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CHARLOTTE WOLTER#

Charlotte Wolter
Charlotte Wolter

Hietzing: Vor der unscheinbaren Villa in der Trauttmansdorffgasse drängten sich an diesem Tag des Jahres 1898 Menschenmassen . Etwas ungewöhnlich in der sonst so vornehm stillen Gegend. Das Innere der Wolter-Villa überrascht, die Ausstattung feudal, die alles enthielt das dem modernen Kunstsinn und erlesenen Geschmack entsprach und bieten konnte. Die Wände des Treppenhauses waren mit kostbaren Gobelins geschmückt, riesige Palmen die fast den ersten Stock erreichten mahnten an einen fürstlichen Wintergarten. Lorbeerkränze die an die Triumphe der Künstlerin erinnerten waren zu sehen. Im Speisesaal waren die Silberschätze gruppiert, Meißner Service und kostbare Fayences waren zur Schau gestellt. Eine Glastüre führte in das Musikzimmer das überraschend einfach gehalten war, ein glatter, brauner Flügel, ein Notenpult, ein mit Bücher gefüllter Schrank, das war alles. Als nächstes erreichte man das Toilette Zimmer, daran schloss das Schlafgemach mit dem Toilette Tisch auf dem all die benötigten Schönheitsmittel einer Künstlerin zu sehen waren, mit einem silbernen Riesenspiegel. Vage aus dem Dämmerschein nahm man die roten Möbel wahr. Auch die Kunst Makarts war auf dem Plafond zu entdecken. Im Studierzimmer war ein weiterer Makart zu bemerken, ein Genius der, das Antlitz der Verblichenen trug. Messalina, das bis heute berühmte Gemälde Makarts. Die Erscheinung der Charlotte Wolter übte stets eine große Wirkung auf Makart aus und er zählte zu ihren ergebensten Freunden.Außer ihm und Canon galten noch Tilgner, Angeli zu ihren Hausfreunden. Eine Elssler-Statuette, war zu sehen, das Lieblingsstück der Wolter. Ihr hatte sie viel zu verdanken, denn von ihr wurde sie beraten und so manche Rolle studierte die Elssler mit ihr ein, in der sie dann besonders glänzte . Auf den Weg zum Ziergarten kam man zur großen Überraschung bei einer Kegelbahn vorbei. Feiner Rosenduft von fast betäubender Wirkung erfüllte die Luft. Nicht nur herrliche Rosen in den verschiedensten Farben, auch gepflegte Beete mit Gemüse, Erdbeeren und mittendrin eine Voliere mit bunten Gefieder das aufgeregt herumflatterte. Früher gab es hier noch Hühner und einen Pfau. Das alles war nun Vergangenheit. Haupterbin war Wolters Nichte, von der sie bis zuletzt gepflegt wurde und die nun alles veräußern wollte. Die Arbeiter Zeitung bekam von einer Frau Anna St. Beamtin ein Schreiben: „Man kann der Erbin keinen Vorwurf machen wenn sie die Hinterlassenschaft verkauft,aber muss denn alles, alles, was irgend an die große Künstlerin erinnert, verschachert werden, alle Bilder, alle Fotos, damit ja nichts an die Tragödin erinnert? Was würden Freunde und Bekannte von einer Näherin oder Beamtin sagen, die, von einer Verwandten auf erzogen genährt zur Universalerbin eingesetzt wird und dafür jede Erinnerung an die Verstorbene auslöschen will? Die Wolter hatte Bewunderer in allen Kreisen, auch bei uns, ich habe mir manchen Kreuzer zusammengespart, um mir ihr Bild zu kaufen, und die eigenen Verwandten handeln so pietätlos? Sollen gerade sie den Einflüssen einer so genialen Natur entzogen sein? Makarts Messalina.Bild verauktioniert! Und wer wird es erstehen? Im Museum wäre der rechte Platz dafür, ein Doppelkünstlerwerk, aber das wird natürlich ein reicher Protz einstecken. Un die Bildnisse der größten deutschen Schauspielerin werden einen geschmacklosen Salon zieren. Im Museum könnte sich jedermann an Makarts Bild und den edlen Zügen der Wolter erfreuen, die uns so viele schöne Stunden in diesem einförmigen Leben bereitet hat. Schmuck und Möbel sollen in die Welt verkauft werden, aber die Lorbeerkränze aus Silber und die Lyra nicht. Solche Erinnerungen an Wiens größte Schauspielerin gehören nach Wien. O, wenn ich Geld hätte! …..“

