BORGIAS BETT#
„Die Stunde“ im Mai 1929 berichtet folgendes: „Nach italienischen Blättermeldungen hat sich in Florenz eine geheimnisvolle Affäre ereignet, in deren Mittelpunkt ein Prunkbett aus dem Besitz Cesare Borgias, Sohn des Papstes Alexander VI., steht.
Die Vorgänge, die sich mit diesem Bett als Hintergrund abgespielt haben, sind so furchtbar und ihre Aufklärung so grauenhaft, dass sie, wenn sie sich vollinhaltlich als richtig erweisen sollten, nach 400 Jahren Vergangenheit die Raubtiernatur des intelligentesten und grausamsten Renaissancefürsten mit kaum zu überbietender Plastik schildern. Die Vorgeschichte dieses Dramas ist folgende: Ein reicher Engländer, der in Florenz eine Villa hat, kaufte vor kurzem ein in dem Besitz eines Antiquitätenhändlers befindliches Prunkbett, das zum Haushalt Cesare Borgias gehört hat.
Der Engländer stellte das Bett in das Fremdenzimmer der Villa; das Bett ein Prachtstück von einem Möbel trug schwere Portieren und war dick mit Farbe bestrichen.
Eines Tages hatte der Engländer Gäste. Ein Gast nächtigte in dem Fremdenzimmer und als Lager wurde ihm das Prunkbett angewiesen. Am nächsten Morgen erwartete man vergeblich den Gast zum Frühstück. Als er nicht erschien, öffnete man das Zimmer und fand den Engländer tot im Bett auf.
Man schöpfte keinen Verdacht, sondern der Arzt stellte Tod durch Herzschlag fest. Kurze Zeit darauf besuchte die englische Familie ein junges, lebenslustiges Mädchen. Sie nächtigte ebenfalls in dem Prunkbett. Am nächsten Morgen fand man das arme junge Mädchen in dem geheimnisvollen Bett tot auf. Nun wurde die Familie des Engländers unruhig. Der Leute bemächtigte sich eine große Angst, man dachte an ein Verbrechen und die Sache wurde zur Aufklärung einem Detektivbüro übergeben.
Einer der Detektive logierte sich während der Nacht in dem Zimmer ein. Auch er benützte das Bett als Lager. Zum größten Entsetzen der Familie wurde auch dieser Mann am Morgen tot aufgefunden.
Alle Leute, die von den geheimnisvollen Vorgängen wussten, waren wie vor den Kopf gestoßen. Man wusste nicht, ob diese furchtbaren Todesfälle auf geheimnisvolle Verbrechen zurück zu führen waren, oder ob übernatürliche Mächte hier die Hand im Spiel hatten. Das Rätsel konnte lange Zeit nicht aufgeklärt werden. Schließlich unternahm es ein Diener des Villenbesitzers, auf den unschuldigerweise der Verdacht gefallen war, dass er da irgendwie beteiligt wäre, die Sache aufzuklären und er verbrachte die Nacht in dem Bett. Aber auch er wurde das Opfer des Bettes Borgias, denn am Morgen wurde er leblos unter den Portieren aufgefunden.
Das geheimnisvolle Bett hatte bereits das vierte Opfer gefordert- Man wusste sich nicht mehr zu helfen und sperrte das Zimmer ab. Da lam dem Villenbesitzer die Idee, einen Arzt zu Rate zu ziehen und dieser unternahm eine chemische Untersuchung der Farbe, mit der das Bett angestrichen war und der Substanzen, die sich auf den Portieren des Bettes befanden.
Diese Untersuchung hat zur Lösung des Rätsels geführt und sie hat nach vierhundert Jahren gezeigt, in welch raffinierter Weise Cesare Borgia seine Giftpraxis angewandt hat. Die chemische Untersuchung ergab nämlich, dass die Portieren und die Farbe des Bettes von einer giftigen Substanz durchtränkt waren, die, sobald jemand im Bett lag und Wärme entwickelte, giftige Dämpfe gebildet wurden, welche dem darin Liegenden töteten.
Cesare Borgia hat mittels dieses präparierten Bettes viele seiner Widersacher unschädlich gemacht. Sie wurden von ihm eingeladen und nächtigten in diesem Bett, um nicht wieder aufzustehen.
Bildmaterial: I. Ch. Graupp
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