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Eva Pauline Ulbrich#

Einleitung#

Ulbrich
Eva Pauline Ulbrich. Foto: Archiv: Ulbrich
Zum Glück wurde ich mit dem künstlerischen Talent meines Vaters und dem liebevollen anders sein lassen meiner Mutter stets voller Entdeckungsfreude auf die Welt losgelassen. Geboren in eine Welt voller Schulterpolster und Karottenhosen, gekrönt von Fokuhilas, hat sich schnell herausgestellt, dass Anpassung keine Option sein kann.

Diesem wilden Naturell folgend, wurde ich von meinen Eltern in die Modellschule Graz, eine Schule mit dem Schwerpunkt der bildnerischen Erziehung, geschickt. Im Nachhinein betrachtet die einzig logische Möglichkeit, ohne persönliche Schäden davon zu tragen und meine Neugier zu fördern statt zu ersticken.

Nach wissensdurstigen Ausflügen in die Welt der Wissenschaft auf unterschiedlichen Ebenen, stets über Kurse wie Akt- oder Portraitzeichnen immer noch mit Kunst verbunden, habe ich mich Technik im generellen und 3D Druck im speziellen zugewendet.

Zuerst ohne spezielles Ziel, einfach nur mit dem Gedanken, Ideen aus meinem Kopf heraus zu bekommen. Ich stelle mir vor, dass es Komponisten ähnlich geht – vielleicht benötigen die auch ein Ventil, um die ständige Musikbegleitung im Kopf irgendwann einmal zu externalisieren. Wie, wenn man eine Plastik fertigt.

Später hat mein Mann den ersten Grazer 3D Druck Shop eröffnet und Raumdruck genannt und führt das Geschäft bis heute, auch wenn sich der Fokus von der Fertigung der Produkte zur Entwicklung der Geräte verlagert hat. Mein Naturell ist weiterhin das künstlerischere, manuell kreative geblieben.

Und siehe da, die Entwicklung der letzten Jahre hat uns recht gegeben; für das lokale Erzeugen von virtuellen Ideen gibt es Bedarf. Natürlich hätte man das auch vorhersehen können, Theaterstücke in Form von zuerst Hörspielen und danach Film und Fernsehen haben sich immerhin auch durchgesetzt und mit Konzerten war es auch das gleiche, seit es Schallplatten und inzwischen digitale Musik gibt, bestellt sich kaum mehr jemand einen Minnesänger auf die Geburtstagsparty. Additive Fertigung.

3D Druck ist keine neue Technologie, tatsächlich ist sie nur vier Jahre jünger als ich. Und genau das ist auch der Grund dafür, warum diese Technologie im Moment erst so richtig durchstartet.

Wie bei vielen teuren, wichtigen Errungenschaften laufen jetzt nach und nach die Patente aus. Also werden jetzt günstigere und ausgefeiltere Maschinen entwickelt, die sich in der breiteren Masse überhaupt erst ausbreiten können – und somit ins Bewusstsein dringt.

3D Druck oder additive Fertigung bedeutet, Material so lange schichtweise aneinander zu fügen, bis sich ein größeres Objekt gebildet hat. Das kann auf unterschiedliche Art und Weise geschehen. Besonders einfach geht es, indem man Material durch Düsen extrudiert und wie Sprühschlag aufeinanderschichtet. Alternativ können Pulverteilchen schichtweise miteinander verklebt oder versintert werden, oder man nutzt die älteste Variante und härtet Materialschichten mit Lichtimpulsen aus.

Algorithmik und Kunst#

Was möglich mit der 3D Druck Technologie ist, ist das abtasten und kopieren von existierenden Objekten. Ich habe drei Eierbecher und brauche einen vierten oder meine Handyhalterung ist zerbrochen und ich brauche Ersatz.

Damit kommt man zwar in den Bereich Science Fiction, Objekte werden kreiert wie aus den so genannten Replikatoren in Star Treck, aber mit Kunst oder Kreativität hat das Ganze noch nicht viel zu tun.

