DAS WELFENSCHLOSS#
Gmunden, die zauberhafte Kurstadt an den Gestaden des Traunsees, mit ihrer herrlichen Umgebung, den zahlreichen Schlösser und Villen, Zeugen einer interessanten historischen Epoche, zählt zu den schönsten Gegenden des Salzkammergutes.
Aus dem Grün der Hügellandschaft grüßt im historistischen Baustil die einstige Residenz der Welfen. Das stolze Wahrzeichen des alten Geschlechtes auf österreichischen Boden, ist eine weitere Sehenswürdigkeit dieses Umlandes.
Ein Stück Geschichte des fürstlichen Hauses wurde mit dem kulturgeschichtlich interessanten Boden des Salzkammergutes verbunden, seitdem sich das Hannover Königshaus 1868 in Gmunden niederließ. Sie bezogen die im Jahr 1838 errichtete Villa Thun die sie später käuflich erwarben und noch immer in ihrem Besitz ist.
Schuld war der preußisch-österreichische Krieg im Jahr 1866, eine kriegerische Auseinandersetzung zwischen dem Deutschen Bund unter Führung Österreichs einerseits, und Preußen und dessen Verbündete andererseits, sowie die Unzulänglichkeit der Waffen auf Österreichs Seite die entscheidend war. Da das Königreich Hannover treu an Österreichs Seite gekämpft hatte, musste König Georg V., nach der Kapitulation seine Heimat verlassen. Kaiser Franz Joseph nahm die Heimatlosen als Dankbarkeit für ihre Treue in sein Reich auf. Zunächst flüchtete der Welfenhof nach Wien in die hannoveranische Botschaft. Später übersiedelten sie nach Hietzing in die Villa Braunschweig, dann in das Kaiserstöckl im Park des Schlosses Schönbrunn und schließlich 1870 in das Haus Lothringen in Penzing, das gegenüber dem Schloss Schönbrunn gelegen war und das später in „Palais Cumberland“ umbenannt wurde. König Georg V., war seit seinem 13. Lebensjahr blind und starb schwer leidend in Paris 1878.
HERZOG von CUMBERLAND
Sein Sohn Ernst August nahm 1878 den Titel Herzog von Cumberland an, entlehnt ist dieser Titel nach einer bergigen und seenreichen Grafschaft von England. Im selben Jahr vermählte er sich mit Prinzessin Thyra, der Tochter des Dänenkönigs Christian IX., Das Paar bezog zunächst 1879 die Villa Clusemann, heute Landesmusikschule. Hier wurden auch 5 ihrer 6 Kinder geboren.
In den Jahren von 1880 bis 1882 erwarb Herzog Ernst August die Bauerngüter „Bucherleitensolde“ und Jodl im Eck“, darauf entstand nun das Welfenschloss. Die Gründe lagen nur 80 Meter über dem Krottensee
Wenn auch der Herzog von Cumberland im Exil leben musste, legte er großen Wert auf eine Residenz mit prunkvollen Räumlichkeiten, die die Bedeutung seiner Familie zur Geltung bringen sollte . Daher wurde der Architekt Ferdinand Schorbach um 1882 damit beauftragt im schönen Salzkammergut ein dementsprechendes repräsentatives Schloss zu errichten, der durch den Hofbaurat Rundspaden ausgeführt wurde.
Der neugotische Bau ist einflügelig mit mehreren Türmen und Erkern und sehr steilen Dächern und befindet sih in einem großen Park mit altem Baumbestand und einem Brunnen. Beim Bau wurden hauptsächlich Kalkstein sogenannter Traunsee Marmor aus Ebensee und Sandstein verwendet. Das Obergeschoß besteht aus Ziegelfachwerkbau. Ein weiteres Baumaterial war Granit aus Schärding und verschiedene Sandsteinarten. Das Stiegenhaus mit einer breiten, geschwungenen Treppe war besonders prächtig ausgeführt mit polierten Marmorsäulen, sowie die Kapitelle und Sockel ebenfalls aus Marmor
Damit begann für Gmunden eine glanzvolle Zeit, sie diente als Kulisse glanzvoller Feste und Familienfeiern da die Beziehungen des Königshauses von hier zu fast allen europäischen Fürstenhöfen aufgenommen wurden und regierende Souveräne in Gmunden ab nun ein und aus gingen. Fürstliche Geselligkeit erfüllte die weiten Hallen der Residenz. Sie waren für Gmunden ein besonderer Wirtschaftsfaktor und Arbeitgeber und zeigten sich als großzügige Mäzene. Der Hofstaat bestand meist aus 200 Angestellten.
