DANTE#
Florenz und Ravenna bereiten sich zu einem großartigen Fest vor. Dante Alighieri 700. Todestag soll festlich begangen werden. Die Urne des großen Dichters befindet sich in Ravenna in der Kirche San Francesco und der Bürgermeister von Florenz bemüht sich vergeblich, dass ihm die Urne Dantes ausgefolgt wird.
Zur Dante Feier im Mai 1925 war folgendes über Dante zu lesen: Am 30. Mai jährt sich der Tag von Dantes Geburt, der am 30 Mai 1265 in Florenz seine Erdenlaufbahn begann. Sein Name ist von der Gemahlin seines Urgroßvaters Cacciagnida auf ihn übergegangen. Sie gehörte dem germanischen Geschlecht der Aldiger an, war eine Aldighiera, woraus Alighieri wurde. So hatte Dante auch nordisches Blut in den Adern und gerade diese Mischung des südlichen und nordischen Elementes mag ihm seine dichterische Eigenart gegeben haben. Die Zeit, in welcher Dante geboren wurde, stellt ihn gleichsam auf die Schneide zwischen zwei Welten. Die großen Kulturströmungen des Mittelalters waren an das Ende ihrer Wirksamkeit gelangt. Eine neue Zeit kündigte sich an. Dante vereinte noch einmal in sich all das Große, das die Kultur des Mittelalters geschaffen hatte: die Philosophie der Scholastiker, die poetische Stellung der Frau, wie sie die Minnesänger besangen, die architektonische Einstellung auf Maß und Zahl, wie sie aus den Kunstwerken der mittelalterlichen Dome spricht. Zugleich aber verkörpert Dante die Ideen einer neuen, demokratisch eingestellten Zeit, bricht mit der Gepflogenheit der Gelehrten, Latein zu schreiben; er drückt sich in der Volkssprache aus und ist bemüht, weiten Kreisen „populär“ die Wissenschaft seiner Zeit mitzuteilen. In seiner Art, dichterisch zu gestalten, scheint er die ganze reiche Entwicklung der Bildhauerei und Malerei der Renaissance vorzubilden. Weit über seine Zeit hinausschauend, träumt er von einem geeinigten Italien, von einer im Frieden geeinigten Welt, in welcher die Forderungen der idealen Demokratie erfüllt wurden. Die Bürger dieser Idealmonarchie gewähren einander dadurch, dass ein jeder recht und gerecht handle, gegenseitig die persönliche Freiheit und sämtliche Menschenrechte. Dante erhoffte sich im deutschen Kaiser den Einiger und Organisator dieses Zukunftsstaates, wurde aber Natur gemäß enttäuscht, da er nicht mit den Dingen rechnete, wie sie sind, sondern wie sie sein sollten.
Schon früh, 18 Jahre alt, trat Dante vor die Öffentlichkeit. Es geschah dies nach einer zweiten Begegnung mit Beatrice, die neun Jahre vorher einen so tiefen Eindruck auf den Knaben gemacht hatte. Ein Liebestraum begeisterte ihn zu einem Sonett, das er mit der Kühnheit der Jugend an die bekanntesten seiner Dichter Zeitgenossen mit der Bitte um Deutung sandte.
Dantes Lebensweg schien vorgezeichnet. Er stammte aus einer wohlhabenden Familie. Wohl hätte er als ehrsamer Wollhändler in seiner politischen Partei groß werden und als einer der ersten Bürger seiner Vaterstadt unangefochten, reich , und befriedigt seine Tage beschließen können, Aber seine Veranlagung bereitete ihm ein edleres und ein leidvolleres Los. Zunächst starb die Erweckte seiner Jugendsehnsucht, Beatrice. Dann zwang ihn eine bessere Überzeugung, sich von ererbten politischen Anschauungen los zu sagen.
Dafür musste er 1362 in die Verbannung ziehen. Sein Haus wurde von seinen Gegnern zerstört. Doch rettete die mutige Gemahlin Dantes die Reste des Vermögens für ihre Kinder, indem sie in Florenz blieb und die guten Verbindungen ihrer Familie ausnützte. Das zerstörte Haus wurde wieder aufgebaut und steht in dieser Form heute noch.
Dante selbst musste als unsteter Wanderer herumirren, die Gastfreundschaft hoher Gönner in Anspruch nehmend. Einer von ihnen war Can Grande della Scala der Herr der schönsten Stadt Verona, des „Bern“ der altdeutschen Sage, in deren Bauten sich nordischer Ernst und südliche Heiterkeit die Hände reichen. Dort schrieb Dante den ersten Teil seines großen Werkes: die Hölle . Den dritten aber, das Paradies, verfasste er in Ravenna, wo er die letzten Jahre seines Lebens zubrachte. Seine Gemahlin sandte ihm die inzwischen herangewachsene Tochter Beatrice dahin. Sie pflegte den Vater getreulich bis an sein Ende und zog sich dann in das Kloster Santo Spirito zurück. Noch jetzt erinnert eine „Via Beatrice Allighieri“ an sie.
1483 wurde über Dantes Grabstätte der kleine Tempel errichtet, der heute noch steht. Damals entstand auch das Relief über seinem Sarkophag vom Bildhauer Lombardi. Florenz forderte wiederholt Dantes Reste, aber die Ravenna gaben sie nicht heraus. Die Mönche des angrenzenden Klosters von San Francesco nahmen sogar insgeheim diese Reste aus dem Sarkophag und verbargen sie. Als im Jahr 1865 Vorbereitungen für die 600jährige Wiederkehr von Dantes Geburtstag getroffen wurden, stießen die Maurer in der Wand in der benachbarten Kapelle auf ein Holzkistchen. Die lateinische Inschrift lautete: „Dantes Gebeine von mir, Frater Antonio Santi, hier beigesetzt am 7. Oktober 1677“. Eine Eröffnung des Sarkophags ergab, dass derselbe leer war. Das Holzkistchen barg also Dantes Reste.
Im Jubiläumsjahr 1865 und zur Zeit, da sich Dantes Todestag 600 mal jährte, 1921, hatte man dem Dichter viele Denkmäler errichtet.
Aber der Dichter selbst hat sich durch sein Werk ein weit lebendigeres Denkmal gesetzt, das namentlich im italienische Volk, bei Gebildeten und Ungebildeten bekannt ist. Der große Dichter gehört allen Völkern aller Zeiten.
Quelle: Radio Wien. M. Pokorny /ÖNB. https://austria-forum.org/af/User/Graupp Ingrid-Charlotte/DANTE -- >Zurück zur Übersicht über alle Beiträge