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DER GEIZTEUFEL#

Lotto
Baron Sothen

Die Nachricht von der Ermordung des Baron Sothen verbreitete sich in der Stadt wie ein Lauffeuer und hatte unter der Bevölkerung Wiens großes Aufsehen hervorgerufen, denn er war eine der populärsten Figuren der Stadt und der ehemalige Lotto-Kollektant vom Hofe, welcher es bis zum Millionär und Baron gebracht hatte. Der 59 jährige Sothen war von seinem Förster Hüttler aus Rache erschossen worden. Dieses Ereignis war nun für mehrere Tage Gesprächsthema für die Bewohner Wiens. Mitunter war auch Schadenfreude zu erkennen, denn der reiche Sothen war als äußerst geizig bekannt, ein unheimlicher Wucherer und vor allem ein Leuteschinder, der seine Untergebenen immer mit unerbittlicher Strenge und rücksichtsloser Härte behandelte.

Selbst beim Brot, das sie dem „Gesinde“ verkauften, erzielten die Sothens Gewinn. Wurde nicht die ganze Milch in der Stadt verkauft, zog man der zuständigen Magd etwas vom Lohn ab. Mags auch in kaiserlichen Wäldern erlaubt gewesen sein: Am Cobenzl war Holz sammeln zum Heizen selbst für seine Leute verboten.

Eine für Sothen charakteristische Geschichte ist die folgende: Seine großen wilden Hofhunde zerfleischten in Folge einer Fahrlässigkeit, für welche der Baron jedenfalls verantwortlich war, das Kind eines seiner Leute in furchtbarer Weise. Baron Sothen ließ sich dazu herbei, den Eltern 100 Gulden als Schmerzensgeld zu zahlen, womit der Vater sich befriedigt erklärte, da er ihm zugleich eine lebenslängliche Anstellung mit 300 Gulden jährlich als Haustischler versprach. Indes schon nach einem Jahr fand Baron Sothen, dass es doch weniger Tischlerarbeit habe, als er selbst gemeint und reduzierte den Mann auf 200 Gulden.

Er, der Millionär, blieb den Bediensteten sogar Geld schudig z.B. dem Förster den der große Katholik Sothen schikanierte, weil er in „wilder Ehe“ lebte. Von dem kargen Lohn konnte sich Hüttler die Formalitäten einer Heirat nicht leisten. Von seinen vier Kindern hatten nur zwei im Winter Schuhe.

BIOGRAFIE

Sothen wurde am 15. Mai 1823 in Wien geboren. Aus kleinen Verhältnissen stammend arbeitete er sich zum ersten Kollekteur Wiens und später zu einem reichen Großhändler und Bankier empor. Die Familie Sothen stammte aus Duderstadt bei Göttingen, die zum Erzbistum Mainz gehörte. Im Zuge des Wiener Kongresses kam Duderstadt zum Königreich Hannover, und als Carl Friedrich Sothen 1818 in Wien heiratete, waren Edmund von von Sothen, ein deutscher Edelmann aus dem Reich, und Henriette geb. Sothen als Eltern angegeben. Henriette Sothen war am 4. Oktober 1834 in Grinzing Nr 6 verstorben.

Die Sothen Lotto Kollektur Am Hof im Palais Collalto war seinerzeit die beliebteste Promessen- und Los-Verkaufsstelle. Als dann Sothen eine förmliche Wechselstube am Graben errichtete, die dann an die Handelsbank und von dieser an die Unionbank überging, in deren Besitz, hatte Sothen einen solchen massenhaften Zuspruch des Publikums, dass sein Vermögen von Jahr zu Jahr wuchs und aus dem Lotto Kollektanten am Hof ein Bankier und Millionär ersten Ranges wurde.

Seit einigen Jahren hatte Sothen nachdem er in der Gründungsepoche wider seinen Willen in allerhand misslichen Spekulationen verwickelt worden war und dabei einen ansehnlichen Teil seines Vermögens verloren hatte.

