Die steirische Eisenstraße#
Leoben#
Die kleine Siedlung Leoben um die alte Pfarrkirche St. Jakob wurde im 13. Jahrhundert zum besseren Schutz in die Murschleife verlegt. Eine Brücke mit Torturm (heute „Schwammerlturm") war die Verbindung zur nicht befestigten Vorstadt Waasen. Mit kaiserlichem Privileg von 1314 wurde der Stadt das Eisen-Lagerrecht eingeräumt. Die Eisenhändler, Gewerken und Hammerherren errichteten in der Folge im Stadtkern manch schönes Gebäude, aber auch das seit 1485 bestehende Rathaus. Drei der vier „Wehrecken" der Stadt waren Burgen steirischer Adelsgeschlechter - heute finden sich nur noch Reste der alten Stadtmauer.
1849 wurde die Montanlehranstalt (die Vorläuferin der heutigen Montanuniversität) von Vordernberg nach Leoben übersiedelt und von diesem Zeitpunkt an war Leoben das Zentrum der Bergbauwissenschaft des deutschsprachigen Teiles der Monarchie. Heute ist die Universität eine weltweit angesehene Ausbildungsstätte für Bergbau, Hüttenwesen und einer Reihe von Spezialfächern bis hin zur Verfahrenstechnik. Die Stadtpfarrkirche hl. Franz Xaver wurde um 1660-65 erbaut und ist reich ausgestattet. Im Norden schließt an sie das ehemalige Jesuitenkolleg an, welches heute das Stadtmuseum birgt, in dem jährlich bedeutende völkerkundliche Ausstellungen zu sehen sind.
Die Pfarrkirche in der Vorstadt Waasen stammt aus dem Jahre 1400 und ist ein sehenswerter gotischer Bau mitNetzrippengewölbe. Die ehemalige Stiftskirche des nahe gelegenen seinerzeitigen Benediktiner-Nonnenstifts Leoben-Göss zeigt ein romanisches Langhaus, das um 1515 spätgotisch umgestaltet wurde.
Donawitz#
Das schon auf römische Ursprünge zurückgehende Donawitz ist Stadtteil von Leoben und eine der bedeutendsten Industrieanlagen Österreichs. Im 16. Jahrhundert gab es hier zwar bereits einen Eisenhammer, aber erst 1817 entstand die erste größere Industrieanlage mit dem Blechwalzwerk des Gewerkenjandl. Verschiedene Hammerbetriebe in der näheren Umgebung erzeugten das für das Blech notwendige Frischeisen. 1841 wurde die „Franzenshütte" mit eigenen Hochöfen in Betrieb genommen. Mayr von Meinhof war der neue Besitzer, der 1872 den gesamten Komplex an die Innerberger Hauptgewerkschaft übertrug, die ihrerseits zehn Jahre später den Betrieb samt den wichtigen Kohlengruben in Seegraben und Tollinggra-ben an die neu errichtete Alpine Montangesellschaft (heute VOEST Alpine) weitergab. Der Betrieb wurde in den folgenden Jahrzehnten immer wieder auf den neuesten Stand gebracht (1992 wurden hier in den größten Hochöfen der Welt 10.000 Tonnen Roheisen pro Tag erzeugt).
Bald nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Linz-Donawitz-Verfahren („LD-Verfahren") entwickelt, nach welcher Methode 70 Prozent der Welt-Stahlerzeugung erfolgte. Donawitzer Eisenbahnschienen sind heute ob ihrer Qualität weltweit gefragt.
Trofaiach#
Schon früher als Leoben war Trofaiach ein Eisen-Handelsplatz. Die beiden Kirchen St. Rupert und Hl. Dreifaltigkeit zeugen von der mittelalterlichen Blüte. Hier stand seinerzeit der größte Holzkohlen-Hochofen des Kontinents - erbaut 1872 von Fürst Schwarzenberg; heute sind nur noch seine Fundamente erhalten.
Die Pfarrkirche St. Rupert ist im Kern romanisch, präsentiert sich aber als gotisches Langhaus mit Kreuzrippengewölbe. Im Chor und hinter der Orgel finden sich Fresken aus dem 15. Jahrhundert.
Die Filialkirche hl. Dreifaltigkeit ist ein spätgotischer Bau mit barockem Turm. Das vierjochige Langhaus mit Netzrippengewölbe birgt Fresken aus dem 16. Jahrhundert. Vier Schlösser stehen in und um Trofaiach: Der rechteckige, spätgotische Bau des Schlosses Stibichhofen mit seinen zwei Ecktürmen dient als Heimatmuseum mit zahlreichen Exponaten des Eisenwesens.
