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Submerse Gärung - eine österreichische Erfindung#

von Josef Himmelbauer
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"Heimatlexikon - Unser Österreich"
Ein Projekt von ServusTV in Zusammenarbeit mit dem Austria-Forum

Essigständer
Rechts schmaler Versuchsständer von beeindruckender Höhe. Links davon ein Ständer für das traditionelle Schnellessigverfahren
© Josef Himmelbauer

Wenigen Österreichern ist bewusst, dass eine österreichische Idee aus den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts zur Beschleunigung aller Gärungsprozesse (Fermentationsprozesse) geführt hat.

Begonnen hat es mit einer entscheidenden Idee bei der Essigerzeugung:

Lässt man einen offenen Behälter von Wein (oder anderen alkoholischen Flüssigkeiten, etwa Most) längere Zeit stehen, so wird der Wein bekanntlich sauer: in der Luft vorhandene Essigbakterien siedeln sich an der Oberfläche des Behälters als "Haut" an (sie benötigen Sauerstoff zu Leben!) und wandeln allmählich den Alkohohl in Essig um. Ist der gesamte Alkohol umgewandelt so lässt man die Flüssigkeit unter der Haut („Essigmutter“) ab, klärt sie noch gegebenenfalls mit Filtern und erhält so seit tausenden von Jahren Essig, eine Flüssigkeit mit 5- 15 % Gehalt an natürlicher Essigsäure.

Für die Großproduktion ist dieses Verfahren zu langsam. Man füllt daher einen Bottich (die großen Varianten wie jene im Bild links werden „Ständer“) genannt mit (Buchen)Holzspänen oder Holzperlen, und lässt die zunehmend saure Flüssigkeit immer wieder über die Späne rieseln: die Essigbakterien können sich auf den Spänen festsetzen, d.h. die Fläche, wo sich die Essigbakterien befinden („gefesselt“ sind, drum auch oft „Fesselverfahren“) ist dadurch sehr stark vergrößert, wodurch der Gärungsprozess stark beschleunigt ist ("Schnellessigverfahren").

Das ist die klassische Methode, Alkohol zu Essig zu vergären.

„Die Essigbakterien können schwimmen!“, lautete der verwunderte Kommentar zu einer Erfindung, die in dem kleinen Chemielabor der Weinessigfabrik Anton Enenkel in der Ortschaft Traun bei Linz gemacht worden war. Es war knapp nach Ende des 2. Weltkrieges und Traun damals ein kleines Industriedorf. Die Erfinder waren die Chemiker Dr. Heinz Ebner und Dr. Otto Hromatka.

Die erste Versuchsapparatur bestand aus einem vertikalen Glasrohr von ca. 10 cm Durchmesser und etwa 2,5 m Höhe. In ihm befand sich die Gärflüssigkeit, also der allmählich entstehende Essig. Von unten wurde in dieses Rohr Luft eingeblasen, die perlend hochstieg. Sie versorgte den Gärungsprozess und die Essigbakterien mit dem nötigen Sauerstoff. Die Bakterien schwammen also in der Gärflüssigkeit. Daher wurde diese Art der Gärung als submerse Gärung (lateinisch: submergere=untertauchen) bezeichnet. Indem man von dünnen Glasrohren zu großen Behältern umstieg (was belüftungstechnisch wesentliche Neuentwicklungen erforderte) konnte die Vergärungszeit von Wochen auf weniger als einen Tag gedrückt werden.

Das Verfahren wird heute in unzähligen Fermentierungsprozessen von Essig zur Bierbrauerei, bis zur Herstellung von Medikamenten verwendet.

Der aktuelle Essay über Rührtechnik zeigt, wie wichtig diese Verfahren heute sind, nicht nur in der Lebensmittlebranche, sondern auch bei der Herstellung pharmazeutischer Produkte.

Quellen#


Redaktion: H. Maurer