Joachim RÖSSL: Krems & Stein#
Joachim RÖSSL: Krems & Stein / Verborgene Schätze einer Stadt, Brandstätter, 2019 / Rezension von Guenther Johann
Viele Bücher wurden schon über die mittelalterliche Stadt Krems geschrieben. Alleine meine private Bibliothek zählt mehrere Dutzende. Trotzdem ist es dem Herausgeber gelungen Neues aufzuzeigen.
Die Stadt bietet nicht enden wollenden Stoff.
Das vorliegende Buch beweist es und öffnet private Räume, zu denen man normal keinen Zugang hat. Es werden aber nicht nur die Gebäude gezeigt, sondern auch ihre derzeitigen Bewohner. Ein neuer Zugang. Eine Fachärztin stellt ihre Ordinationsräume mit einer Holzbalkendecke aus dem 16. Jahrhundert vor. Sie sagt zum Standort in der Altstadt: „Ich genieße es täglich, über den Pfarrplatz hierher zur Ordination in der Althangasse zu spazieren. Das fühlt sich jedes Mal ein bisschen wie Urlaub an.“
Ja, in Krems zu wohnen ist wie Urlaub, das kann ich als in der Stadt Aufgewachsener nur bestätigen. Wie gesagt: neben den Gebäuden werden in diesem Buch auch die darin Wohnenden oder Arbeitenden vorgestellt. So zwei starke Frauen:
- die Haubenköchin Ulli Amon
- die Geschäftsführerin der Fachhochschule Ulrike Prommer, die das alte Piaristenkloster für ihre Bildungseinrichtung verwendet. Studierende in barocken Hörsälen und alten Kellergewölben. Nicht so schnell kann eine andere Stadt solche Infrastruktur den Studierenden bieten.
Auch Plätze und Geschichte von Verstorbenen werden beschrieben; wie Ludwig von Köchel. Es wird dem Leser nicht nur gezeigt wo er wohnte, sondern auch was er tat. Neben seiner Nummerierung der Mozart-Werke war er ein Universalgelehrter, der sich mit Naturwissenschaften und Musikforschung beschäftigte. Ja selbst als Komponist machte er sich einen Namen. Auch zwei Künstler aus der Jetztzeit zeigen ihre Häuser:
- Günter Wolfsberger sein Atelier in der Steiner Altstadt und
- Leo Zogmayer sein Wohnhaus unterhalb des Pulverturms.
Mit Musik hat Jo Aichinger der Stadt ein neues Image gegeben. Die gotische Minoriten Kirche wurde zum Klangraum, weil er meinte: „Woher kam denn früher die gute Musik? Immer aus sakralen Räumen.“
Viele, im Buch vorgestellte Räume sind der Öffentlichkeit nicht zugänglich. Andere wieder nehmen viele beim Besuch nicht wahr, wie etwa das Schuhgeschäft mit einem spätgotischen Gewölbe im Verkaufsraum oder das Fresko von Martin Johann Schmidt in einer Apotheke. Auch der Bürgermeister zeigte sein Büro in einer Renaissance Gewölbehalle. Aber auch die Moderne kommt zu Wort mit einer modernen Villa oberhalb der Altstadt und den Bauten der Donau-Universität und Medizin-Universität.
Die Struktur des Buches richtet sich nach den vier Himmelrichtungen und „Norden“, „Süden“, „Osten“ und „Westen“ heißen die Kapitel. Obwohl man sich gleich zu Beginn über diese Einteilung hinwegsetzt und die neue Landesgalerie vorstellt. Aber umgehend kehrt man ins andere Extrem zurück: zum ältesten Gebäude der Stadt, der Gozzo Burg. Es ist ein Buch, das auch jenen, die glauben schon alles über die Stadt zu wissen Neues bietet. Speziell den Einheimischen und jenen – wie Studierenden – die nur kurzfristig hier wohnten, kann es Erinnerungen wecken. Bei all diesen sollte dieses Buch stehen. Dem Verlag würde dies eine Auflage von mehreren Zehntausend bringen.