Der Kunsthändler H. O. Miethke hatte die Versteigerung des Nachlasses der Charlotte Wolter, die in den Tagen vom 18. bis 21. April 1898 in der Villa stattfand, übernommen, und ein prächtig ausgestatteter Katalog mit 2000 Nummern, der mit Bilder geschmückt war, zeigten all die herrlichen Schätze die nun zu haben waren. Es wäre schön und pietätvoll gewesen, ein Wolter Museum zu schaffen, das ein bleibendes Denkmal der großen Künstlerin gewesen wäre, doch die Erbin zog es vor den herrlichen Nachlass zu Geld zu machen. O'Sullivan

Am ersten Auktionstag wurde das gesamte Mobiliar, Kunst- Silber und Bilderschätze die der Graf und seine Gemahlin gesammelt hatten, angeboten. Das Publikum etwas erstaunt, denn die Aristokratie zeigte keinerlei Interesse. Vom Burgtheater war Katharina Schratt entsandt worden. Auch jene die die Wolter stets vergötterten, waren hier nicht anzutreffen. Die Bilder gut erhalten blieben preislich sehr zurück „Charlotte Wolter als Krimhilde“ von Heinrich von Angeli erzielte 1300 Gulden,. Für die Schratt ein Vorteil die es erstehen konnte. Das bekannte Canon Bild „Wein, Weib, Gesang“ wurde mit 1050 Gulden abgegeben. Für die nächsten Bilder musste man noch viel weniger zahlen so für die Sappho nur 135 Gulden und das wertvollste Gemälde Makarts „Messalina“ erwirbt die Stadt Wien um siebentausend Gulden. Der Veranstalter der Auktion Miethke kaufte selbst das Deckengemälde „Die Tragödie“ von Makart um 2850 Gulden. Zahlreiche Gemälde blieben völlig unbeachtet. Das Porträt Wolter Schwiegervaters von Canon gemalt brachte man mit Mühe auf 140 Gulden. Und es wurde wegen des großen Rahmens gekauft. Der Gesamterlös belief sich auf achtundzwanzigtausend Gulden.

Am Nachmittag gelangten kleinere Gegenstände zu billigen Preisen zur Auktion, daher waren wieder viele Menschen erschienen, besonders zahlreich waren die Trödler vertreten, sie feilschten und überboten einander machten vom Silber eigene Preise, zogen davon noch etwas ab da es Abnützungserscheinungen zeigte, oder die Trödler so und nicht anders sehen wollten, damit der Gewinn um so höher ausfiel. Ein Deckelpokal erzielte 255 Gulden, ein Traubenpokal nur 225 Gulden und so ging es weiter. Dann ein kleiner Höhepunkt, eine silberne Lyra, das Geschenk des Burgtheaters anlässlich des Wolter Jubiläums, sie ruht auf rotem Samt Sockel und ist mit Lorbeer umwunden. Frau Schratt unter dem Inkognito Frau von Risch bot mit, es heißt, sie wolle die Lyra der unvergesslichen Tragödin um jeden Preis für das Burgtheater erwerben. Schätzwert achthundert Gulden. Bis zu 400 wurden geboten. Dann steigern nur Wenige, von 5 zu 5 Gulden. Frau Schratt geht bis zu 490 Gulden, da ertönt eine Stimme: Fünfhundert! Und Frau Schratt winkt resigniert ab, es ist zu teuer, sie verzichtet. Eine gewisse Frau Bremer konnte sich diese sichern. Wo die herrlichen Theaterkostüme die der Maler Fürst Makart für die Künstlerin entworfen hatte, aufbewahrt wurden blieb verborgen. Unter den Andenken gab es außerdem noch einen Hausaltar und einen Weihbrunn Kessel Als nächstes wurden Tafelgeräte angeboten. Hier schlugen die Antiquitätenhändler zu, bei China Silber und Alpacca Sachen kamen die Liebhaber zu ihrem Recht. Mit dem Ergebnis konnte die Erbin zufrieden sein. An diesem Vormittag wurde die Auktion fortgesetzt, zur Versteigerung gelangte hauptsächlich Theaterschmuck und Fächer. Man konnte die zahlreich erschienen Besucher im Saal kaum unterbringen. Der Theaterschmuck der Wolter war stets nach ihren eigenen Angaben stilistisch ausgeführt, und erzielte . Von 50 bis zu 150 Gulden pro Objekt. Für die Fächer wurden Preise bis zu 300 Gulden gezahlt. Den prachtvollen Jubiläumsfächer den sie von ihren Kollegen erhalten hatte, erstand Regierungsrat Hönigsfeld um 200 Gulden.