Gruft
Elisabeth Kapelle

ELISABETH KAPELLE

In der Öffentlichkeit präsentierte er sich als Wohltäter, oder vielmehr aus Geltungssucht, wollte er eine ausgezeichnete Verbindung zum Kaiserhaus hegen um eventuell zu Orden und Ehrungen zu kommen. So ließ er anlässlich der Vermählung Kaiser Franz Joseph und Elisabeth 1854 am Himmel eine Elisabeth Votiv Kapelle nach den Plänen des Architekten Johann Garber durch den Baumeister Josef Kastan erstehen. Die dann am 31. Juli 1856 feierlich eingeweiht wurde. Dieses kleine Gotteshaus zeichnet sich durch seinen rein gotischen Stil aus, den wir leider bei so vielen großen Bauwerken der Neuzeit vermissen. (Theaterztg). Gleichzeitig war die Elisabeth Kapelle das Mausoleum für Sothen und Gemahlin.

Bei der Renovierung der Kapelle stieß man auf die Überreste von Sothen. Die Gebeine wurden exhumiert und neben der Kapelle bestattet.

Auf einer Wiese vor der Kapelle prangten viele Fahnen in den Bundesfahnen, und es waren daselbst drei Pyramiden mit dem österreichischen und mit dem bayerischen Wappen und dem kaiserlichen Adler aufgestellt. Etwas näher dem Portale befand sich eine mit zahlreichen Fahnen geschmückte Tribüne und dieser zur Seite waren zwei Zelte aufgestellt. In der Kapelle selbst war ein reich verzierter und mit dem Porträt Ihrer Majestät der Kaiserin geschmückter Baldachin von rotem Damast für die höchsten Gäste angebracht. Im Giebel des Portales prangte mit vergoldeten Lettern der Name Ihrer Majestät der Kaiserin. Die Stiege zum Portal war mit Blumen ausgeschmückt.

Bei der Funktion zelebriert der hochwürdige Herr Abt Adam vom Stift Klosterneuburg unter Assistenz von zehn Geistlichen.

Die ausgezeichnete Musikkapelle des Infanterie Regiments Don Miguel spielte nach der Anrede des Herrn Sothen die Volkshymne und begleitete während der Messe das Kirchenlied „Wir werfen uns darnieder“.

Hochzeit
Franz Joseph und Elisabeth

Bei der Schlussstein Legung hielt Herr Sothen eine Rede.in der er auf ein Dokument hinwies das zu unterzeichnen er wünschte.

Das Dokument lautete: „Zur Erinnerung an die Vermählung Ihrer k. k. Apostolischen Majestäten des Kaisers Franz Joseph I., und der Kaiserin Elisabeth Amalie Eugenie, erbaut von Johann Karl Sothen, bürgerlicher Handelsmann und Inhaber der goldenen Salvator-Medaille und der großen Ehrenmedaille und seiner Gattin Franziska – Eingeweiht am 31. Juli 1856.“

Darauf brachte Herr Sothen die nachstehenden Lebehoch Rufe aus, die unter klingendem Spiel und Böllerschüssen mit Begeisterung aufgenommen wurden.

Nach der Schlusssteinlegung folgte die Einweihung wobei die Geistlichkeit und die Gäste um die Kapelle zogen.

Außer den Herrn Architekten Garber haben sich um den Bau und die Ausschmückung der Kapelle noch verdient gemacht. Der Stadtbaumeister Joseph Kasten, Professor Kuppelwieser, der das Altarbild. Die hl. Elisabeth, Landgräfin von Thüringen darstellend, gemalt hatte; der Werkführer Herr Kratochwill, der den Bau ausgeführt, die Herren Wasserburger, Lobmayer, Neuberth usw. Die Zinkverzierungen sind aus der Eisengießerei der Firma Gottschalk & Lindstett.

