Sagen aus dem Raum Steyr Steyr, Oberoesterreich #
Die Gründung von Steyr
Die uralte Eisenstadt Steyr soll aus der tödlich endenden Auseinandersetzung zweier feindlicher Brüder hervorgegangen sein. Der eine wollte die Siedlung auf der heute Tabor genannten Stelle hoch über der Enns anlegen, der andere hingegen direkt am Ufer des Flusses, dort wo die Steyr in die Enns mündet. Als sie sich nicht einigen konnten, ließen sie die Waffen sprechen und gingen im Zweikampf aufeinander los. Der zweite der Kämpfer siegte und so entstand die Stadt am Flußufer und nicht oben am Berg. Wäre sie am Tabor angelegt worden, dann hätten die hier so häufigen und zuweilen übermächtigen Hochwässer dann wohl den Ort nicht erreicht und wie so oft stark beschädigt.
Ein folgenschweres Turnier mit dem Herzog
Herzog Leopold der Biedere liebte unter allen Herren und Rittern seines Hofstaates den edlen Heinz Scheckh von Steyr am meisten. War Heinz tapfer im Krieg, siegreich im Turnier, so war er doch arm wie eine Kirchenmaus.
Bei einem Turnier, das in Steyr abgehalten wurde, rannte der Ritter seinen Herzog mit solchem Ungestüm in den Sand, daß Leopold diesem Sturze bald erlegen wäre. Darob ward der Herzog erzürnt, verbannte Heinz den Scheckh von seinem Hofe und schwur, lieber sein Lieblingsdorf Pfarrkirchen zu verschenken, als dem groben Haudegen nochmals die Hand zu reichen.
Kurz darauf lud Herzog Leopold abermals die Ritter des Gaues zum Kampfspiele, befahl aber, um den armen Heinz zu ärgern und ihm die Teilnahme unmöglich zu machen, daß alle in reichster Rüstung zu erscheinen hätten. Der vom Hofe Verbannte verbrachte seine unfreiwillige Muße damit, den Bären im Waldesdickicht nachzujagen. Bei einer solchen Jagd, wenige Tage vor dem Ritterspiel, traf er einen Juden, der vor zwei Strolchen flüchtete, die nach des Kaufmannes Geschmeide lüstern waren. Der tapfere Kämpe verjagte sofort die Räuber und führte den Geängstigten mit sich nach Steyr.
Der Tag des Turniers war erschienen. In Rüstungen, die von Gold und Edelsteinen strotzten, eilten die Ritter herbei, goldene Ketten zierten die Brust. Doch alle übertraf der Herzog, der im goldenen Harnisch sein feuriges Roß tummelte. Herzog Leopold besiegte jeden Gegner und schon glaubte man, ihm gebühre die Palme des Tages, als ein Ritter mit geschlossenem Visier, mit nie gesehener Pracht gekleidet, auf edlem Gaule dahergesprengt kam. Der Fremde überwältigte alle, die mit ihm in die Schranken traten, sodaß der Herzog selber den Kampf mit ihm aufnahm. Aber eher er sich's versah, lag er im Sande.
Die Kraft und Gewandtheit des Unbekannten ritterlich bewundernd, reichte ihm Leopold die Hand, versprach ihm ein Schloss, wenn er an seinem Hofe verbleiben würde und forderte ihn auf, das Visier zu öffnen. Heinz Scheckh von Steyr sank vor dem Fürsten auf das Knie und gestand, daß das Gold des von ihm geretteten Juden es ihm ermöglichte, in der befohlenen Pracht zu erscheinen. Er bat um Gnade, daß er es gewagt hatte, trotz seiner Verweisung vor den Augen seines Herzogs zu erscheinen und bot demselben seinen kräftigen Arm und sein starkes Schwert auch zum ernsten Streite an. Leopold, seines früheren Schwures gedenkend, schenkte dem wieder in Gnaden Aufgenommenen Pfarrkirchen. Heinz aber blieb ein treuer Diener des biederen Fürsten.
Der Satan muß beim Bau der Steyrer Jesuitenkirche helfen
Eine der schönsten Ordenskirchen der Jesuiten in Österreich ist die am Zusammenfluß von Enns und Steyr gelegene Michaelerkirche der alten Eisenstadt. Da es einmal wieder an Mitteln fehlte und der Bau nicht recht weitergehen wollte, zwang ein zaubermächtiger Pater durch eine Beschwörung den Teufel selber, das entsprechende Geld herbeizuschaffen. Dieser hatte eineinhalb Stunden von Steyr entfernt einen Platz , des Teufels Dörrstatt geheißen, wo er das aus der Erde geschaffte Gold zu trocknen pflegte. Der Priester der Gesellschaft Jesu schaffte es, den Gottseibeiuns zu veranlassen, das Gold nach Steyr zum Kirchenbau zu bringen. Während dieser die letzte Ladung herbeischleppte, begann in der Kirche ein starkes, unerklärliches Leuchten. Der Pater entließ daraufhin den Teufel aus seinem Zwang. Dieser nahm sofort den kürzesten Weg, um sich von dem ungeliebten Orte zu entfernen und fuhr hinter dem Altar unter Hinterlassung eines großes Loches in der Mauer von dannen.
Auch ein andermal kam der Teufel hieher, diesmal um einen Sünder zu holen. Ein Frevler hatte nämlich boshafter Weise an einem einzigen Tag in der Michaelerkirche nicht weniger als zehnmal "abgespeist", das heißt die Hl.Kommunion genommen. Der Teufel entführte ihn bei lebendigem Leib und fuhr mit ihm durch die Mauer. Das Loch soll noch lange zu sehen gewesen sein.