Doch die Auktion wurde nächsten Tag fortgesetzt. Dann wird es mit den Wolter Erinnerungen offiziell zu Ende gehen.

Trotz des schlechten Wetters war die Teilnahme wieder sehr groß, die Neugierde um nichts zu versäumen trieb die Menschen zur Wolter Villa. Diesmal kam die reichhaltige Bibliothek an die Reihe die Schrank weise abgegeben und brachte einen Erlös von 2165 Gulden. Es kamen Textilarbeiten, Kleinmöbel, sowie Stiche, Fotos und Lithographien zum Verkaufe. Gesamterlös des Tages betrug 11.000 Gulden. Seine Kunstsammlung hatte der Graf O'Sullivan zu Geld gemacht um für seine Frau in der ausgiebigsten Weise zu sorgen - sie wurde von Hasenauer für die kaiserliche Villa in Lainz erworben. Die Nichte heiratete später den Forstassistenten Stuhlberger in Weißenbach Im Gemeinderat kam es zu einer Debatte über den Preis des Bildes der Wolter von Makart das Bürgermeister Lueger angekauft hatte und für den Bildungsverein kein Geld vorhanden war.

Ein Jahr war es nun her, dass die größte Tragödin ihrer Zeit sowohl auch auf dem Gebiete des Trauerspiels 63 jährig an einer Nierenkrankheit verstorben war. Der Todeskampf dauerte über 50 Stunden.

Ch. Wolter
Ch. Wolter aufgebahrt
Charlotte Wolter
Ch. Wolters Heim
Wolter
Aufbahrung

Sie wurde am Hietzinger Friedhof zur letzten Ruhe gebettet, doch 1914 überführte man sie auf den Zentralfriedhof wo sie ein Ehrengrab bekam, den wunderschönen Grabstein entwarf Viktor Tilgner, einer aus ihrem Freundeskreis.