Auch Kaiser Franz Joseph versäumte es nie, anlässlich seines Ischler Sommer Séjours auf Schloss Cumberland Besuch abzustatten.
In der sogenannten Panzerkammer wurde nicht nur der Welfen Schatz, die Königskrone und eine umfangreiche Münz- und Medaillensammlung sicher untergebracht.
DAS SCHLOSS
Das Schloss Cumberland bestehend aus drei Stockwerken wurde zu einem Profanbau der Gotik, der seinesgleichen sucht. Trotz der Wucht des Gebäudes ist durch die vielen Türmchen, Erkern und Balkone eine reizvolle Linie im Gesamteindruck entstanden. Es entsprach ganz dem Geschmack des Schlossherrn der ein begeisterter Anhänger des gotischen Baustils war.
Betritt man das Innere, so vertieft sich durch Wölbung und Kreuzgang der Eindruck eines mittelalterlichen Baues. In sehr kluger Weise wurde bereits damals viel Licht eingelassen.
An den Wänden befanden sich Waffen der hannoverschen Armee, die sich bis zu Eingang in das Stiegenhaus fortsetzen, dort teilweise auch englischen Ursprungs waren, ebenso, Kanonen und Trommeln sieht man, deren eine aus dem Siebenjährigen Krieg stammte. Waffensammler fanden hier seltene Stücke. Die Wände des Stiegenhauses zierte eine Teppichmalerei, in der die Distel, das Kleeblatt und die Rose als heraldische Figuren des Wappens verwendet waren. Freistehende Säulen geben ihm eine architektonisch fesselnde Linie. Die Stiege endet in der Jagdhalle. Der Herzog war ein großer Nimrod. Die Trophäen seiner Beuten sind stilvoll zwischen ornamentalem Ranken und Darstellungen von Episoden aus dem Jägerleben geordnet.
Angeschlossen daran sind die persönlichen Wohnräume des Herzogs. Frühgotischer Stil ist durch Anlage und Ausstattung zu nachhaltiger Wirkung gebracht, sie hat die Wohnlichkeit und Gemütlichkeit der Räume nicht stören können. Auffallend der Majolika farbige Ofen trägt Jagdbilder; an den Fenstern sind Motive aus dem Jagdleben in bunter Glasmalerei; jedes Möbelstück ist dem Gesamteindruck untergeordnet, Miniaturen , Bilder und Bücher beleben diese Räume, die im Geiste des Besitzes zum Beschauer, sprechen. Die denkwürdige Schlacht von Langensalza, in der das Geschick des welfischen Hauses besiegelt wurde, darunter zwei Tambourmajor-Stöcke, sind geschichtliche Reliquien. Bedeutend im Schreibzimmer die großen Porträts von König Georg und Königin Marie.