Geldgeschäfte mit dem Teufel in der Heiligen Nacht
Ein Priester beschwor den Teufel in der Mettennacht, ihm das Geld zu bringen, das bei Unglücksfällen in der Enns und Steyr versunken war. Der Teufel willigte ein, wenn ihm das Letzte gehöre, das nach der Mette die Kirche verlasse. Der Priester willigte ein und der Teufel brachte das Geld. In der Mette täuschte er aber den Kirchenbesuchern vor, daß ringsherum alles in Brand stehe. Die Leute liefen erschreckt aus der Kirche. Nur der Priester blieb zurück und las die Messe zu Ende. Darauf nahm er das Allerheiligste und trat zur Türe. Als er sich überzeugt hatte, daß niemand mehr in der Kirche sei, ging er rücklings zur Tür hinaus. Das Allerheiligste war das Letzte, was aus der Kirche kam. Ihm konnte der Teufel nichts anhaben.
Die Glocke grüßt den Stifter
Der Stifter der Ägidius-Glocke in der Steyrer Stadtpfarrkirche verreiste und man wußte lange nichts von ihm. Eines Tages kam er zurück. Wie er beim Schnallentor hereinkam, fing die Glocke von selbst zu läuten an.
Der unschuldig Gehenkte
Eine halbe Stunde südlich von Steyr steht an der alten Eisenstraße eine Kapelle. Hier mußten in alter Zeit die Verurteilten zur letzten Andacht halt machen, ehe sie auf den Galgenberg geführt wurden. Am Hang dieses Berges rutscht der Boden immer nach, sodaß die Straße darunter immer wieder unbrauchbar wird. Dies kam so: Der letzte Verurteilte beteuerte am Wege zur Richtstätte seine Unschuld. Als ihm dies nichts half, rief er, zum Zeichen seiner Unschuld solle der Boden immer wieder versinken. Sein Wunsch ging in Erfüllung.
Der Teufel als Fuhrmann
Die Steyrer Gegend war einst reich an Kleineisengewerben und -werkstätten. Einst ging die Tochter eines Nagelschmiedmeisters mit einer ziemlichen Ladung Nägel nach Steyr, um sie dorthin zu liefern. Schwer trug sie an der Last und als ein Fuhrwerk sie einholte, bat sie den Kutscher, ob sie ihr Kraxe auflegen dürfe. Der Mann sagte kein Wort, hielt aber an. Das Mädchen ergriff die Gelegenheit und kletterte auf den Wagen. Aber gleich verging ihm Hören und Sehen, denn das Fuhrwerk verfiel in rasende Fahrt. Angst und bang wurde der Armen und als das Gefährt auch bei einem Straßenstück, das steil aufwärts führte, nicht langsamer wurde, schrie sie in ihrer Not: "Jesus Maria!". Im nächsten Augenblick fand sie sich mit ihren Nägeln mitten auf der Straße liegend. Das vom Teufel gelenkte Fuhrwerk aber sauste mit seinen rasenden Rossen den Berg weiter hinauf und verschwand in einer Staubwolke.
Der Teufel kocht Holzknechtnocken
Auf der "Hoarn", einer Waldwiese in der Steyrer Gegend, stand vor Zeiten eine Holzhauerhütte, in der es nicht immer ganz ordentlich zuging. Am frühen Morgen ging einst ein Schneider vorbei und sah ein helles Feuer. Beim Herd stand ein Mann mit Ziegenfüßen und war mit Nockenkochen beschäftigt. Der Schneider bekam solchen Schrecken, daß er auf und davon lief und solange rannte, bis er zusammenbrach. Holzhauer fanden ihn so.
Der Wilderer rauft mit dem Teufel
Auch unter sonst ehrsamen Handwerksleuten gab es welche, die von verbotener Jagdleidenschaft getrieben in den Wäldern umgingen. Ein solch berüchtigter Wilderer war ein Nagelschmiedmeister aus Holz bei Steyr, den man wegen seines fuchsroten Haares und Bartes den "roten Filz" nannte. Wenn er gestellt wurde, gelang es ihm immer, sich seinen Verfolgern unerkannt zu entziehen. Eines Tages lief er doch einem Jäger über den Weg, der ihn mit auffallend näselnder Stimme ansprach und auch sonst recht unheimlich wirkte. Ein Wort gab das andere und bald war zwischen beiden eine Rauferei im Gange. Doch dem "roten Filz" erging es schlecht. Sein Gegner zerrte ihn durch Unterholz und Dornengestrüpp und ließ ihn schließlich ganz zerschunden und zerstochen im Buschwerk liegen. Nie mehr wagte sich der Nagelschmied als Wildschütz in den Wald.
Der Diener-Hansl, ein berüchtigter Räuberhauptmann
Ein Weber ging mit Waren bepackt von Neuhofen nach Steyr. In Hart kam ein Knabe zu ihm, nannte ihn beim Namen und fragte ihn um seine Geschäfte. Der Weber war über die mannbaren Reden des Knaben erstaunt und fragte ihn, wer er sei. Da "verstaltete" sich der Knabe in Mannesgröße und sagte: "Ich bin der Diener-Hansl!" Der Weber erschrak, daß er es mit dem berüchtigten Räuberhauptmann zu tun hatte und bat ihn, er möge ihn verschonen. "Dir soll nichts geschehen! Geh nur hin, wo du willst!" sagte der Räuberhauptmann und verschwand im Walde.