Episode XV, Teil II: Momente#
(Allerhand Querverbindungen)#
Von Martin Krusche#
Der Rückblick zeigt mir heute einen speziellen Aspekt an Beuys-Momenten. Es sind immer wieder Referenzpunkte aufgetaucht, die sich in meinen Archiven finden lassen, aber sie waren nie Anlaß zu einer ausführlicheren Erörterung. Eine Art stiller Beuys-Präsenz. Ich greife drei Episoden als exemplarisch heraus. Das erste Foto zeigt Robert Adrian X (†) bei einer Session in einem ORF-Studio in Wien. Für „Sans Frontières/Ohne Grenzen“ haben wir eine Live-Schaltung nach St. Petersburg realisiert, am anderen Ende das russische Kollektiv „Dreli Kuda Popalo“. Ich hatte einige Exponate aus „Die verschwunden Galerie“ dabei, Arbeiten der Russen und ein Set von Tanja Ostojic („Paparazzo“). Auf die Kappe von Bob ist eine Junkers Ju 87 (Stuka) gestickt, dazu die Worte Kunst und Politik.
Das zweite Motiv stammt aus dem Jahr 2011, wurde in Beograd aufgenommen und zeigt Selman Trtovac mit seiner Kappe „Utopia“, was sich auf Beuys bezieht. Er ist einer der Begründer von „Treci Beograd“. Dort haben wir Strategien einer autonomen Kulturinitiative erörtert und vor allem eine wunderbare Session mit Sabine Hänsgen und Sergej Letow, beide „Kollektive Aktionen“ (Moskauer Konzeptualismus), erlebt. Trtovac war in Düsseldorf ein Schüler von Klaus Rinke, der mit Beuys vertraut gewesen ist.
Beim nächsten Foto-Set das Haus, vom Kollektiv „Treci Beograd“ auf der Pancevo-Seite der Donau errichtet. Außerdem Sergej Letov bei der 2011er Abendveranstaltung. Schließlich Sabine Hänsgen neben Selman Trtovac. Wenn man mit Hänsgen über Kunst redet, gibt es Momente, wo manche ihrer Schilderungen druckreif aus dem Mund kommen, so präzise ist sie bei diesem Thema. Kunstsammler Vladimir Macura hatte uns an einem der Abende eingeladen, ihn auf der Heimreise zu besuchen. Ich erinnere mich, daß wir dort ein Plauderstündchen hoch über der Donau hatten, bei dem mir Hänsgen genau so einen Moment bescherte.
Im Band III von „Gleisdorf.Überlagerungen“ gibt es übrigens ein Foto von jenem Besuch. Macura und Kuratorin Mirjana Peitler-Selakov, über eine Arbeit von Joe Jones gebeugt, was mich daran erinnert, daß wir in den heutigen Betrachtungen Fluxus nicht übersehen sollten. (Der Link)
Schließlich Fotograf Richard Mayr mit einem Beuys-Portrait von Friedensreich Hundertwasser. Eine Paraphrase des Fotos, das im ersten Bändchen von „Gleisdorf.Überlagerungen“ vorkommt. Siehe dazu: (Der Link) Dieses Werk hängt im Büro von Mayr, wo wir laufend miteinander zu tun haben, sorgt also für eine Art Beuys-Präsenz, die wir allerdings bisher noch nie thematisiert hatten. Damit möchte ich verdeutlichen, welchen Rang Beuys erworben hat.
Diese permanente Präsenz über Jahrzehnte hinweg, als würde er aus einem Marvel Comic stammen, wo solche Heldenfiguren vorkommen, die den Menschen seit Jahrtausenden Begleiter sind. Eine Art Höllenengel mit Mitgefühl. Das sind etliche Aspekte, wegen derer ich ihn vor allem auch als eine Phänomen der Popkultur verstehe.
- Fotos: Martin Krusche
- Episode XV, Teil II: Wir beuyseln
Postskriptum#
Das erwähnte Beuys-Portrait von Hundertwasser hängt in Mayrs Büro gegenüber seinem Cockpit. Auf dem Bildschirm sehen Sie übrigens jenen Pavillon hoch über Gleisdorf, den Mayr für unser Buch „Wegmarken“ fotografiert hat. Man sieht die Arbeitssituation unter den mächtigen Kastanienbäumen in „Gleisdorf.Überlagerungen“ Band II HIER.- Krusche & Mayr: Wegmarken (Ein kulturelles Zeichensystem)