3D Druck
Rosa Bambi. Foto: Archiv: Ulbrich
3D Druck
Bonbon Schüsserl. Foto: Archiv: Ulbrich

Interessanter wird da der Ansatz, Objekte aus seiner eigenen Gedankenwelt wirklich werden zu lassen. Man schnitzt sich quasi ein Körbchen aus Rotkäppchen im Kopf zurecht und lässt es aus dem Märchen in die Wirklichkeit kommen. Das interessante dabei ist, dass – ähnlich einer Folge Derrick – dieses Objekt nicht nur einmal auf der Welt existieren kann. So, wie man Derrick öfter ansehen kann, kann man das Objekt immer wieder fertigen. Anders als bei Derrick hat jede Person, die ein Objekt herstellt, aber die Möglichkeit, das Objekt anzupassen. Man kann also immer wieder selber bestimmen, wer denn der Mörder war. Und da wird’s dann schon ganz enorm kreativ und künstlerisch!

Man sagt, wenn jemand einen auffordert an eine Tür zu denken, hätte jeder eine andere Tür im Kopf. Diesmal ist es wirklich dieselbe Tür, jede Anpassung ist eine bewusste, kreative Handlung – erlaubt durch Algorithmik.

Parametrik#

3D Druck
Parametrisierung. Foto: Archiv: Ulbrich
3D Druck
Anhänger. Foto: Archiv: Ulbrich
3D Druck
mything schüsserl. Foto: Archiv: Ulbrich

Basisformen können verdreht und verdrillt werden und schnell entsteht aus einem zweidimensionalen Objekt eine dreidimensionale Figur mit interessanter Struktur. Ähnlich Pflanzen können auch Objekte einfach wachsen. Dabei ist es nicht nötig, selbst Hand anzulegen, man muss sich nur aussuchen, wohin und wie hoch. Schon hat man eine wunderbare Plastik und muss bei der Herstellung nicht einmal anwesend sein. Die Idee alleine reicht aus. Die Kombination ist eine rein virtuelle, sie ist von der tatsächlichen schaffenden Produktion entkoppelt.

Organische und filigrane Strukturen werden oft als elegant und kunstvoll wahrgenommen. Es reicht aber, nur die Basisfigur zu erstellen. Entstehungsregeln, gefüttert mit Parametern, können Strukturen schaffen, für die normalerweise viele Entscheidungen benötigen.

Objekte können tatsächlich wie Pflanzen entstehen, die Regeln der Natur, dass Pflanzen zum Licht streben, ihnen eigene Formen entwickeln und diese Parameter wir Blattformen oder Blütenanzahl mit der Umwelt reagieren lassen ist das, was in der Natur täglich geschieht.

Völlige Virtualität#

Konzentriert man sich lediglich auf Parameter, kann man Objekten noch mehr Freiraum lassen. Information, gesammelt und zueinander sortiert durch Algorithmen, umgewandelt in dreidimensionale, virtuelle Objekte kann Kunst entstehen lassen, die Kollaborativ aus vielen Quellen gespeist wird. Zum Beispiel könnten wir aus der Häufigkeit von Koseworten in Liebesbriefen unserer Vergangenheit ein Kunstobjekt unserer Zuneigung entstehen lassen. Allein gesteuert durch unser persönliches Leben.

Zuneigung, Emotion, Hoffnung und liebe kondensiert in einem dreidimensionalen Objekt, das für jede Person und jede Geschichte anders aussehen wird. Wenn Kunst das Ziel hat, Emotionen darzustellen und zu wecken, gibt es kaum eine ehrlichere und direktere Form. Der Künstler ist obsolet und selbst zur Kunst geworden.


Ehrenamtliche Mitarbeit am Austria-Forum#

Eva Pauline Ulbrich hat sich bisher vor allem im Rahmen von Austria-Forum live durch Vorbereitungen und das Einbringen von 3D Druck in das Symposium "Artist is Obsolete" betätigt.