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Manfred Matzka: Die Wiener Regierungspalais#

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Manfred Matzka: Die Wiener Regierungspalais. Kral Verlag Berndorf. 224 S., ill., € 39,90

Wien ist für seine historischen Palais berühmt. Einst für adelige Bauherren errichtet, dienen heute viele der Verwaltung. 21 dieser Wiener Regierungspalais ist der Prachtband von Manfred Matzka gewidmet. Der Autor ist ein absoluter Insider - siehe auch sein Buch Hofräte, Einflüsterer, Spin-Doktoren - Der historisch bewanderte Jurist hat viele Jahre seiner Beamtenkarriere in diesen Gebäuden verbracht. Unter anderem bekleidete er den Posten des Präsidialchefs im Bundeskanzleramt, eine der exponiertesten Beamtenstellen der Republik. Mit großformatigen, teils bisher unveröffentlichten Bildern verschiedener Fotografen illustriert, erläutert das Buch Geschichte und Architektur. Sein einziger Nachteil: Es fehlen die Adressen der beschriebenen Gebäude.

Ihrer Bedeutung entsprechend, ist die Hofburg das erste Objekt. Ferdinand I.(1503-1564) verlegte die kaiserliche Residenz nach Wien. "In den folgenden zwei Jahrhunderten erweiterten die Habsburger ihren ursprünglich wenig repräsentativen und ungewöhnlichen quadratischen Festungsbau Stück für Stück zu einem der flächenmäßig größten geschlossenen Bauwerke des Kontinents, der Hofburg." Die Darstellung im Buch konzentriert sich auf den Leopoldinischen und den Amalientrakt. Maria Theresia ließ ihre Wohnung gründlich adaptieren. Nach ihr lebten die Kaiser Joseph II., Ferdinand und Franz Joseph in der Burg. Seit 1946 amtiert der Bundespräsident im Leopoldinischen Trakt. Die Amalienburg liegt zwischen dem Inneren Burghof und dem Ballhausplatz Sie erhielt ihr Aussehen in der 2. Hälfte des 17 Jahrhunderts, war damals allerdings freistehend. Die Kaiserappartements im 1. Stock sind als "Sisi-Museum" zu besichtigen.

Der prominente Ringstraßenarchitekt Theophil Hansen plante das Parlament im griechischen Stil. Er bezeichnete das Reichsratsgebäude als sein Lebenswerk,. Ein Jahrzehnt nach der Grundsteinlegung (1874) fanden die ersten Sitzungen statt. Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg und veränderte Anforderungen erforderten Umbauten. Die 2018 bis 2023 erfolgte Generalsanierung betraf rund 300 Räume. Es entstanden neue Restaurants, Terrassen, ein Besucherzentrum und eine Bibliothek. "Dennoch blieb die alte Bausubstanz vollständig geschützt."

Das Palais Epstein (1, Schmerlingplatz 7) wurde ebenfalls von Hansen erbaut. 2001-2005 generalsaniert, dient es seither Parlamentszwecken. Es entspricht dem Prototyp der Zinspalais an der Ringstraße. Als eines der wenigen hat es sich "noch weitestgehend im baulichen und innenarchitektonischen Originalzustand erhalten". Der Bankier Gustav Ritter von Epstein wohnte in der ungewöhnlich prächtig ausgestatteten Beletage. Nach dem Börsenkrach von 1873 musste er das bauliche Gesamtkunstwerk verkaufen. Danach fungierte es als Verwaltungssitz der Imperial Continental Gas Association, Verwaltungsgerichtshof, Stadtschulrat, Reichsbauamt, Stadtkommandantur und Musikakademie.

Das nächste Kapitel ist der Geheimen Hof- und Staatskanzlei (1, Ballhausplatz 2), dem jetzigen Bundeskanzleramt, gewidmet. Dieses Werk des kaiserlichen Hofarchitekten Johann Lucas von Hildebrandt war 1815 Schauplatz der Unterzeichnung der Schlussakte des Wiener Kongresses. Der Politiker Clemens Wenzel Lothar von Metternich (1773 - 1859), der "Kutscher Europas", hatte hier auch seine Wohnung.

Das Haus-, Hof- und Staatsarchiv (1, Minoritenplatz 1), bewahrt die wertvollsten Dokumente Österreichs seit der Babenbergerzeit. Anfang des 20. Jahrhunderts baute man dafür nach damals modernsten Erkenntnissen ein elfgeschossiges Archiv.

