Christbaumschmuck#
Weihnachtsschmuck bestand im 19. Jahrhundert aus Rauschgold und Früchten, natürliches Material wie Tannenzapfen, Nüsse oder Eier wurden vergoldet oder versilbert. Der Biedermeier-Christbaum stand auf dem Tisch und trug, neben den Geschenken, Schmuck aus speziellem Model-Gebäck und Zuckerware. Aus Tragant hergestellt, ließ sie sich gut modellieren und blieb nach dem Trocknen dauerhaft. Konditoren formten, bemalten und vergoldeten die Dekorationen.
Die ersten Zierstücke aus Glas knüpften an die bekannten Formen an: Kugeln, Nüsse, Trauben, Eier. In den 1830-er Jahren noch dickwandig und undurchsichtig, wurden sie zunehmend eleganter. Ein Zentrum der Christbaumschmuck-Erzeugung war Lauscha im Thüringer Wald, wo die Glasmacher auf eine dreihundertjährige Tradition zurückblicken konnten. Die Produktion großer Mengen war im Lauf des 19. Jahrhunderts einerseits durch arbeitsteilige Heimarbeit, andererseits durch das neue Leuchtgas, und die Erfindung künstlicher Farbstoffe möglich. Die Herstellung war Saisonarbeit, mit bis zu 16 Stunden täglich. Um 1900 verdiente ein „Christbaumschmuckarbeiter, welcher in seinem Heim allein mit seiner Familie arbeitet“ 600 bis 900 Mark im Jahr. Er konnte auch einen Gehilfen beschäftigen, der bis 18 Mark Tageslohn erhielt. Das Veredeln oblag den Frauen. Bis in die 1870-er Jahre wurden die Glaswaren bleiverspiegelt, dann kam eine weniger gesundheitsschädliche Lösung aus Salmiakgeist, Weingeist, salpetersaurem Silber und Wasser zur Anwendung.
„Der Baum muss glänzen, glitzern, funkeln, blenden, daß einem die Augen übergehen. Da giebt es goldig und grün schillernde Kerzenhalter, blitzende Eiszapfen, silbern schimmernde Blüthen, in deren Kelch die Lichter ihren Strahl tausendfach brechen, blau blinkende Sterne mit silbernen Kometenschweifen, goldiges und farbiges Engelshaar, Eisgirlanden aus Lametta, dazwischen farbenglühende Schmetterlinge und gaukelnde Kolibris, weiße Täubchen, schwarze Schwalben und zierliche Sammetäffchen mit Schirmen, bunte Glaskugeln, Glöckchen und unzählige bunte Nichtigkeiten“ , zählte die Familienzeitschrift „Die Gartenlaube“ auf. Bis zu 4000 Modelle hatte eine Vertriebsfirma im Angebot. ständig kam Neues dazu, Glasprodukte wurden auch mit leonischen Drähten, Engelshaar, Textilien oder Lametta verziert. Um 1900 wandte sich die Christbaummode vom „Zuviel des Guten“ ab und bevorzugte silbernen Schmuck für den „weißen Baum“. Sparsame Bürger kauften ihn aber nicht neu, sondern entfernten einfach die wasserlösliche Bemalung.
Im Ersten Weltkrieg gab es zusammenlegbare Christbäume, die man an die Soldaten verschicken konnte. Als Schmuck dienten nationale Symbole, Darstellungen des Kaisers, eiserne Kreuze aus Pappe und gläserne U-Boote. Ein Gebilde, das der deutschen Pickelhaube ähnelte, ersetzte die Christbaumspitze. In der Zwischenkriegszeit engagierte sich die Heimatschutz- und Volkskunstbewegung für rustikale Weihnachtsbäume. Äpfel, Nüsse, Gebäck, Bienenwachskerzen, Strohsterne und Erzgebirge-Spielzeug schmückten den pseudobäuerlichen - weil in dieser Form auf dem Lande unbekannten - Weihnachtsbaum. In der NS-Zeit tat man alles, den Christbaum zu entchristlichen und als „Julbaum“ mit germanischen Wurzeln zu versehen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg verwendete man, was übriggeblieben war oder begann in aller Einfachheit Sterne aus Goldfolie oder Buntpapier-Ketten herzustellen. Mit zunehmendem Wohlstand wechseln die Christbaummoden immer rascher. Jedes Jahr gibt es eine andere Farbe und elektrische Beleuchtung löst die Kerzen ab.
Quelle#
- Helga Maria Wolf. Weihnachten Kultur & Geschichte. Wien - Köln - Weimar 2005
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