Charlotte Wolter wurde am 1. März 1833 als Tochter eines kleinen Schreibers in Köln geboren. Nach dem Tod ihres Vaters ging die Mutter eine neue Ehe mit einem Flickschuster, ein, der nunmehr für 11 Kinder zu sorgen hatte. Die Mutter war als Ankleiderin im Kölner Theater beschäftigt, wo auch die kleine Charlotte zu Hilfsdiensten herangezogen wurde und dadurch den Zauber der Bühne kennen lernte. In Meyerbeers „Prophet, hatte sie 1849 erstmalig die Chance in einer Tanzrolle als Schlittschuhläuferin auf einer Bühne aufzutreten. Mit 16 Jahren konnte sie endlich dem ungastlichen Elternhaus entrinnen. Trat im Kölner, von Franz Stollwerck 1844 gegründeten Vaudeville Konzert Theater als Choristin auf, wechselte dann ins Düsseldorfer Stadttheater. Doch ihr Traum und Sehnsucht hieß Wien, das unerreichbare Burgtheater. Eine ehemalige Burgtheater Schauspielerin gab kostenlosen Unterricht und das nützte Wolter aus. Am 25.Oktober 1857 durfte sie im Ofner Festung Theater in „Waise von Lowood“ und „Deborah“ auftreten und hatte gute Kritiken. Doch der Theaterinhaber stellte die Zahlungen ein und die Wanderfahrten begannen neuerlich und so lernte sie all die unerfreulichen Facetten fahrender Leute kennen. 1859 wurde sie von Nestroy an das Carltheater verpflichtet, da er von ihrem Talent nichts hielt, bekam sie auch nur kleine Rollen. Ihr Dasein war in dieser Zeit ein einziger Kampf mit großen Entbehrungen, Anfeindungen. Doch eines Tages wurde sie von Laube entdeckt, der sie in einer dieser kleinen Rollen gesehen hatte. Ihr klangvolles Organ und ihre edle Haltung, der vollendet schöne Kopf hatten ihn sofort sehr beeindruckt. Weniger entzückt war er von ihrer Aussprache und Satzbetonung, außerdem ihre Bewegung ließ noch zu wünschen übrig. Er verschaffte ihr ein Gastspiel in Brünn wo sie klassische Rollen bekam. Mit ihrem Spiel erregte sie alsbald Aufsehen und wurde bald darauf an das Victoria Theater nach Berlin verpflichtet, wo sie gute Kritiken bekam. Laube der seine Neuentdeckung stets im Auge behielt, konnte ihr 1861 endlich ein Gastspiel am Burgtheater verschaffen. Blätter für Musik und Theater berichten im Juni 1861 „Frl. Wolter trat vorgestern zum zweiten Male als Gast im Burgtheater auf, und zwar als Jane Eyre in der „Waise von Lowood.“. Wir stehen nicht einen Augenblick an, das Fräulein für ein tragisches Talent ersten Ranges zu erklären. Die glänzendsten äußeren Gaben, im Gesicht von edelster Bildung, ein zierlicher Körper von reinsten Ebenmass, eine umfangreiche Stimme voll Kraft und Wohlklang, dienen einer Seele voll Leidenschaft, Glut und Fantasie. Alles weist Frl. Wolter auf die große Tragödie hin, wir würden sowohl das Fräulein als das Hoftheater beglückwünschen, wenn es demselben gelänge, das Fräulein zu engagieren. Das Theater erhielte dadurch das, was es seit Jahren schmerzlich entbehrt:eine jugendliche Heldin, Frl. Wolter dafür den Wirkungskreis, dessen sie zur vollen Entwicklung bedarf und den ihr weder das Victoriatheater in Berlin – das sie verlässt -noch das Thaliatheater in Hamburg – wohin sie ihr Contract ruft – gewährten können. Der enthusiastische Beifall, mit welchem Frl. Wolters Darstellung der Waise begleitet und belohnt wurde....“

Nun hatte sie ihr Ziel erreicht, sie durfte im Burgtheater auftreten und ihr Können zeigen. Leider hatte sie noch einen Vertrag mit dem Hamburger Thalia Theater, den sie noch erfüllen musste. Gerade, jetzt wo sie am Ziel ihrer Träume gewesen wäre, musste sie im fernen Hamburg spielen, daher gab sie sich beim Rollenspiel keinerlei Mühe und trotzdem gefiel sie, und sobald sie auftrat war das Haus ausverkauft. Endlich kam sie von Hamburg los und debütierte 1862 als „Iphigenie“ im Burgtheater. Sie erhielt einen 6 Jahres-Vertrag mit einer Jahresgage von 2500 Gulden, und war nun kk österr. Hofschauspielerin.