Schloss Oberdorf, am Eingang zum Gößgraben gelegen, ist ein dreigeschossiger Renaissancebau aus dem 16. Jahrhundert mit Doppelgiebel, genannt Stockschloss.
Schloss Zmöll in Treffhing stammt aus dem 12. Jahrhundert, wurde aber nach einem Brand im 19. Jahrhundert einfacher und ohne Turm wieder aufgebaut. Schloss Mell, östlich von Trofaiach, stammt aus dem 16. Jahrhundert, wurde aber 1872 gänzlich umgebaut.
Vordernberg#
Vordernberg ist wohl einer der interessantesten Plätze an der Eisenstraße, war der Ort doch einst das Zentrum des Eisenhüttenwesens des Habsburger Reiches- noch heute zeugen viele historische Bauten davon. 14 Schmelzöfen standen dort vom Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert in Betrieb. Zuerst waren es die einfachen „Rennöfen" des frühen Mittelalters. Sie mussten im 13. Jahrhundert den wasserradbetriebenen „Stucköfen" weichen, die in einem Schmelzgang ein „Stuck" (Stück) Eisen herstellten.
So ein „Radwerk" (die Bezeichnung leitet sich von den mit Wasserkraft betriebenen Rädern ab, welche die Blasbälge betrieben) bestand aus dem Ofen mit der zugehörigen Arbeitshalle, dem Erzlager und dem Kohlenspeicher sowie Arbeiterwohnungen etc. Das restaurierte „Radwerk IV" ist heute ein Eisenmuseum internationalen Ranges, das den Zustand einer Hüttenanlage vor etwa hundert Jahren zeigt. Im „Radwerk I" sind sämtliche Nebengebäude erhalten geblieben.
Im Rathaus war zwischen 1840 und 1849 die Montanlehranstalt untergebracht, aus der die heutige Montanuniversität in Leoben hervorging. Direkt an Trofaiach angrenzend lag damals die große Hüttenanlage „Friedauwerk". Entlang der Bundesstraße sind verschiedene Gewerkenhäuser sehenswert, darunter das Meranhaus, das Erzherzog Johann gehörte. Die Pfarrkirche wurde im 15. Jahrhundert errichtet und im 17. Jahrhundert umgebaut. Reizvoll ist der Marienaltar aus dem Jahre 1715. An der Auffahrt zum Prä-bichl liegt die interessante Filialkirche kl. Laurentius, die zirka in der Mitte des 15. Jahrhunderts errichtet wurde. Sie birgt neben gotischen Fresken ein gotisches Sakramentshäuschen und viele andere Sehenswürdigkeiten.
Eisenerz#
Eisenerz: Erz und Eisen prägen das Gebiet seit mehr als tausend Jahren. Den Erzberg mit seinen 24 Meter hohen Abbaustufen, den größten Eisenerz-Tagbau Mitteleuropas, kennt über die Steiermark hinaus wegen seines markanten Erscheinungsbildes wohl jeder Österreicher. Fanden allerdings vor 50 Jahren hier noch 1.000 Menschen Beschäftigung, so sind es heute nur noch an die 200 Arbeiter - die moderne Technik hat viele Arbeitsplätze wegrationalisiert.
Zum Glück ist Eisen in der letzten Zeit am Weltmarkt wieder sehr gefragt, sodass sich das steirische Eisen trotz seines relativ geringen Reineisengehalts (zirka 34 Prozent) noch halten kann - eine Stilliegung des Erzabbaues droht aber immer noch. Bis vor hundert Jahren war der Erzberg noch in ein Vordernberger und ein Innerberger (Eisenerzer) Revier unterteilt. Das Erz des Innerberger Bereiches wurde seinerzeit in 19 Radwerken im Ort Eisenerz selbst aufbereitet; das Vbr-dernberger Erz wurde über den Präbichl (1.227 m) zu den Radwerken nach Vordernberg geliefert. Der Erzwanderweg folgt dieser Tullnigschen Bahntrasse.