Die große Halle, der Festraum des Schlosses, deren Fenster nach Stichen von Marian von Carl de Bouché in prächtiger Glasmalerei geschichtlich bedeutende Schlösser und die Stammburg Ravensburg festhält. Die Halle ist in Zweistock Höhe ausgebaut, ein Säulengang mit Doppelspitzbogen scheidet den Hauptraum von der Hallenpassage , Waffen der Jahrhunderte zieren Wandteile, darunter diese Stücke von Seltenheitswert, deren orientalische Stücke wohl noch vom Kreuzzug der Ahnherren herrühren. An den Wänden waren Bilder die wie Gobelins wirkten. In ihnen sind die großen geschichtlichen Ereignisse des Hauses der Welfen festgehalten. So war darunter die Rettung Friedrich Barbarossas durch Heinrich den Löwen im Jahr 1155 an der Tiber Brücke zu bemerken. Die Belehnung des Ahnherrn mit Bayern 1156 durch Barbarossa. Die Rückgabe der Ostmark durch Heinrich an den Kaiser, der den Babenberger Heinrich Jasomirgott belehnte. Die Kaiserkrönung des Sohnes Heinrichs des Löwen, Otto Puer, durch Papst Innozenz. Otto Puer empfängtdas Reichslehen Braunschweig-Lüneburg. Die Teilung des welfischen Erbes zwischen den Brüdern Albrecht und Johann bei Quedlinburg 1267. Vermählung Herzog Wilhelm d. J. mit Prinzessin Dorothea von Dänemark. Herzog Georg zieht in seine künftige Residenz Hannover 1686 ein. Verleihung der Kurwürde an Herzog Ernst August durch Kaiser Leopold in Wien. 1692 Kurfürstin Sophie empfängt die englischen Sukzession Akte usw. Die Bilder stammten von Maler Klein aus Düsseldorf. Auch Statuen wie Heinrich des Löwen und des Kurfürsten Ernst August vom Schöpfer des Andreas Hofer Denkmals am Berg Isel, den Tiroler Bildhauer Natter, Büsten des Königs Georg V., und der Prinzessinnen Mary und Friederike von Hannover von David. Die Farben der Polstermöbel sind blaurot, die Ecken zieren die Wappen der Erbländer und sind von den Damen des Hofes selbst angefertigt.
Das Speisezimmer war im Stil der deutschen Renaissance gehalten, die hohe Täfelung hatte rot gebeizte Füllungen, die große Kredenz schwarze Beschläge mit Kupferverzierungen. Der behagliche Kachelofen zeigt eine Darstellung der fünf Sinne nach dem Vorbild aus dem Nürnberger Germanischen Museum.
In den Schränken der kleinen Bibliothek befinden sich Bücher der namhaftesten Autoren. Wieder sehr schöne Bilder zu sehen. Das Musikzimmer enthält Prachtgemälde, die Königin, die Prinzessinnen, die von Kaulbach und Stieler herrühren.
Ein außergewöhnlichen Schatz befindet sich im Salon der Herzogin Thyra. Außer dem blauen Kamin, gab es noch eine Keramikuhr, zwei Vasen und zwei Standleuchter die aus einer Porzellanmanufaktur aus St. Petersburg stammten und heute noch vorhanden sind.
Die Herzogin Thyra war eine leidenschaftliche Musikliebhaberin, lud oft die großen Musiker ein, besondere Vorliebe hatte sie für Johannes Brahms, der wiederholt Konzerte im Festsaal des Schlosses gab.
Im zweiten Stock erwarten den Besucher das Rosenholzzimmer deren Einrichtung einen unschätzbaren Wert repräsentiert, diesmal mit Gemälden von L'Allemand, eine weitere Sehenswürdigkeit ist das kostbare chinesische Zimmer, das von origineller Pracht war. Der wundervolle Kamin, die hohen Vasen und die gesamte Ausstattung hatte eine ganz besondere Wirkung. Es stammt aus der Erbschaft des Herzogs Wilhelm von Braunschweig aus dem Hietzinger Palais. Anschließend reihten sich noch Gästezimmer mit vornehmer Ausstattung.
In diesem Stockwerk ist der erlesene, berühmte welfische Silberschatz zur Aufstellung gekommen.Ein großer Aufsatz mit Pferd ist das Landesgeschenk Hannovers zur Silberhochzeit seines Königspaares Georg V., und Marie von Hannover, die das Königspaar in Wien feierte, wohin ein ganzer Extrazug der Hannoveraner abging. Fünfzehn Stücke der Silberkammer waren hier, von denen jedes einzelne an Schönheit und Kostbarkeit der Ausführung eine Sehenswürdigkeit darstellt.
