Caroline Klima: Starke Frauen aus Österreich#
Caroline Klima: Starke Frauen aus Österreich. Wartberg Verlag Gudensberg-Gleichen 2019 96 S.,ill., € 15,50
Wissenschaft, Politik, Wirtschaft, Kunst und Sport - auf allen Gebieten gab und gibt es die "starken Frauen". 29 von ihnen stellt die Wiener Historikerin Caroline Klima ausführlich in Text und Bild vor, dazu kommen zehn Kurzbiographien. "Die Liste der Frauen, über die ich aus Platzmangel nicht schreiben konnte, ist um vieles länger als das Inhaltsverzeichnis," meint die Autorin, von der Fülle an Persönlichkeiten überwältigt, "Hier habe ich meine ganz persönliche Auswahl getroffen."
Sie beginnt mit der Vorstellung von Forscherinnen. Ida Pfeiffer, die "spätberufene Weltreisende" wurde 1797 in Wien geboren. Als Tochter eines Baumwollfabrikanten war ihre strenge Erziehung auf "typisch weibliche" Fächer ausgerichtet. Mit 23 ging sie die - unglückliche - Ehe mit einem wesentlich älteren Advokaten ein und bekam zwei Söhne. Auch musste sie für das Familieneinkommen sorgen, was im damaligen bürgerlichen Verständnis als Schande galt. Sie fügte sich ihrem Schicksal, bis die Söhne erwachsen waren. Im Alter von 45 Jahren nahm sie eine Wallfahrt ins Heilige Land zum Vorwand einer ausgedehnten Reise. Die Stationen ihrer neunmonatigen Exkursion waren Konstantinopel, Zypern, Beirut, Palästina, Ägypten, Malta, Neapel und Rom. 1846 bis 1848 unternahm Ida Pfeiffer eine Weltreise, die sie nach Brasilien, Tahiti, China, Ceylon, Indien, Arabien, Kurdistan, Persien und in den Kaukasus führte. Ihre zweite Weltreise hatte Südafrika, Südostasien, Kalifornien, Panama, Ecuador, Peru und weitere amerikanische Staaten zum Ziel. Die dritte Reise, auf der sie Australien erforschen wollte, musste sie krankheitsbedingt abbrechen. Bald nach ihrer Rückkehr nach Wien erlag Ida Pfeiffer dem Tropenfieber. Die Stadt widmete ihr ein Ehrengrab. Weitere im Buch vorgestellte Pionierinnen der Wissenschaft sind die erste promovierte Medizinerin Gabriele Possaner von Ehrenthal, die Atomphysikerin Lise Meitner, die Kinderpsychoanalytikerin Anna Freud und die Mathematikerin Olga Taussky-Todd.
Das Kapitel über Politikerinnen umfasst so unterschiedliche Persönlichkeiten wie Maria Theresia von Österreich, die Aktivistin für Frauenbildung Marianne Hainisch, die Friedensnobelpreisträgerin Bertha von Suttner oder die Arbeiterführerin Adelheid Popp. Auch drei Zeitgenossinnen sind hier vertreten: die Sozialdemokratin und KZ-Überlebende Rosa Jochmann, die grünbewegte Dame Freda Meissner-Blau, Staatssekretärin Johanna Dohnal und die Flüchtlingshelferin Ute Bock. Wie hürdenreich der Weg zur Mädchenbildung verlief, zeigt einer der informativen "Kasten": 1868 war die Aufnahme an die Wiener Kunstgewerbeschule (mit Ausnahme von Malerei und Bildhauerei) möglich, 1896 erfolgte die gesetzliche Verankerung des Zugangs zur Matura, 1897 erlaubten die Philosophischen Fakultäten der Universitäten Wien, Graz und Innsbruck Studentinnen. Andere Lehranstalten und Fakultäten zögerten noch bis weit in das 20. Jahrhundert.
Unternehmerinnen werden nur zwei vorgestellt: Anna Sacher, bekannt als "extravagante Hotelchefin" und Maria Schaumayer, weltweit die erste Frau an der Spitze einer Notenbank. Caroline Klima schreibt: "Maria Schaumayer war eine besondere Persönlichkeit und einer der wenigen Menschen, die in der Politik UND in der Wirtschaft erfolgreich tätig waren." Der Lebenslauf in Kürze: 1931 in Graz geboren, Realgymnasium und Wirtschaftsstudium mit Auszeichnung, juristisches Doktorat, 1965-1982 amtsführende Stadträtin für Öffentlichen Verkehr und Energiepolitik in Wien, 1982 Finanzvorstand der ÖMV, 1990-1995 Präsidentin der Oesterreichischen Nationalbank, 2006 Ehrenmitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaft (als erste Frau). "Mit ihrem Tod verlor Österreich 2013 eine der prägenden Persönlichkeiten der Zweiten Republik."
Umso zahlreicher - zehn Biographien - ist die Auswahl der Künstlerinnen. Sie reicht von Rosa Mayreder, der ersten Frau im Wiener Aquarellistenklub und feministische Aktivistin, bis zur Pop-Rock-Sängerin Christina Stürmer. Erst in jüngster Zeit wiederentdeckt wurde die vielseitige Filmpionierin Louise Kolm-Fleck. Die erste Regisseurin Österreichs (und zweite der Welt) beherrschte auch Drehbuchschreiben, Ausstattung und Schnitt. Ihr Großvater, Benoit Advinent, hatte die größte Wandermenagerie Europas besessen. Ihr Vater, Louis Veltée, betrieb das Stadtpanoptikum in Wien, wo Wachsfiguren, Stereoskopien und ab 1896 Filme zu sehen waren. Mit ihrem Ehemann Anton Kolm gründete sie 1910 die "Erste Österreichische Kinofilm-Industrie", dann die Firma "Wiener Kunstfilm", die anspruchsvolle Unterhaltungsfilme produzierte. Sie gründeten die - bis vor kurzem bestehenden -Rosenhügel-Studios. Nach dem Tod ihres Mannes heiratete Louise Kolm ihren langjährigen Co-Regisseur Jakob Fleck, lebte und arbeitete mit ihm in Deutschland und Shanghai. Bis 1950 drehte Louise Kolm fast 200 Filme, von denen 37 erhalten sind.
Das letzte Kapitel ist Sportlerinnen der Gegenwart gewidmet. Hier finden sich die "Ausnahmeskirennläuferin" Annemarie Moser-Pröll, die Extrembergsteigerin Gerlinde Kaltenbrunner, die Gebirgsjägerin Sabrina Grillitsch, Oberstabswachtmeister beim Bundesheer und 2011 Mitglied des Siegerteams beim "Wettlauf zum Südpol". Die Lehrerin Ilse Dippmann initiierte 1988 den österreichischen Frauenlauf, der mit 33.000 Aktiven aus über 90 Nationen zu den führenden Frauenläufen weltweit zählt. Darüber schreibt die Autorin, er bringe die Teilnehmerrinnen nicht nur in Bewegung, "er motiviert sie, sich selbst etwas zuzutrauen und stärkt ihr Selbstwertgefühl. … Hier erfahren viele Frauen zum ersten Mal, dass sie Ziele, die sie sich selbst gesetzt haben, auch erreichen können, und übertragen diese Erfahrung aus dem sportlichen Bereich dann auch in das private oder berufliche Umfeld." Empowerment - das gilt für jede der im Buch vorgestellten starken Frauen aus Österreich, die allen Widrigkeiten zum Trotz ihre Ziele erreicht haben.