Nach der Feier veranstaltete Herr Sothen ein glänzendes Diner, wobei die Militärkapelle spielte.

Da das Wetter äußerst günstig war, kamen zahlreiche Besucher um diese neue Sehenswürdigkeit zu bewundern.

Im Jahre 1859 gründete er zu Gunsten der verwundeten Krieger der österreichischen Armee und der Wiener Freiwilligen, zur Geburt Rudolfs, die Kronprinz Erzherzog Rudolf Stiftung mit einem Kapital von 98.050 Gulden in Grundentlastungs-Obligationen. Im Jahr 1866 widmete er ein Kapital von 115.350 Gulden den Invaliden des Offiziers- und Mannschaftsstandes vom Feldzug dieses Jahres.

In Würdigung dieser humanitären Akt wurde ihm durch den Kaiser das goldene Verdienstkreuz mit der Krone und von der Kommune Wien die große goldene Salvator Medaille verliehen. Der Herzog von Sachsen-Meiningen zeichnete ihn mit dem Meiningen Freiherrnstand aus. Lange Zeit jedoch konnte er die Anerkennung dieses Titels in Österreich nicht durchsetzen. Erst in den Sechziger Jahren brachte die Wiener Zeitung die Meldung, dass ihm gestattet worden sei, sich des Freiherrntitels zu prävalieren. Seiner entschieden klerikalen Gesinnung hatte er es zu danken, dass Papst Pius IX., ihn mit allen seinen Orden bedachte, und in der Mitte der Siebziger Jahre wurde er wiederholt als klerikaler Kandidat für den niederösterreichischen Landtag genannt.

Zur Zeit des wirtschaftlichen Aufschwunges zedierte er sein Geschäft der Wiener Handelsbank, in deren Verwaltungsrat er eintrat. Nach dem Ausbruch der Börsenkrise, von der er empfindlich betroffen wurde, zog er sich gänzlich von den Börsengeschäften zurück.

In der Stadt hatte Baron Sothen eine elegante Wohnung in der Wallnerstraße 2 mietweise inne, welche im Sommer Nachmittags und Nachts versperrt zu sein pflegte. Vormittags kam der Baron fast jeden Tag zwischen 9 und 10 Uhr in seiner bekannten, mit zwei Rappen bespannten Equipage vom Cobenzl herein, um in seiner Stadtwohnung Besuche zu empfangen, Briefe zu schreiben oder geschäftliche Fahrten zu verrichten. So war er auch vorgestern hier und äußerte gegen den Hausbesorger, er werde auch morgen wiederkommen; wenn irgend jemand nach ihm frage, so möge der Besucher ein wenig warten, da er sich sehr bald einstellen werde. Auch äußerte er sich dahin, dass er morgen den Kauf eines Palais auf der Wieden abschließen werde.

Am Graben, Ecke der Bräunerstraße das durch den Promessen Vertrieb und durch eine Riesenreklame viel genanntes Haus Sothen.

Sein Grundbesitz wurde ebenfalls im umfangreicher. So hatte er den herunter gekommenen Waldgasthof am Krapfenwaldl angekauft und es stattlich herrichten lassen. Weiters darf er sich Schlossherr nennen, denn das Schloss Belle Vue am Cobenzl hatte er von Reichenbach um 130.000 Gulden erworben.

Sothen war in Wien bekannt durch seine auffallende Korpulenz. Die fettleibige Gestalt mit dem unförmlichen Gesicht, auch in der vornehmen, feinen Gesellschaft kannte man ihn, denn Sothen besaß seine Loge im Burgtheater und erschien in früheren Zeiten auch viel bei Prozessionen und kirchlichen Feierlichkeiten.

