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BEUST#

Außenminister
Friedrich F. Beust

Es war am 30. Oktober 1866, dass Graf Beust als Außenminister die politische Bühne Wiens betrat. Seine hohe Figur, der fein geschnittene Kopf, die schmalen, von einem stereotypen Lächeln umspielten Lippen, die liebenswürdige Behaglichkeit, die über sein ganzes Wesen gebreitet war, die feine Satire, die ihm im Verkehr mit den Großen und Kleinen dieser Welt zur Verfügung stand, das alles machte den Grafen Beust zu einer interessanten und anziehenden Persönlichkeit. Wie immer auch das Urteil der Politiker und Staatsmänner über ihn lauten möge: er war ein Mann von Geist und vornehmer Gesinnung, und im Salon kamen diese seine Vorzüge zu ausgezeichneter Geltung, so die Einleitung der Erinnerungen in der „Wiener Allgemeinen Zeitung“

Bis an sein Lebensende konnte Graf Beust eine schmerzhafte Bewegung nicht unterdrücken wenn in seiner Gesellschaf der Name Bismarck erwähnt wurde. Als ihm die Ärzte im Sommer dringend eine Gasteiner Kur empfahlen und er bereits Anordnungen getroffen hatte, las er in den Zeitungen von den Vorbereitungen zum Empfang von Bismarck. Sofort unterließ er die Reise nach Gastein.

Es war bekannt, das der Graf trotz seiner diplomatischen Tätigkeit, Muse fand, als Schriftsteller und Komponist in Erscheinung zu treten, und so manches hübsche Gedicht, das in den „Dioskuren“ erschien, trägt seinen Namen, mancher flotte Walzer den er niedergeschrieben, gibt Zeugnis von gutem künstlerischen Geschmack. Er erhob sich auf schriftstellerischem und musikalischem Gebiet über das Niveau des Dilettantismus, wie er denn im allgemeinen eine Mensch von mannigfacher und vielseitiger Begabung gewesen. Aber Meister geradezu war er im Bonmot und zahlreiche geflügelte Worte des Grafen Beust, welche entweder im zwanglosen Gespräch im Salon oder bei bestimmten Veranlassungen entstanden waren, fand ihren Weg in die große Öffentlichkeit. Als er mit Franz Deak den Ausgleich perfekt gemacht und gelegentlich der Krönung hinter dem Kaiser und König einherritt, bezeichnete er selbst diesen Tag als den schönsten seines Lebens. Allerdings sollte ein schönerer nicht mehr folgen, vielmehr verstand es die Partei, welche gegen den Ausgleich und gegen Ungarn überhaupt war und die es dem Grafen Beust niemals verzeihen konnte, dass er das Ausgleichswerk zustande gebracht, ihm manche unangenehme Stunde zu bereiten. Eine ziemlich hochgestellte Persönlichkeit sagte dem Reichskanzler einmal in größerer Gesellschaft: „Nur ein Ausländer konnte die Monarchie zerreißen“. Beust erwiderte mit maliziösem Lächeln: „Hoffentlich wird dieselbe von Ihnen wieder zusammen geleimt werden!“

Er war schlagfertig zu jeder Zeit und sein Witz ließ ihn selbst nicht im Stich, wenn ihn Krankheit aufs Lager geworfen. Einmal musste er mit einer „Flechte“ im Gesicht das Zimmer hüten und ein Freund, der dem Grafen besuchte, fragte ihn, auf welcher Seite er denn den Ausschlag habe „Auf der rechten, denn bei uns in Österreich gibt immer die Rechte den Ausschlag“., lautete die Antwort.

Allgemein bekannt wurde eine Äußerung, die Graf Beust zu einem Journalisten tat - wobei gleich bemerkt sei, dass er ein warmer und aufrichtiger Freund der Presse war, ihre Bedeutung und ihre Notwendigkeit unumwunden anerkannte und mit einzelnen Publizisten sogar auf vertrauten Fuß stand. Als eines Tages im Parlament eine mit Spannung erwartete Interpellations-Beantwortung des Grafen Beust erfolgen sollte, fragte ihn vor Beginn der Sitzung einer der Berichterstatter im Couloir des Hauses: „Werden Excellenz noch für die Abendblätter sprechen?“ Excellenz war darob gar nicht erstaunt, sondern erwiderte mit einigem Nachdruck: „Ich spreche für Europa und nicht für die Abendblätter!“

