ALFONS VON ROSTHORN#
Hofrat Prof. Dr. Alfons von Rosthorn hatte am 9. August 1909 mittags sein Jagdrevier in der Seckauer Gegend, die er mit Freunden vom Besitzer der Wasserburg Graf von Montjoye la Roche gepachtet und sich in dieser wunderbaren Natur auf einer Hochalm sogar ein schmuckes Jagdhaus errichten ließ, aufgesucht und das Jagdglück war ihm hold, ein Rehbock tauchte auf den er sogleich zur Strecke brachte. Stunden später begleitete ihn der Jäger Stallinger um den Rehbock zu holen, Auf dem Heimweg verschlimmerte sich Rohstocks Zustand, der Jäger riet ihm sich niederzulegen und wollte ihm Wasser holen, wenigen Minuten später verschied der Gelehrte. Der Jäger eilte nun in das Schloss Prantky des Barons Leitendorf und erstattete von dem traurigen Vorfall Bericht. Baron Leitendorf telegrafierte sogleich nach Knittelfeld um den Arzt Dr. Pachmeier, der auch bald an der Unglücksstelle erschien. Doch war jede Hilfe vergebens. Leitendorf leitete die Bergungsexpedition ein, die die Leiche in das Schloss Prantky brachten.
Seine Gemahlin Helene hatte ihren Mann begleitet und da er sich bereits in den letzten Tagen nicht wohl fühlte telegrafierte sie dem Freund Dr. Bamberger, dass er sofort kommen sollte. Rosthorn litt an Herzmuskelentartung und in seinem Freundeskreis wusste man, dass es um ihn nicht gut stand. Primarius Bamberger, infolge beruflicher Inanspruchnahme verhindert, telegrafierte ob seine Abreise unumgänglich notwendig sei, auf seine Depesche bekam er keine Antwort mehr.
Über den Tod des berühmten Gynäkologen, der sich an die großen des Äskulap reihte die vorausgegangen waren, zeigte man sich nicht nur überrascht sondern erschüttert, zählte er doch erst 52 Jahre. Somit hatte die Wiener Universität und die medizinische Fakultät wieder eine Koryphäe der alten medizinischen Schule verloren, und ein schwer ersetzender Verlust für Wien, für die Wissenschaft und für die Menschheit. Der Verblichene veröffentlichte zahlreiche Abhandlungen in Fachzeitschriften, beteiligte sich an der Herausgabe der großen medizinischen Handbücher.
Rosthorn der am 19. September 1857 in Oed in Niederösterreich geboren wurde, entstammte einer bekannten Großindustriellenfamilie, die zuerst in Kärnten angesiedelt war und englischen Ursprungs ist. Er besuchte das Gymnasium in Klagenfurt, ging zum Militär, wurde Offizier, 1885 wurde er an der Wiener Universität zum Doktor promoviert. Von 1882 bis 1885 war er Assistent der Anatomie und unter all den Assistenten stand er bereits im Blickpunkt, es folgte die Chirurgie, 1888 bis 1891 als Assistent der geburtshilflich-gynäkologischen Klinik in Wien. Er war Schüler vieler prominenter Gelehrter, Lieblingsschüler Billroths. Zuerst Dozent an der Wiener Universität, kam er 1891 als solcher nach Prag und wurde dort zum außerordentlichen und später zum ordentlichen Professor ernannt. Im Jahr 1899 folgte Rosthorn dem Ruf als Ordinarius und Direktor der Universitäts Frauenklinik in Graz Welchen nachhaltigen Gewinn die Grazer mit dieser Persönlichkeit hatten, stellte sich alsbald heraus als die Anstalt wie immer an Geldmangel litt und keinerlei Möglichkeit gab diese weiter auszugestalten, doch Rosthorn wusste wie er das Ziel erreichen konnte und machte es zu seiner Bedingung, die Stelle zu akzeptieren, wenn die Anstalt so rasch wie möglich modernisiert und dem medizinischen Standard entsprechen würde. Mit seiner Energie und Unnachgiebigkeit wurde bald all das erreicht, wie es seinen Vorstellungen entsprochen hatte. Dafür waren ihm die Grazer ewig dankbar.
Über die englische Abkunft der Familie gibt es noch folgendes zu berichten. Im Jahr 1765 ließen Franz I., und Maria Theresia den englischen Mechaniker Matthäus Rosthorn nach Österreich berufen. Dieser erbaute im Jahr 1766 das erste Walzwerk für eine Knopffabrik. Seine Söhne vergrößerten das Walzwerk in Fahrafeld und lieferten Messing und Tombak. Kaiser Joseph II., erhob die Familie, die den Maschinenbau in Österreich eingeführt hatte, in den Adelsstand. Nach dem Tod des Chefs errichteten die Söhne ein Werk in Oed in Niederösterreich, welches das einzige in seiner Art in ganz Mitteleuropa war und erwarben 1826 das Schloss in Wolfsberg und die Herrschaften Wolfsberg, St. Leonhard, Reichenfels und Waldenstein welchen Besitz sie im Jahr 1846 an den Grafen Hugo Henckel von Donnersmarck verkauften.
Ferner errichteten und verbesserten die Brüder Rosthorn Hochöfen, Hammer-, Eisen-, und Zinnwerke in Kärnten, in St. Leonhard, St. Gertraud, Kollnitz, Frantschach. Prevali usw. In der Schönlaterngasse in Wien befanden sich die Büros. Das Wohnhaus der Rosthorn glich einem Museum; die von dem kunstsinnigen Brüdern gegründete Gemäldegalerie war in der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts eine der berühmtesten Privatsammlungen Wiens.