1863 gab Wolter im Thaliatheater wieder ein Gastspiel dazu im Zwischenakt: „Über die außerordentlichen Erfolge, welche diese geniale Darstellerin im Hamburger Thaliatheater erzielt, schreibt man der Leip. Th. Chr. Folgendes:Charlotte Wolter die von Natur so reich begabte Schauspielerin das Sonntagskind der Kunst, hat ihren Einzug im Thaliatheater gehalten, dem sie in voriger Saison als Mitglied angehörte und gegenwärtig ihren gastlichen Besuch zuteil werden lässt. Eingedenk der Anerkennung welche das Publikum ihren Leistungen stets zollte, wurde sie mit allen Zeichen und Ovationen der Freude bewillkommen, umso mehr als man sie ungern von der Thalia scheiden sah, wenn schon diese kein genügendes Repertoire für ein Talent ihres Genres aufzuweisen hatte.....“ Wolter musste weiter gegen künstlerisches Unverständnis, gegen Anfeindungen der immer noch gehässigen Stimmen die sie eine Hetäre nannten und schmutzige Dinge aus ihrer Vergangenheit und ihrem Privatleben verbreiteten, kämpfen. Diese Attacken verstummten allmählich als sie am 1. Juli 1874 den Grafen O'Sullivan ehelichte, der Attache der belgischen Gesandtschaft in Wien war. Der sie nicht nur mit Reichtum großzügig verwöhnte, sondern sie auch in künstlerischer Hinsicht beriet und auf sie einwirkte. Beide schwärmten für all das Schöne der Kunst und beide huldigten dem Reitsport und waren täglich dabei anzutreffen..Charlottes Freunde wurden nun auch des Grafen Freunde, der besonders Canon zugetan war.

Charlotte Wolter wurde zur anerkannten Herrscherin im Reich der Tragödie, der tragischen Kunst darin ging sie auf, die Kritiker mussten ihren Irrtum einsehen und verstummten allmählich. Sie, die man als talentlos abgetan, war zu Ruhm und Ehren emporgestiegen und stand nun als Siegerin da. Zum Besten der Stiftung des Invaliden Fonds fand 1866 eine Preciosa Vorstellung im Hofoperntheater um die Mittagszeit statt. Das romantische Schauspiel stammt von Pius Alexander Wolff der die Cervantes Novelle Preciosa oder das Zigeunermädchen bearbeitete, in 4 Akten, Musik von Carl Maria von Weber. In Signale wurde darüber berichtet: „Vollendet was die Kostüme anbelangt, so sind darin Wolter und ihr Schneider wahre Ideale auf der Bühne je eine Dame besser gekleidet gesehen zu haben. Alles bis ins kleinste Detail ist tief durchdacht, jedes Ornament, jeder Faltenwurf das Resultat einer Studie..“ Blätter für Musik: „Wolter lieh der Preciosa edles Gepräge und fand ihren Höhepunkt in der Verfolgungsszene mit dem Hauptmann..“ Die Neue Freie Presse zu dem Stück: „Wolter hingegen sah wahrhaft malerisch aus, deklamierte und spielte effektvoll...“ Die Aufführung brachte dem Fonds 4000 Gulden.

Charlotte Wolter in der Darstellung antiker Frauengestalten blieb unübertroffen, sie war es die den antiken Faltenwurf kreierte und in der zeitgenössischen Mode tonangebend war.