Das Außenministerium nützt seit 2005 in der Herrengasse 11 und 13 das Niederösterreichische Landhaus und die Landesstatthalterei. Im Landhaus haben sich spätgotische Bauteile erhalten. In den 1830er Jahren erfolgte ein grundlegender Umbau. 1848 war das Landhaus Schauplatz blutiger revolutionärer Ereignisse. Die Niederösterreichische Landesregierung amtierte bis zu ihrer Übersiedlung nach St. Pölten (1997) in der Herrengasse.

Die böhmische Hofkanzlei (1, Wipplingerstraße 7) wurde auf neun Parzellen errichtet. Sie entstand bis 1714 nach Plänen Johann Bernhard Fischer von Erlachs und wurde 1751 durch Matthias Gerl vergrößert. Nach 1848 hieß das Amt Innenministerium. "Nach 1918 beherbergte das Regierungspalais zunächst das gemeinsame Bundesministerium für Inneres und Unterricht, danach zog das Landwirtschaftsministerium ein." Ihnen folgten der Verfassungsgerichtshof und nach 2012 der Verwaltungsgerichtshof.

Ebenfalls für die ärarische Nutzung erbaut wurden der Justizpalast (1, Museumstraße 12), in dem der Oberste Gerichtshof tagt, und das Regierungsgebäude (ehem. Kriegsministerium, 1, Stubenring 1). Den letzten großen Ringstraßenbau plante Ludwig Baumann. Mit seinem Wettbewerbsentwurf setzte sich der konservative Architekt, ein Freund des Thronfolgers, gegen den Erbauer der gegenüberliegenden Postsparkasse, Otto Wagner, durch. "In die 326.000 Kubikmeter verbauten Raumes zogen im Mai 1913 über 2000 Offiziere und Beamte der Heeresverwaltung ein." Ein Jahrzehnt später startete von hier aus der Rundfunk in Österreich ("RAVAG"). Jetzt teilen sich Wirtschafts-, Sozial- und Landwirtschaftsministerium die Räumlichkeiten.

Dienststellen verschiedener Ministerien befinden sich in ehemaligen privaten Palais, am prominentesten ist wohl das Winterpalais des Prinzen Eugen (1, Himmelpfortgasse 6-8) für das Finanzministerium. Ebenfalls umfunktioniert wurden Palais Modena (1, Herrengasse 7) für das Innenministerium, Palais Porcia (1, Herrengasse 23) für das Bundeskanzleramt, Palais Starhemberg (1, Dorotheergasse 9) für das Bildungsministerium, Palais Dietrichstein (1, Dorotheergasse 10) für das Bundeskanzleramt, Palais Trautson (7, Museumstraße 7) für das Justizministerium, Palais Ludwig Viktor (1, Schwarzenbergplatz 1) für das Wirtschaftsministerium oder das Palais Rottal (1, Singerstraße 17-19) für Volksanwaltschaft und Finanzprokuratur.

Auch zwei ehemalige Banken wurden für den Staat umfunktioniert. In die Credit-Anstalt für Handel und Gewerbe (1, Renngasse 2) hat sich 2012 der Verfassungsgerichtshof eingemietet. Die k.k. privilegierte österreichische Länderbank ließ ihr Gebäude in der Hohenstaufengasse 3 von Otto Wagner errichten - 1884, 20 Jahre vor der Postsparkasse. "Das Länderbank-Gebäude ist eines der kunstgeschichtlich wichtigsten Bauwerke Otto Wagners und einer der stilprägendsten Bauten seiner Zeit. Die strengen Anforderungen der Funktion des Hauses an die Belichtung, an seine Repräsentationsaufgaben, an die Kundenfreundlichkeit, an eine funktionelle Verbindung und Auffindbarkeit der Räume wurden vom Architekten trotz des kleinen und in sich noch geknickten Grundstückes in hervorragender Weise erfüllt. … Die Generalsanierung wurde im Februar 1994 erfolgreich abgeschlossen und das Gebäude dem Bundeskanzleramt zur alleinigen Benützung übergeben."

Das letzte Kapitel behandelt die Rossauer Kaserne (9, Rossauer Lände 1). Sie entstand auf Wunsch Kaiser Franz Josephs bei der Ringstraßenplanung, um rasche Ausfälle gegen Aufständische zu ermöglichen. Der im Windsorstil errichtete Bau ruht auf 30.000 Holzpiloten, als Baustoff wurde auch Material der demolierten Stadtmauer verwendet. Es gab öffentliche Kritik, "aus der erkennbar ist, dass die Wiener Bevölkerung gegen diese 'Zwingburg' von Anfang an große Vorbehalte hatte." Seit 2004 sind in acht Trakten Dienststellen des Bundesministeriums für Landesverteidigung und auch das Ministerkabinett untergebracht.

hmw