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Perutz, Leo (Leopold) #

* 2. 11. 1882, Prag (Tschechische Republik)

† 25. 8. 1957, Bad Ischl (Oberösterreich)


Romancier, Erzähler, Dramatiker und Mathematiker


Leopold Perutz wurde als ältestes von vier Kindern des Textilkaufmanns Benedikt und seiner Frau Emilie am 2. November 1882 in Prag geboren.

Die jüdische Familie schaffte einen Aufstieg von Manufakturwarenhandel des Großvaters in der Kleinstadt Rakonitz über die Textilfabriken des Vaters und Onkels in Prag bis zum erfolgreichen Textilhandel der Brüder in Wien.

Der in der Familie als schwieriges Kind angesehene Leo musste schon in Prag die Schule wechseln und verließ das Gymnasium nach dem Umzug der Familie nach Wien (1901) ohne Matura. Nach dem Militärdienst inskribierte er als außerordentlicher Hörer Vorlesungen wie Volkswirtschaftslehre sowie Versicherungsmathematik und landete schließlich als Versicherungsmathematiker bei der "Assicurazioni Generali" im fernen Triest. 1908 gelang es ihm, eine Stelle bei der Anker-Versicherung in Wien zu bekommen.

1918 heiratete er die Arzttochter Ida Weil, auch literarisch lief alles zur Zufriedenheit. Nachdem bereits der erste, 1916 erschienene Roman "Die dritte Kugel" ein beachtlicher Erfolg gewesen war, wurde Perutz mit seinem Roman "Zwischen neun und neun" (1918) und einer Reihe von historischen Romanen sowie Zeitromanen zu einem der erfolgreichsten Autoren der Zwischenkriegszeit. 1923 kündigte er bei der Versicherung und lebte fortan als freier Schriftsteller.

Der Höhepunkt des literarischen Erfolgs gelang ihm mit dem Roman "Wohin rollst du, Äpfelchen?". Das gesellschaftliche Leben genoss der erfolgreiche Schriftsteller in den 1920er Jahren, wie bereits vor dem Krieg, in vollen Zügen.

Der Tod seiner Frau 1928, kurz nach der Geburt des 3. Kindes, warf Perutz aus seiner erfolgreichen Laufbahn. Die persönliche Krise konvergierte mit der politischen Krise in Österreich, während der er sich zeitweise für die Sozialdemokratie engagierte. 1935 heiratete er Grete Humburger. Der 1936 erschienene Roman »Der schwedische Reiter« durfte nicht mehr nach Deutschland ausgeliefert werden. Nach dem "Anschluss" Österreichs gelang Perutz mit seiner Frau und seinen Kindern im Juli 1938 die Emigration nach Palästina.

Allerdings interessierte sich dort niemand für seine Arbeit; Ruhm und Anerkennung waren mehr schmerzende Erinnerungen an seine frühere Existenz - die Erfahrungen aus dieser Zeit gingen teilweise in das Romanfragment »Mainacht in Wien« ein. In Haifa und Tel Aviv vermisste er außerdem das gewohnte Wiener Caféhausmilieu mit der Möglichkeit, seine Romanideen erzählend weiterzuentwickeln. Er gab die Existenz als freier Schriftsteller auf und arbeitete wieder als Versicherungsmathematiker.

Im Exil entstand "Nachts unter der steinernen Brücke" (1953), das selbständige Novellen zu einer Romanhandlung verknüpft.

Von 1947 bis zu seinem Tod verbrachte Leo Perutz die Sommermonate in Europa, zeitweilig lebte er auch wieder in Österreich, wo er am 25. August 1957 in Bad Ischl starb.

Werke (Auswahl)#

Romane:
  • Die dritte Kugel. München: Langen 1915
  • (Zusammen mit Paul Frank) Das Mangobaumwunder. Eine unglaubwürdige Geschichte. München: Langen 1916
  • Zwischen neun und neun. Roman. München: Langen 1918
  • Das Gasthaus zur Kartätsche. Eine Geschichte aus dem alten Österreich. München: Musarion 1920
  • Der Marques de Bolibar. Roman. München: Langen 1920
  • Die Geburt des Antichrist. Wien, Berlin, Leipzig, München: Rikola-Verlag 1921
  • Der Meister des Jüngsten Tages. Roman. München: Langen 1923
  • Turlupin. Roman. München: Langen 1924
  • (Zusammen mit Paul Frank) Der Kosak und die Nachtigall. Roman. München: Verlag der Münchner Illustrierten Knorr & Hirth 1928
  • Wohin rollst du, Äpfelchen... Roman. Berlin: Ullstein 1928
  • Herr, erbarme Dich meiner! Novellen. Wien: Phaidon 1930
  • St. Petri-Schnee. Roman. Berlin, Wien, Leipzig: Zsolnay 1933
  • Der schwedische Reiter. Roman. Wien: Zsolnay 1936
  • Nachts unter der steinernen Brücke. Ein Roman aus dem alten Prag. Frankfurt: Frankfurter Verlagsanstalt 1953
  • Der Judas des Leonardo. Roman. Wien, Hamburg: Zsolnay 1959
  • Mainacht in Wien. Romanfragmente. Kleine Prosa. Feuilletons. Aus dem Nachlass. Hrsg. v. Hans-Harald Müller. Wien: Zsolnay 1996

Dramen:

  • Die Reise nach Preßburg. Schauspiel in 3 Akten (9 Bildern) mit einem Vor- und einem Nachspiel von Leo Perutz. Wien: George Marton 1930 (unverkäufliches Manuskript)
  • Morgen ist Feiertag. Komödie in fünf Bildern von Hans Sturm und Leo Perutz. Wien: Zsolnay, Theaterabteilung 1935
  • Zusammen mit Paul Frank) Warum glaubst Du mir nicht? Komödie in drei Akten. Wien: Zsolnay, Theaterabteilung 1936 (Hektographiertes Bühnenmanuskript)

Übersetzungen und Bearbeitungen:

  • Das Jahr der Guillotine. Roman von Victor Hugo. Bearbeitet von Leo Perutz und Oswald Levett. Berlin: Ullstein 1925
  • Flammen auf San Domingo. Roman nach Victor Hugo's Bug-Jargal. Berlin: Josef Singer 1929 (Erdkreisbücher; nach einer Übersetzung von Josef Kalmer)
  • Verschiedene versicherungsmathematische Aufsätze und sonstige Schriften.

Ausgabe:

  • Neudruck der Originalausgaben, herausgegeben von H.-H. Müller, 1992ff.

Literatur#

  • H.-H. Müller und W. Schernus, L. Perutz - eine Bibliographie, 1991
  • H.-H. Müller, L. Perutz, 1992
  • Siebauer, Ulrike: Leo Perutz — Ich kenne alles. Alles, nur nicht mich. Biographie. Gerlingen: Bleicher 2000 (zugl.: Regensburg, Univ. Diss., 1998)

Quellen#


Redaktion: I. Schinnerl