Eine Wohltätigkeits-Vorstellung 1885 gab es im Carl-Theater für den Journalisten und Schriftsteller Verein „Concordia“ und es sollte die interessanteste der Saison werden. Frau Wolter wird zum ersten Mal die Pompadour in Brachvogels Drama „Narziß“ spielen . Dieses Theaterereignis gewann noch dadurch an Intensität, dass die Tragödin vom König von Bayern eingeladen wurde, um dieselbe Rolle in einer Separat-Vorstellung im Münchner Residenz Theater zu übernehmen. Wolter wird in dieselben Kostüme wie in Wien auch in München auftreten, die von Kostumier Fux gezeichnet wurden. Weitere Kollegen Wolters waren Wessely, Gabillon und Sonnenthal der der beste Narziß zur Zeit war. Die Pompadour hatte ihren Auftritt erst in der Mitte des Stückes, somit musste sich das Publikum in Geduld fassen und fieberte dem Augenblick entgegen wo der große Moment endlich eintraf. Sie wurden nicht enttäuscht, denn die Wolter war auf der vollen, sonnigen Höhe ihrer Kunst. Schon ihr erster Auftritt in welchen sie durch Krankheit das gebrochene Weib zeigt, dann das allmählich sich aufraffende, die Liebe glühende Erinnerungsworte an Narziß das überlegende Spiel mit Choiseul waren von frappierender Wirkung. Je tragischer die Rolle desto ergreifender die Künstlerin um so faszinierter das Publikum. Die Szene des Wiedersehens mit Narziß die erschütternde Sterbeszene mit einem Wolter Schrei der die Zuschauer erbeben ließ. Die Darsteller wurden mit Blumen und stürmischen Beifall gefeiert. Die Kostüme der Wolter erregten wahre Sensation. Die erste bestand aus einer Creme Robe mit bunter Stickerei-Bordure und einem blauen Atlas Tablier, die zweite aus hochrotem Brokat mit bunten Blumen, einem Pfirsich farbenen Surah-Einsatz das Tablier Tüll mit Goldstickerei. So wurde die Leserschaft des Neuen Wiener Tagblattes informiert.

Im Mährischen Tagblatt äußert sich die Hofburgschauspielerin über die Erlebnisse in Bayern bei Ludwig II. Für die Wolter war es eine mysteriöse Vorstellung mit einem Launen reichen Monarchen und dem eigenartigsten Ereignis ihrer künstlerischen Laufbahn. Zuerst wollte der König, dass Sardons Theodora in Szene gesetzt werde. Doch die Wolter hatte für dieses Stück, das viel später erst angesetzt war, ihre Rolle noch nicht gelernt. Nun wollte er, dass das Drama Narziß aufgeführt werde und befahl weiter, das alte Stück mit neuen, prachtvollen Dekorationen und in jene Zeit, in welcher es spielt, mit echten Möbeln auszustatten welche seinen Sammlungen zu entnehmen seien. Diese Separat Vorstellungen waren des Königs Leidenschaft, von dem die Öffentlichkeit keine Ahnung hatte. Er war sogar extra nach Paris gefahren um sich das Stück dort anzusehen und kam mit noch weiteren Kostbarkeiten zurück, denn die Vorstellung sollte die Pariser noch übertrumpfen, der Preis 150.000 Francs. Alles wurde von dem König streng überwacht. Dann kam es zu einem Zwischenfall, denn Wolter hatte ihre Kostüme aus München mitgebracht, doch der König wollte nicht, dass sie vor ihm in einem Kleide erscheine, welches bereits durch gewöhnliche Sterbliche applaudiert worden, während er selbst die für sie bestimmten Gewänder entworfen hatte. Der König kannte den Eigensinn der Wolter nicht, die gewohnt war in ihren eigenen Kostümen aufzutreten. Nach Verhandlungen überließ der König der Künstlerin ihren Willen. Die Vorstellung fand um Mitternacht statt, der Zuschauerraum war finster und blieb finster. Der König war nicht zu sehen. So musste die Wolter wie im Traume ihre Rolle spielen, es gab auch keinen Applaus. Sie begriff allmählich, dass der König auf diese Weise alles ferne halten wollte, was den Künstler und den Zuhörer stören könnte. Als gegen 4 Uhr Morgens der letzte Akt zu Ende und der Vorhang gefallen war, mussten die Schauspieler auf der Bühne bewegungslos verharren, denn der König würde jetzt über das Stück nachsinne, Ein Glockenzeichen verkündete ihnen, dass der König das Theater verlassen hätte. Bald darauf kam ein Kammerherr und brachte vom König ein ungeheures Bukett zugleich noch einen Schmuckgegenstand. Der König erwartete ein sofortiges Dankschreiben, egal ob die Künstlerin erschöpft war oder nicht. Die Wolter hatte den König nie zu Gesicht bekommen, er kreuzte ihre künstlerische Laufbahn wie ein unsichtbarer Schatten. Eine Geldsumme wurde ihr ebenfalls überwiesen.