1904 war das Schloss bereits mit elektrischer Beleuchtung ausgestattet. Auch über einen elektrischen Personenaufzug verfügte man.
Wie jedes Schloss besitzt auch Cumberland eine Kapelle, das Altargemälde aus der berühmten Schule von Lucas Cranach wurde durch ein Holzkreuz ersetzt. Es finden katholische Messen statt.
Etwas abseits gab es die nötigen Stallungen mit 30 Pferden und die Wagenremisen
Außer dem Schloss Cumberland erwarben sie noch weitere Grundstücke wie das Schloss Mühlwang, die Villen Weinberg, Clusemann und Hausherr. Diese Besitzungen wurden nach dem Zweiten Weltkrieg wieder verkauft.
Der Sohn des Herzogs von Cumberland lernte in Berlin die einzige Kaisertochter Viktoria Luise kennen, 1913 wurde geheiratet. 1918 war dann die Deutsche Monarchie ebenfalls zu Ende. Das junge Paar reiste nach Gmunden ins Exil und bezog mit den Kindern ohne Hofstaat und ohne Apanage die Villa Weinberg. Dort führten sie ein sehr bescheidenes Leben und mussten sogar Teile des Welfenschatzes verkaufen. 1933 konnten die Familie wieder in ihr Schloss Blankenburg und später auf ihr Stammschloss Marienburg zurückkehren.
Nachdem zwei der Prinzessinnen verstorben waren und 1923 dann auch der Schlossherr folgte. Sie fanden in der Welfen Gruft ihre letzte Ruhe, wurde es um die Herzogin mit Prinzessin Olga immer stiller, auch die wirtschaftlichen Verhältnisse hatten sich gleichfalls verändert und hatten dem fürstlichen Haus große Verluste gebracht so beschloss die Hausherrin Schloss Cumberland musealen Zwecken zuzuführen.
So erhielt Gmunden 1930 mit dem Haus- und Familienmuseum des Welfen Schlosses einen ganz besonderen Anziehungspunkt.
1933 zog der Hofstaat aus Gmunden wieder ab, weil die Hannoveraner einen Prozess gegen den deutschen Staat zur Teilrückgabe ihrer Besitzungen gewonnen hatten. Außerdem war Herzogin Thyra in diesem Jahr gestorben, Ihre Tochter Olga im Jahr 1958.
1939 errichteten die Nationalsozialisten im Schloss eine „Gauschulung Burg“ die von Gauleiter Eigruber offiziell eröffnet. 1940 bis 1945 diente das Gebäude als Kriegslazarett.
Schloss Cumberland wurde 1956 offiziell an die Republik Österreich verkauft. Besitzerin war bis zu diesem Zeitpunkt die griechische Königin Friederike.
Nach dem Zweiten Weltkrieg übernahm die Republik Österreich das Schloss , von 1947 bis 1972 diente es als TBC-Krankenhaus. 1973 wurde der Pflegebetrieb als Landes-Pflegeanstalt aufgenommen, seit 1979 ist die Liegenschaft in Landesbesitz, da laufend große Ausbau-und Erneuerungsarbeiten im Ausmaß von mehr als 5 Millionen Schilling durch das Land Oberösterreich durchgeführt worden waren.
Die wertvolle Inneneinrichtung ist in der Zwischenzeit verschwunden. Nur noch die Kachelöfen, Waldverkleidungen, Verglasungen, Fenster und Türen sind geblieben und zeugen von der einstigen Pracht.
Zahlreiche Namensbezeichnungen in Gmunden erinnern noch an die historische Vergangenheit der Cumberlands.
Quellen: Salzkammergut Zeitung 1. Juni 1930 S 19, Die Stunde 13. August 1931, ANNO Österreichische Nationalbibliothek, Bilder aus meiner Sammlung, und freundlicherweise vom Kammerhofmuseum zur Verfügung gestellt, Ortschronik
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