) entdeckte er einen speziellen Kurzwelleneffekt, den sog. „Nahfeldeffekt“. Dieser Effekt wurde auf einer Tagung 1939 in Chicago als „Naglereffekt“ bezeichnet. Es gelang ihm auch bei Tierversuchen der Nachweis von Leberschäden bei Kurzwellenbestrahlung. 1934 erstellte Nagler die Konzeption für die Ausstellung „10 Jahre RAVAG“ (Radio) im Technischen Museum, zu der 300.000 Besucher kamen. Des weiteren konstruierte er für das Museum fernlenkbare Schiffsmodelle. Danach entwickelte er eine Methode zur Schriftalterbestimmung, die sog. „Silberspiegelmethode Nagler“.

Nager auf dem Marcuswagen
Auf dem Marcuswagen
1935 meldete Nagler ein Patent auf dem Gebiet des Farbfernsehens mit Dreifarbenzellenauflösung an. Verhandlungen mit der US-Firma Standard Electric zogen sich aber derart in die Länge, sodass dieses Patent verfiel. Im selben Jahr meldete er ein Patent zur „Elektrooptischen Steuerung für Foto-, Kino- und Kopierapparat“, die dann damals in allen Kameras verwendet wurde. 1938 erfand er für den steirischen Industriellen (Gewerken) Franz Mayr-Melnhof ein Holzaufschlussverfahren. Für ihn erarbeitete er dann 1945 ein Verfahren zur Flotation für Graphit, die für den Graphitbergbau verwendet wurde..

Nagler wurde im Krieg zwar nicht zur Deutschen Wehrmacht eingezogen, jedoch für „kriegswichtige“ Bereiche herangezogen. So war er u.a. bei der Entwicklung von Auffindungsmethoden nichtmetallischer Minen beteiligt. Für die Firma Elektroakustik Kiel baute er den 80cm Sender Stander-Wespe. Er arbeitete auch für das Institut für Stabilität und Schwingungsforschung in Hamburg und bei den Torpedowerkstätten in Kiel-Friedrichsort.

Josef Nagler, der Erfinder
Josef Nagler , der Erfinder
Nach Kriegsende war Nagler wieder ganz am Technischen Museum tätig, wurde mit 31. Juli 1950 zu dessen Direktor ernannt. 1951 wurde er zusätzlich Leiter des Forschungsinstituts für Technikgeschichte. Unter seine Direktion fällt der Zubau an der Nordseite des Museums zur Linzer Straße. Von 1955 bis 1958 war er Mitglied des Verwaltungsausschusses des Deutschen Museums München, des bekanntesten Technischen Museum Deutschlands mit einem aus der Zwischenkriegszeit stammenden markanten Gebäude an der Isar.

1952 baute er für den Anthropologenkongress zum zweiten Mal ein „elektrisches Gehirn“ in 10facher Größe, das nunmehr im Besitz des Wiener Naturhistorischen Museums ist. 1953 hatte er das „Subjektive Farbfernsehen“ erfunden, das 1956 erstmals in London vorgeführt wurde, allerdings nicht in Serie ging, 1957 konstruierte eine elektrooptische Schachtellegemaschine für die Zündholzindustrie.

Nagler beschäftigte sich auch mit Entwürfen für neue Technische Museen in Indien und arbeitete bei den Weltausstellungen 1937 in Paris und 1958 in Brüssel sowie bei den Österreich-Ausstellungen in Mailand, Genf und Kopenhagen mit. Von ihm stammte auch die Gesamtkonzeption der Ausstellung „Auslandsösterreicher“ in Klagenfurt 1960. Im Technischen Museum organisierte er zahlreiche Sonderausstellungen. 1964 erhielt er den Berufstitel Hofrat und ging mit 31. Dezember 1966 in den Ruhestand. Danach war er noch als Gutachter tätig. Gemeinsam mit der Witwe Viktor Kaplans (Erfinder einer Wasserkraftturbine) gründete er die Viktor-Kaplan-Stiftung, welche Stipendien an Studenten Stipendien verleiht.

In den zwanziger Jahren war Nagler einer der Leiter des Hilfswerkes Hasenleiten. In diesem Teil des Bezirks Simmering (südlich der Ostbahnstrecke Richtung Stadlau, östlich der S-Bahnstrecke) entstand 1915 eine Barackenstadt (Lazarett, Kirche), die im Krieg u. a. von Karl Rudolf als Feldkurat betreut wurde. Nach dem Krieg wurden in den Baracken 136 Wohnungen errichtet, in denen hauptsächlich Arbeitslosenfamilien wohnten. Um diese kümmerte sich Nagler. Neben einer Seelsorgestation wurden eine Mütterberatung und ein Kindergarten in Montessori-Art errichtet. Nagler schildert. dass das damals nicht leicht war, weil dort oft Leute der „übelsten Sorte“ untergebracht waren.

Außerdem war Nagler beim „Sekretariat sozialer Arbeit“ der Jesuiten tätig, wo gestrandete Existenzen ohne Unterschied der Partei- oder Konfessionszugehörigkeit betreut wurden. Jeden Nachmittag war Sprechstunde. „Wir haben die tollsten Dinge mit Verbrechern und ähnlichen Leuten erlebt.“ Darüber hinaus betreute er Wärmestuben für Obdachlose, die die ganze Nacht über offen waren. Diese hatte er oft noch um 22 Uhr aufgesucht und dort Leute mit Kuchen und dergl. beschenkt.

Während der Nazi-Zeit erwarb Nagler die „missio canonica“, weil er sich dachte, dass viele Priester eingerückt sind und Laienhelfer notwendig seien. Nach dem Krieg leitete er einen Revertiten-Unterricht, wo es ihm gelang, 300 Menschen wieder der Kirche zuzuführen. Von 1939 bis 1949 war er auch Diözesankirchenrat.

Nagler war eine ausnehmend kreative Persönlichkeit. Leider konnte er seine Erfindungen und Entdeckungen für sich nur wenig lukrieren. Er starb nach langjähriger, schwerer und mit großer Geduld getragenen Krankheit und wurde auf dem Friedhof in Pernitz (Bezirk Wiener Neustadt-Land, Niederösterreich) begraben.
Josef Nagler war Mitglied der katholischen Studentenverbindung K.a.V. Bajuvaria. Die Fotos stammen aus dem Verbindungsarchiv.

Quellen#

  • Verbindungsarchiv der ÖCV-Verbindung Bajuvaria.
  • Litterae, Zeitschrift der K.a.V. Bajuvaria, 99. Semester, Jänner/Februar 1970, Nummer 9, S. 19–22 (Interview mit Josef Nagler).
  • Österreichisches Forschungsinstitut für Geschichte der Technik in Wien. Personenarchiv. Fragebogen, ausgefüllt von Josef Nagler. Eigendarstellung Naglers über seine Erfindungen.
  • Keimel, Reinhard: Josef Nagler, in: Neue Deutsche Biographie 18 (1997), S. 716 f. [Onlinefassung]; URL: http://www.deutsche-biographie.de/pnd140131698.html (Abruf 3. 6. 2016)
Dr. Gerhard Hartmann