Der Betrieb des letzten Hochofens im Ortsteil Münichtal wurde 1946 eingestellt; ein beachtlicher Hügel aus Hochofenschlacke erinnert an diese Zeit. Dem heutigen Besucher wird das „Abenteuer Erzberg" in einem Schaubergwerk zugänglich gemacht, wobei die Besichtigung des Tagbaues mit einem 860 PS (!) starken Ladegerät, die Besichtigung untertags mit einer Elektrolok geschieht. Von Vordernberg nach Eisenerz und zurück werden zwischen Juni und Oktober jeden Sonntag auch Erlebnisfahrten auf der „steilsten Normalspurstrecke" Österreichs angeboten.
Die Stadt Eisenerz bietet aber auch kulturhistorisch Interessantes: Da ist besonders die dem hl. Oswald geweihte gotische Pfarrkirche aus dem 15. Jahrhundert mit ihrer mächtigen Wehranlage zu nennen. Sie gilt als größte und bedeutendste Kirchenburg der Steiermark. Besonders bemerkenswert ist die um 1515 errichtete Westempore, ein Glanzstück spätgotischer Steinmetzkunst. Westlich, oberhalb des Ortes, fällt der um 1580 erbaute Schichtturm mit seiner von den Eisenerzern „Waberl" genannten Glocke auf, welche den Wechsel der Arbeitsschichten anzeigte.
Im ehemaligen Kammerbof befinden sich das Eisen- und Stadtmuseum (die legendäre „Eisenerzer Wunderstufe" mit ihrem „natürlichen" Marienbildnis). Im Ortsteil Krumpental erinnert der „Schwarze Hof", ein Gewerken-haus im Renaissance-Stil, an jene zwölf lutherischen Radmeister, die um 1600 des Landes verwiesen wurden. Einen Besuch wert ist der nur wenig abseits gelegene Leopoldsteiner See mit dem Schloss Leopoldstein (erbaut 1680, neugotisch erneuert 1894 von Prinz Arnulf von Bayern).
Großreifling#
Großreifling: Besonders ansprechend ist das Bauensemble, das sich aus der Dachlandschaft der beiden „Kästen" (ehemalige Getreidespeicher der Innerberger Hauptgewerkschaft) mit dem Zwiebelturm der Filialkirche hl. Nikolaus ergibt.
Der dreigeschossige „Alte Kasten" stammt aus der Zeit der Spätgotik und ist mit der Kirche (1507 erbaut) durch einen Trakt verbunden. Der „Neue Kasten" wurde 1711 erbaut. Von der Anhöhe, auf der die Gebäude stehen, blickt man auf die Reste des, ebenfalls von Gastei-ger erbauten, Holzrechens hinunter. Er wurde zum Auffangen des Kohlholzes gebaut, das für die Versorgung der ennsabwärts gelegenen Sensenhämmer nötig war.
Im „Neuen Kasten" ist das 1. Österreichische Forstmuseum Silvanum untergebracht. Vom Werkstoff Holz bis hin zur Sägeindustrie, über die Holztrift, Holzverkohlung und dem Flößen bis hin zur Lebensweise der Holzknechte wird in vier Geschossen alles Wissenswerte über die Forstwirtschaft dargeboten (geöffnet von Mai bis Oktober).
Gusswerk und Grollrad#
Eine Nebenstrecke der Eisenstraße führt von Großreifling nach Gusswerk und weiter nach Gollrad. Neben dem Erzberg in Eisenerz hatte der Erzabbau in Gollrad (verbürgt seit dem 11. Jahrhundert) bis zum Jahre 1896 eine nicht unwesentliche Bedeutung. Das untertags gewonnene Erz wurde in Gollrad bis zum Jahre 1805 verhüttet und in den Jahrzehnten nachher mit Pferdefuhrwerken nach Gusswerk gebracht. Schon seit 1740 bestand in Gusswerk (die ursprüngliche Werkssiedlung erhielt erst später diesen Namen als Ortsbezeichnung) ein vom Stift St. Lambrecht gegründetes Eisenwerk, das später dann in andere Hände überging (St. Lambrecht war auch Besitzer der Gruben von Gollrad). Gusswerk wurde im 19. Jahrhundert durch die Erzeugung treffsicherer und weit reichender Kanonen zur wichtigen Waffenschmiede der Monarchie. Im 19. Jahrhundert wurde in Gusswerk aber auch Eisenkunstguss, der als „Mariazeller-Guss" in Mitteleuropa weitum bekannt war, hergestellt.
© "Die schönsten Erlebnisstraßen Österreichs" Hilde und Willi Senft