Streeruwitz, Ernst#
* 23. 9. 1874, Stribro/Mies (Böhmen)
† 19. 10. 1952, Wien
Wirtschaftsfachmann und Politiker
Der Sohn eines böhmischen Landtagsabgeordneten und einer tschechischen
Bürgerlichen absolvierte die Maria-Theresianische Militärakademie, wo er
1895 als Leutnant ausgemustert wurde. Die Kriegsschule brach er aus
Krankheitsgründen ab, studierte Maschinenbau an der Technischen
Hochschule und Jus an der Universität in Wien. 1902 übernahm er als
Betriebsleiter eine Kattundruckerei in Böhmen. 1914 meldete er sich als
Kriegsfreiwilliger; im Kriegsministerium wurde ihm die Sorge für die
Kriegsgefangenen übertragen. Nach 1918 leitete er die Neunkirchner
Druckfabriks AG, außerdem nahm er vermehrt zu industriepolitischen
Fragen publizistisch Stellung. 1923-1934 hatte er ein Nationalratsmandat
der Christlichsozialen Partei inne. Obwohl er als Sprecher des
Hauptverbands der Industrie galt, versuchte er doch, einen
eigenständigen Kurs zu wahren, was zu Konflikten mit Präsident Urban
führte. 1930-1935 war er auch Präsident der Wiener Handelskammer.
Streeruwitz
unterstützte zunächst die Heimwehren, wandte sich jedoch bei zunehmender
Radikalisierung dieser paramilitärischen Verbände wieder ab. Als Seipel
zu Ostern 1929 überraschend zurücktrat, nominierte die Christlichsoziale
Partei
Streeruwitz als Kompromisskandidaten für das Kanzleramt. Sein vehementer
Gegner war der steirische Landeshauptmann
Anton Rintelen,
der
selbst nach diesem Amt strebte. Gemeinsam mit den Heimwehren brachte er
Streeruwitz noch im selben Jahr zu Fall, obwohl dieser durchaus Erfolge, z. B.
beim Mietengesetz, aufzuweisen hatte.
Streeruwitz war ein Befürworter des
Ständestaats und später auch des Anschlusses an das Deutsche Reich. 1939
beendete er noch ein Studium der Staatswissenschaften.
Werke#
- "Ordnung und Aufbau der Weltwirtschaft" (1931)
- "Wie es war" (1935)
- "Springflut über Österreich" (1937)
- "Die Friedenssicherung und ihre Methoden" (1937)
Literatur#
- W. Baril, Ernst von Streeruwitz (1965)
- I. Ackerl, Ernst von Streeruwitz, in: Die Österreichischen Bundeskanzler (1983)
© "Österreichisches Personenlexikon der Ersten und Zweiten Republik" von Isabella Ackerl und Friedrich Weissensteiner, 1992