Michael Staribacher: Weinviertler Weisheiten#
Michael Staribacher: Weinviertler Weisheiten. Sprüche und Redewendungen. Mit Zeichnungen von Rudolf Schuppler. Edition Winkler-Hermaden Schleinbach.
136 S. ill., € 18,-
Sprichwörtliche Redensarten sind oft alt und weit verbreitet. Das "fünfte Rad am Wagen" findet sich in einer Sprichwörtersammlung des 11. Jahrhunderts. Den bösen Vorwurf gegen Bücher und Zeitschriften, dass sie "lügen, wie gedruckt" erhob schon der frühneuhochdeutsche Schriftsteller Johann Fischart. Der Schweizer Dichter Gottried Keller betitelte im 19. Jahrhundert eine Novelle "Kleider machen Leute". Viele der so genannten Volksweisheiten haben ihre regionalen Ausprägungen. Im Weinviertler Dialekt liest sich das dann so: „I bi s‘ finfte Radl aum Wogn!“, „Du loigst mea, wie de Zeidung!“ oder „S’ Gwandl ziert’s Mandl!“.
Als kompetenter Dolmetsch fungiert Ing. Michael Staribacher, der sich "Wörter- und Sprüche-Sammler" nennt. Aber das ist reichlich untertrieben, denn der Projektentwickler von Agrar Plus hat nicht nur Aktivitäten wie die Revitalisierung der typischen Kellergassen zum Erfolg geführt, sondern auch eine Reihe von Büchern über die Region verfasst. Sein "Weinviertler Dialektlexikon" erreichte schnell drei Auflagen. 2018 erschien "Sterzfresser und Gnackwetzer" über Orts-Spitznamen (gemeinsam mit Christian Wiesinger) in der Edition Winkler-Hermaden.
Bei so intensiver Beschäftigung und "dem Volk aufs Maul schauen", war es naheliegend, den örtlichen Sprüchen ein Buch zu widmen. Mehr als 300 sind darin versammelt, doch positive Aussagen sind selten. Manche Redensarten bringen Wahrheiten auf den Punkt, andere belegen generationenlange Erfahrungen. Im Weinviertel haben sie zunächst mit dem Alltag der (Wein-)Bauern zu tun, doch auch Themen wie Besitz, Religion, Essen und Trinken, Wetter, Jahreszeiten oder Beziehungen kommen vor. Dass manchmal "etwas Derbes" darunter ist, war nicht zu vermeiden. Kinderreime und Zungenbrecher haben ebenso ihren Platz gefunden wie die Weisheiten der Alten.
Die bunten Zeichnungen von Rudolf Schuppler sorgen für humorvolle Auflockerung. Der Grafiker lebt in Mistelbach. Er ist als Zeichner und Cartoonist für Zeitschriften im In- und Ausland und Kinderbuchillustrator tätig.
Die Sprüchesammlung ist thematisch aufgebaut, die einzelnen Stichworte haben ihre logische Gliederung. Dem Originalton in Mundart folgen Übersetzung und Bedeutung (vieles stammt aus einer vergangenen ländlichen Lebenswelt). Schließlich erfährt man, aus welchem Ort die Redewendung stammt. Zum Beispiel: „Wia da Ocka, so de Ruim – wia da Voda, so de Buim.“ Übersetzung: Wie der Acker, so die Rüben – wie der Vater, so die Buben (Söhne). Bedeutung: Es kommt immer auf die Herkunft und Abstammung an. Die Söhne geraten oft nach dem Vorbild des Vaters, so wie auch nur auf guten Äckern und Böden gute Rüben wachsen. Herkunft: Weinviertel.
Im Weinviertel sagt man: „Durch‘s Red‘n keimman d’Leit z'saumm!“. Diese originelle Sammlung trägt das Ihre dazu bei.