Jörgl berichtet über Sothen folgendes: „ schätzensHerr Sothen ist eine bekannte Wiener Persönlichkeit – er gehört zu den Frommen, is reich und sehr dick. Dadurch wird er ein höchst schätzenswertes Objekt für die Karikatur Zeichner der Witzblätter, denn es gibt für die geistig Armen, denen sonst nix einfällt, keinen billigeren Gspaß, als einen zu zeichnen,der ein großen Bauch oder ein Buckel oder ein Kahlkopf hat. Ein Vernünftiger lacht über so was, und Herr Sothen war ebenfall so vernünftig, darüber zu lachen. Aber nun kommt etwas, wo sich der Gspaß aufhört.

Eine Person, die im Kopf oder wenigstens im Gedächtnis schwach sein muss, eine Frau Albrecht, bildet sich auf einmal ein, dass sie mit einem Loos des Anleihens von 1860, das sie den Haupttreffer gemacht hat und verlangt das Geld von Sothen. Sothen zeigt ihr, dass ihr Loos noch bei ihm deponiert ist, und dass sie keinen Haupttreffer gemacht hat. Die Frau machte daraufhin eine Anzeige.

Jörgl glaubt an die Ehrlichkeit Sothens. Das Landesgericht hat nun selber eine kompetente Erklärung gegeben: Frau Albrecht hat das Loos mit dem Haupttreffer nicht, denn die Emission besitzt eine hohe Persönlichkeit in Brünn.

Weil ich es als für meine Pflicht eines ehrlichen Journalisten halte, einen Mann, der durch die Journale so ungerecht verdächtigt wurde, auch wieder bei der Herstellung seiner Ehre beizustehen..(Der arme Jörgl)

Auch das Wiener Salonblatt fühlte sich bemüßigt, Sothen, diesen Wohltäter, der so viel für Wien tat, in Schutz zu nehmen. Sie alle waren von seiner Güte geblendet. Das wollte er auch damit erreichen.

1874 wurde über Sothen und die Handelsbank berichtet: „Der gewesene Lottokollektant und Tabaktrafikant am Hof, gegenwärtig Eigentümer des „Himmels“ und anderer schöner Gegenden und Orden, Johann C. Baron Sothen, war es berufsmäßig gewohnt, seinen Kunden „starken Tabak“ zu bieten. Was der durch seine Fasching Dienstags Lotterien berühmt gewordene Freiherr jedoch als Verwaltungsrat der Handelsbank und als Leiter der Wechselstube dieses verkommenen Institutes geleistet, wie er es mit Aufwendung all seiner Routine Welt gelobten Geschäftskenntnis dahin gebracht hat, einem Institut, welches eigentlich den Produkt- und Warenverkehr als hervorragenden Geschäftszweig hätte betrachten sollen, einen durch leichtsinniges und verständnisloses Gebaren verursachten Schaden von zirka 3 ½ Millionen Gulden zuzufügen – und steht im Geruch des – höheren Schwindels.

Wien
Laden am Hof

Man muss entweder an die Unzurechnungsfähigkeit derjenigen Verwaltungsräte, welche seinerzeit den famosen Vertrag mit Herrn von Sothen eingegangen, zweifeln, oder aber man muss wirklich daran glauben, dass der gottesfürchtige Baron, von höheren Mächten inspiriert, einen eigenen unwiderstehlichen Zauber besaß, um Geistes gesunde, unabhängige Männer zu solchen Stipulationen zu begeistern.

Cobenzl
Meierei

Man würde es für unmöglich halten, wenn die Existenz dieses fabelhaften Vertrages nicht durch die in der General Versammlung vom 28. Mai bekannt gewordenen Detailbestimmungen und mündigen Mitteilungen einiger Verwaltungsräte konstatiert wäre, dass dem Baron Sothen die oberste Leitung der Wechselstube, wo er sich als Herr und Gebieter fühlte, und dem Verwaltungsrate der Handelsbank Eintritt und Einsicht verschloss auf zehn Jahre übertragen war, dass ihm ein Anteil von 97 Prozent des Reingewinns der Wechselstube als Verkaufspreis gewährt wurde, dass Baron Sothen nur am Gewinn ein Anteil habe, und nicht an den Verlusten, und dass trotz der schweren Verluste, welche die Bank namentlich durch die von Herrn von Sothen zerleitete Wechselstube erlitten, mit ihm doch ein Vergleich abgeschlossen werden musste, wenngleich derselbe gegen eine von der Handelsbank geleistete Barzahlung im Betrag von 200.000 Gulden auf alle ihm aus dem Vertrag zustehenden Ansprüche verzichtete.

