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Das Distinktions-Maschinchen#

(Eine Post-Beuys-Behaglichkeit)#

von Martin Krusche

Sie können bei Vernissagen stets ein wiederkehrendes Spektrum jener Posen finden, in denen sich Menschen a) während der Eröffnungsreden und b) im anschließend informellen Teil aufstellen. Ich vermute, auch andere Lebenszusammenhänge bieten uns derlei Bilder an, Ensembles typischer Posen.

Im Kunst-Kontext gibt es dann noch ein spezielles Nischen-Repertoire: Menschen, die selbst künstlerisch tätig sind und es vorziehen, daß man bei Vernissagen diese spezielle ihrer Seiten erkennt. Sie drücken das körperlich aus. Wo die Pose nicht reicht, müssen Accessoires nachhelfen. Etwa „Das komische Hütchen“ oder „Die steile Brillenfassung“ und allemal markanter Schmuck, selbst wenn er so geformt ist, daß er beim Tragen weh tut.

Ich finde das völlig okay, denn Kulturveranstaltungen sind unter anderem Teil einer Distinktionsmaschine, die in der Kunst spezielle Rollen spielt, weshalb also Menschen spezielle Posen einnehmen, um sich in diesem Spiel zu positionieren. Ich bin dabei keine Ausnahme, wenn ich während üblicher Eröffnungsansprachen im Raum spazierengehe, als würde ich einen Hund ausführen. Auch eine Pose.

Auf diese Art ordnet sich menschliche Gemeinschaft sporadisch und temporär zu speziellen Anlässen, was ja gute Gründe hat und so gesehen auch ein Aspekt von Kulturpolitik ist, weit mehr aber ein Aspekt der sozialen Agenda einer Kommune. Ich gebe unumwunden zu, es ist auch Pose, keine Pose einnehmen zu wollen, was dann darauf hinausläuft: ich füge so dem Katalog gängiger Posen eine weitere hinzu, die demonstrative Nichtpose. Wir Menschen kommunizieren eben auf viele Arten miteinander.

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Von links: Petra Kickenweitz, Chris Scheuer und Carolina Sales Teixeira, im Hintergrund Stefan Brandtner sowie Petra Kickenweitz und Stefan Brandtner

Aber ich bin kein Freund von Vernissagen. Ich brauche für deren Besuch sehr gute Gründe. Am liebsten ist es mir, wenn ich mit inspirierten Leuten auf eine Werkschau zugehe und mich dann mit ihnen darüber auseinandersetzen kann, was es jeweils an uns bewirkt hat. Nein, das sind keine Anordnungen, um Kunstsinn zu demonstrieren. Das sind Dialoge.

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Carolina Sales Teixeira und Chris Scheuer

Es ist ein Erörtern von Frage des Lebens, des Arbeitens, der Bedingungen von Leben und Arbeiten; und zwar über die Inhalte, die in einer Ausstellung angeboten werden. Da ich mein Dasein als Künstler für eine Profession halte, sind es Gespräche unter Profis, zuzüglich unter jenen Kunstinteressierten, die ein eher obsessives Verhältnis zur Kunst haben.

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Dagegen interessiert mich das Geplapper von bildungsbürgerlichen Leuten, die sich vor allem innerhalb des Distinktionsmaschine Kultur günstig aufstellen wollen, überhaupt nicht. Solchen Menschen würde ich eventuell gegen ein gutes Honorar temporär als Gesprächspartner zur Verfügung stehen. (Das wäre nach meiner Überzeugung sehr „beuysisch“.)

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Wenn mir so halb enthusiasmierte Leute was vom „erweiterten Kunstbegriff“ schwafeln, fallen mir die Ohren ab. Wenn schon, dann aber! Volle Kanne hinein in die Themen! Oder einfach nur flanieren und hinterher einen kühlen Drink haben. Na, egal! Ich finde mir ohnehin Menschen, mit denen das möglich ist. Und sonst? Na, Sie kennen vielleicht diesen Satz von Beuys: "Wer nicht denken will, fliegt raus…“

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Links: Notiz von Chris Scheuer rechts von Stefan Brandtner sowie Petra Kickenweitz,und Stefan Brandtner

  • Alle Fotos: Martin Krusche (Zum Vergrößern anklicken!)
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