Charlotte Wolter war die erste Künstlerin die mit dem goldenen Verdienstkreuz mit der Krone von Kaiser Franz Joseph ausgezeichnet wurde.

Zwischen dem Kaiserpaar und der Wolter herrschte überhaupt ein sehr gutes freundschaftliches Verhältnis. Hielten sich die Majestäten in Ischl auf, fuhren sie oft nach Weißenbach so auch die Kaiserin im September 1886 mit Marie Valerie und statteten der Hofschauspielerin in ihrem Landhaus, das sie im Vorjahr erworben hatte, einen Besuch ab. Im See gab es Schwäne die Wolter Schwäne genannt wurden.

Der nächste ungewöhnliche Auftritt der Wolter mit Kollegen der Burg fand in Kremsier 1885 statt, zur Kaiser-Entrevue. Während dieser Zeit stand Österreich-Ungarn und Russland im politischen Mittelpunkt von Europa. Die Zusammenkunft mit dem russischen Kaiserpaar wurde sehr festlich begangen, Franz Joseph wollte seinen Gästen etwas Außergewöhnliches bieten – eine Festvorstellung. Der Lehensaal des Schlosses wurde zum Theater umfunktioniert. Die Zarewna hatte den Wunsch geäußert die Wolter spielen zu sehen. So wurde Sappho dem Repertoire des Abends eingefügt. Die hohen Gäste wurden auch nicht enttäuscht, denn die Wolter spielte die Sappho mit hinreißendem Feuer und sprach namentlich die Ode mit Meisterschaft. Die russische Kaiserin äußerte sich der Schauspielerin gegenüber, dass sie sie zu sehen gewünscht hätte, da sie ihren Ruhm kenne, und bedauerte, dass man ihr nicht mehr geboten habe. Es war ein herrlicher Kunstgenuss. Auch Kaiserin Elisabeth sprach lange mit der Wolter, welcher die wärmsten“ Lobsprüche gespendet wurden. Die Kaiserin bemerkte unter anderem: „Wir sehen uns oft“ und fügte hinzu: „Schade, dass Valerie nicht da ist, sie bewundert Sie sehr“

Wolter und ihr Mann hielten sich wie jedes Jahr zu dieser Zeit in Weißenbach am Attersee auf, als der Graf schwer erkrankte. In diesem Zustand wurde er nach Wien gebracht wo er am 10. September 1888 von seinem qualvollen Lungenleiden erlöst wurde. Charlotte Wolter verlor nicht nur einen liebenden Gatten, einen verständnisvollen Freund mit dem sie Jahre inniger Gemeinschaft verbrachten Lebens führen durfte. Man teilte die Trauer mit der Künstlerin, da Kaiserhaus kondolierte in herzlichen Worten, ebenso der Adel, Gesellschaft, Kunst und Wissenschaft. Das Begräbnis, ein Ereignis von seltener Pracht. Der Freund des edlen und kunstsinnigen Menschen, Sonnenthal hielt die Grabrede. Charlotte Wolter war außer sich vor Schmerz und zog zu einer Freundin auf den Kahlenberg. Im Testament riet ihr der Verstorbene sie möge weiter ihrer Kunst treu bleiben, denn nur diese wird sie über seinen Tod hinwegtrösten.

Allmählich tauchten die ersten Mütter Rollen auf, mit diesen konnte sie sich allerdings nicht recht anfreunden.

Die geniale Künstlerin die ihre Anhänger mit ihrer Darstellung begeisterte und erschütterte war in 114 Stücken, 1764 mal im Burgtheater aufgetreten, und wurde mit einer Fülle von Ehrungen und Auszeichnungen überschüttet....

Quellen: Charlotte Wolter, Berta Niederle, Österr. Ill. Zeitung 11. Juni 1922, S 12, Neue Ill Zeitung 26. Oktober 1873, S 1, Vorarlberger Volksblatt, 20. Juni 1879, S 2, Bilder /Zeitungen,Das Interessante Blatt 24. Juni 1897, S 5

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