Und niemals verließ ihn sein gemütliches Lächeln und das Kopf nicken, mit welchem er jedes Wort zu begleiten schien. Dieses Lächeln wurde in einer Delegations-Beratung sogar Gegenstand einer Erörterung. Ein Delegierter ging bei Besprechung der politischen Beziehung der Monarchie nach außen, dem Minister hart zu Leibe; in den schwärzesten Farben schilderte er die Situation: Unser Verhältnis zu Frankreich ist unklar, mit Russland stehen wir sozusagen auf gar keinem Fuß, Deutschlands Interessen sind nicht mit den unseren zu vereinbaren, im Orient gärt es – aber Graf Beust hat all diesen Einwänden gegenüber keine andere Antwort als sein Lächeln! So rief der Delegierte pathetisch aus. Graf Beust erhob sich - und lächelte. „Meine Herren“, entgegnete er, „Sie sehen nur mein Lächeln am Tag – aber Sie sind nicht Zeuge meiner kummervollen Nächte!“

In den kummervollen Nächten saß Beust in der Tat oft bis zum Morgengrauen an seinem Schreibtisch arbeitete oder las. Aber als Mann von Welt fand er auch Zeit, seiner gesellschaftlichen Verpflichtungen sich zu entledigen, und wer in der Faschings Chronik vergangener Jahre blättert, wird zu der Überzeugung gelangen, dass Graf Beust einer der unermüdlichsten und ausdauernsten Ballgäste war. Man erinnert sich vielleicht auch noch, wie er, der erste Minister des Reiches, auf einem vornehmen Ballfest erschien, eine schöne Hofschauspielerin – wenn wir nicht irren Antonie Janisch – am Arm: er hatte sie im Foyer getroffen und ihr galant den Arm gereicht. Und auf einem anderen Ball wieder sah man ihn in ein äußerst lebhaftes Gespräch mit Josephine Gallmeyer verwickelt, in dessen Verlauf der sonst so schlagfertige Staatsmann freilich die Waffen gestreckt haben soll.

Zu den glänzenden Momenten seiner Laufbahn zählt sein Aufenthalt als Botschafter in Paris. Er erfreute sich in der Pariser Gesellschaft allgemeiner Beliebtheit, und es war ihm schwer ums Herz, als er eines Tages der ihm schier unentbehrlich gewordenen Atmosphäre der Pariser Salons entrückt wurde, um seiner Abberufung Folge zu leisten. Denn in seinem Wesen lag ja in der Tat ein Stück vom Grandseigneur aus der Zeit Ludwigs XIV., und ein Atom von einem modernen Pariser Boulevard. Graf Beust war eigentlich ein „vrai Parisien de Paris“ - und vielleicht wäre er es auch nach seinem Rücktritt von dem Botschafterposten noch geblieben, wenn nicht seine finanziellen Verhältnisse ein entschiedenes Veto dagegen eingelegt hätten. Zeit seines Lebens nämlich war Beust lediglich auf seine Bezüge als Beamter des Staates angewiesen, denn er besaß kein Privatvermögen, und als er den Botschafterposten in London übernahm, welcher größere und kostspieligere Verpflichtungen auferlegt als jeder andere, erfuhren im Etat des Auswärtigen Amtes mit Rücksicht auf Beusts Position, die Bezüge des Botschafters in London eine wesentliche Erhöhung.

Wenn nun Kaiserin Elisabeth nach England reiste um an den wilden Parforce Jagden teil zu nehmen wurde sie bei ihrer Ankunft stets von Graf Beust empfangen.

DER STURZ

Es sind nun gerade 5 Jahre, dass nach der Katastrophe von 1866 Baron Friedrich Ferdinand Beust, königlich-sächsischer Minister, von unserem Monarchen an Stelle des Grafen Mensdorff mit der Leitung des auswärtigen Amtes betraut wurde. Es geschah dies in dem großen Ministerrat, der nach dem Prager Frieden auf dem Hradschin abgehalten wurde, in welchem man sich angesichts der heillosen Verwirrung, worin die Staatskunst eines Belcredi und Esterhazy das Reich gestürzt, entschloss, die Sistierungspolitik aufzugeben. Denn der neue österreichische Minister ging von dem richtigen Grundsatz aus, dass eine erfolgreiche auswärtige Politik nur möglich sei, wenn der innere Frieden gefestigt und die Verfassung wieder in ihre Rechte eingesetzt werde. Auch erkannte er sogleich, so lange die Opposition Ungarns nicht gebrochen, dieses Reich nicht wieder durch Anerkennung seiner Verfassung und seiner historischen Stellung für die Zwecke des Staatsganzen gewonnen, sei nicht daran zu denken, dass Österreich im Rat der Mächte Europas wieder mit jenem Gewicht und Nachdruck auftreten könne, die ein Erbteil seiner Politik.