Als im Vorjahr der Ausbau der neuen Wiener Frauenklinik fast vollendet war, trat Hofrat Professor Chrobak, um, wie er selbst sagte, jüngeren Kräften den Platz zu räumen vom Lehramt zurück Als sein berufener Nachfolger wurde im folgenden Jahr Dr. von Rosthorn nach Wien berufen, den Chrobak selbst empfohlen hatte. Er nahm nach regen Anteil an den letzten Arbeiten zur mustergültigen Ausstattung der neuen Kliniken. Kaum ein Jahr war es dem Gelehrten beschieden, auf dem Höhepunkt seiner Laufbahn zu wirken. Aber auch in dem kurzen Zeitraum vermochte er sich durch seine hervorragenden Eigenschaften als Mensch und Lehrer die allgemeinen Sympathien zu gewinnen.
Hofrat von Rosthorn hat eine überaus reiche literarische Tätigkeit hinterlassen. In zahlreichen Büchern und Fachzeitschriften veröffentlichte er die Ergebnisse seiner vielfältigen Forschungen auf dem umfangreichen Gebiet seiner Spezialwissenschaft, der Gynäkologie. Er war ein Vortragender der strengen Sachlichkeit, jedoch der feinen Pointierung nicht entbehrte.
Der Verstorbene lebte in glücklicher jedoch kinderloser Ehe mit der ehemaligen bekannten Sängerin Helene Wiet, die in zahlreichen Städten der österreichisch-ungarischen Monarchie aufgetreten war..Am 17. Juli 1899 nahm er sie zur Gemahlin. In Graz trat sie nach Rückzug von der Bühne, als Konzertsängerin auf. Unter den Bekannten und Freunden befand sich auch Wilhelm Kienzl. Nach Rückkehr in Wien bewegte man sich ebenfalls sehr bald in den künstlerischen Kreisen, so bedurfte der berühmte Komponist und Operndirektor Gustav Mahler Rosthorns ärztlicher Beratung.
Musik war ihm nicht nur Erholung, sie war ihm auch eine Offenbarung von Lebensproblemen. Besonders die Werke Richard Wagners trafen bei ihm ein volles Verständnis
Sein jüngerer Bruder ist der österreichisch-ungarische Gesandte in Teheran Artur Edler von Rosthorn, der sich seinerzeit bei den Boxeraufständen in China gleich seiner Gattin durch Mut und Umsicht als Gesandtschaftssekretär auszeichnete.Im April 1908 ist auf Frau Paula von Rosthorn, die Gattin des österreichisch-ungarischen Gesandten in Teheran ein Anschlag verübt worden. Nachdem sie mit der Frau des russischen Botschafters im Wagen von einem Diner zurückkehrten, wurde auf sie ein Schuss abgegeben, der sie nur knapp verfehlte. Paula von Rosthorn stieg aus, ging auf den russischen Soldaten hin und entriß ihm das Gewehr und nahm es mit sich. Der Soldat wurde verhaftet. Eine Schwester, Marie, ist mit Dr. Bater in Chicago, einem Schüler Rosthorns, eine zweite Helene mit Univ.-Prof. Dr. Lecher in Prag verheiratet. In den Ferien geben sich alle Familienmitglieder in Viktring ein Stelldichein.
Jährlich fuhr Rosthorn mit Gemahlin nach Karlsbad wo er im Jägerhaus abstieg.
Rosthorns Vater starb als er 1895 den Kamm der Koralpe erreicht hatte und ausrief: „Ach wie ist das schön!“
Ein Mann von der wissenschaftlichen Bedeutung eines Alfons von Rosthorn gehört allerdings der gesamten Kulturwelt
Rosthorn war eine der liebenswürdigsten Persönlichkeiten unter den großen Ärzten unserer Zeit. Eine echte Forschernatur, ungewöhnliche Sprachkenntnisse und außerordentlich künstlerische Veranlagung vereinigten sich in seiner Person. Das innige Verhältnis mit Billroth hier dürfte die gemeinsame Begeisterung für die Musik eine Rolle gespielt haben. Rosthorn war nämlich der größte Wagner Schwärmer. Mit Bruckner verband ihn persönliche Freundschaft, und der alte Meister erschien gar oft, um seinen Freund Posthorn zu sehen, an seinem Stammtisch im Riedhof in der Wickenburggasse, mit großem Garten, wo sich Ärzte, Offiziere und Beamte gerne einfanden. Zu den Gästen zählten Bürgermeister Cajetan Felder, Anton Eiselsberg uam. So äußerte sich Dr. Ernst Wertheim über Rosthorn.
Auf dem Internationalen Ärztekongress der in einigen Wochen in Budapest stattfindet, hätte Rosthorn das Hauptreferat über Blindarmentzündung von gynäkologischen Standpunkt halten sollen.
QUELLEN: Kärntner Zeitung, 11. August 1909, S 3, Freie Stimmen, 25. August 1909, S 1, Lavanttaler Bote, 14. August 1909, S 4, Prager Abendblatt, 11. August 1909, S 2, Arbeiter Zeitung, 11. August 1909, S 5, Ill. Kronen Zeitung, 11. August 1909, S 5, Bilder Humorist, 1. Mai 1898 S 5 . ANNO Österreichische Nationalbibliothek
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