Beust erstes Auftreten in Österreich fällt also mit der Rückkehr zur Verfassung zusammen, ja er machte seine Wirksamkeit geradezu anhängig von der Einhaltung eines Verfassung mäßig Regierungssystems in beiden Hälften des Reiches.

Auf diesem Verfassung mäßigen System beruht auch der von ihm durchgeführte Ausgleich mit Ungarn, die dualistische Regierungsform, die uns zwar die bittere Pille der siebzigprozentigen Belastung, aber auch eine eine sichere Bürgschaft für Verfassung mäßige Zustände und die aufrichtige Bundesgenossenschaft der östlichen Reichshälfte gebracht hat, die erst in der jüngsten Krise ihre Feuerprobe bestanden. So war der zum Reichskanzler ernannten Barons noch fortwährend der Konsolidierung unserer inneren Verhältnisse gewidmet. Die Erneuerung unserer Verfassung im freiheitlichen Sinne unter dem Bürgerministerium, die Grundrechte, die Schul- und konfessionellen Gesetze fanden in Beust einen sympathischen Förderer und Befürworter vor dem Thron; bei der Kündigung der Konkordatspolitik treffen wir ihn unter die Genossen der Verfassungspartei. Sein Name ist unlöslich verbunden, mit allem was bei der Reform unserer Verfassung im Sinne des Fortschritts und der Freiheit erkämpft ward.

Die Gegner wussten daher sehr wohl, wen sie in Beust hassen, dem Manne, dem schon Belcredi drei Hauptgebrechen für ein gedeihliches Wirken in Österreich vorwarf, dass er nämlich ein Ausländer, ein Protestant, ein Deutscher ist.

Es hatte lange den Anschein, dass er alle Machinationen und Ränke seiner zahlreichen und einflussreichen Gegner durch seine korrekte auswärtige Politik nieder zuhalten imstande sein werde. Doch gerade das, was anderswo den fanatischen Parteihass und die persönliche Verbitterung hätte verstummen lassen müssen, machte seine Gegner nur um so wütender. Gerade der Umstand, dass er den Rachegelüsten und der damit verbundenen Abenteuerpolitik gewisser einflussreicher Kreise ist Entschiedenheit entgegen trat, dass er das unheilvolle, von langer Hand geplante Bündnis mit den napoleonischen Frankreich glücklich abgewehrt, das Reich noch jüngst von schweren Katastrophen bewahrt – Verdienste, die man in jedem Staat der Welt mit den höchsten Ehren vergelten würde. (Laibacher Tagblatt).

Am 9. November 1871 schreibt das „Fremdenblatt“: „Die Entscheidung ist erfolgt, Se Exz. Graf Beust hat heute mittags das a.h. Handschreiben erhalten, durch welches ihm in huldvoller Weise und unter voller Anerkennung der großen Verdienste, die sich der Reichskanzler um Thron und Vaterland erworben, die Enthebung von seinem bisherigen Posten als Reichskanzler und Minister der auswärtigen Angelegenheiten bewilligt wird. Zugleich wird Graf Beust zum Botschafter in London und zum Mitglied des Herrenhauses ernannt.“ Graf Beust wird sich binnen kurzer Zeit nach London begeben, von wo der bisherige Botschafter Graf Apponyi abberufen wird. Das Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten übernimmt Graf Andrassy, dessen Ernennung bereits vollzogen ist.

DER TOD

Der einstige Reichskanzler Graf Beust starb am 24. Oktober 1886 in seinem Schloss Altenberg bei Andrä-Wördern an einem Schlaganfall. Die Memoiren Beusts haben ein gewisses, nicht unberechtigtes Aufsehen erregt und es nicht unwahrscheinlich, dass hie und da einen Stachel zurücklassen mögen.

: QUELLE: Neues Wiener Tagblatt 26. Oktober 1886 S 1, Laibacher Tagblatt 10. November 1871 S 1, Vaterland 7. Februar 1871 S 1,Bild Wiener Weltausstellungszeitung 11. Dezember 1872 S 1

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