Wie der Verwaltungsrat Hochstetter nochmals betonte war Baron Sothen ausschließlich nur die Leitung der Wechselstube übertragen worden. Baron Königswarter war derjenige der Sothen vorgeschlagen hatte.

Es bedurfte langer Verhandlungen, bis Sothen in die Lösung des Vertrages gegen eine Barentschädigung von 200.000 Gulden einwilligte während er einen Prozess gegen die Handelsbank führte und deren Kapital verwirtschaftete.

Sothen
Schlosshotel Cobenzl

Sothen pflegte sich zur Heuernte vor das Scheunentor zu stellen und die Heulast die von den Knechten und Frauen herbeigeschleppt und eingebracht wurden, genau abzuzählen, er konnte zufrieden sein, denn die Leute gingen gar oft mit der vollen Last durch das hintere Tor der Scheune wieder hinaus ums Haus herum an dem neuen Gutsbesitzer nochmals vorbei in die Scheune hinein.

Später machte er sich die Kontrollen bequemer. Von einem hohen Beobachtungsposten aus verfolgte er die Arbeiten seiner Leute mit einem Fernrohr und einem riesigen Schalltrohr trieb er sie zu größerem Fleiß an.

Seine Frau war nicht viel besser, eine hantige die gleich mit der Reitgerte zuschlug wenn sie mit jemanden unzufrieden war. Noch im Jahr 1932 beschäftigte sich die Zeitschrift „Kuckuck“ mit Sothen und wusste nur Böses über ihn zu berichten:

„Sothen ist das seltsamste Ungeheuer das den Wiener Boden jemals getragen hatte. Er war der Teufel des Geizes in Person. Ein problematisches Subjekt an allen Ecken und Enden das seine Rolle in der österreichischen Finanzgeschichte gespielt hat, denn er erfand das Lotteriespiel und Promessen und Raten Briefe. Er war der König des ägyptischen Traumbuches, und dieses Traumbuch hat den Grund zu dem Reichtum des Barons gelegt der keinerlei Talente , keinerlei Gaben besaß, sondern durch ein dummes Glück befähigt wurde, ohne einen Finger rühren zu müssen,von der Albernheit der anderen . Menschen leben zu können. Er selbst hat in seinem Alter erzählt, dass bereits in den vierziger Jahren ihm das Promessen Spiel monatlich 20.000 Gulden ein brachte und er hat auch bei seinem Tod 2 ½ Millionen Gulden im barem Gelde hinterlassen. Wem? Der Kirche, denn seine Frau die Universalerbin, hat das Geld nach dem Tod, wie sie ihm versprechen, dieser vermacht. So kam die Kirche zu einem, wie unsere Großväter überzeugt waren unrechten Gut, denn in den fünfziger, den sechziger Jahren sprach alle Welt davon, dass Sothen sich den Grund zu seinem Vermögen in der Zeit gelegt, als es noch keine Telegraphen gegeben. Da konnte man zum Beispiel in Wien, wenn um 12 Uhr mittags in Linz gezogen wurde, noch bis zum Abend beim Sothen Nummern setzen, und und man raunte, er habe in allen Orten, wo Ziehungen waren, Vertraute gehabt, die ihm mittels Brieftauben sofort, die gezogenen Nummern schickten, die er dann selbst bei sich setzte. Dann habe er wieder analphabetische alte Weiber beschwindelt. Wenn sie einen Ambo oder Terno gemacht, selbst ihr Geld eingestrichen, kurz, es gab keine Schlechtigkeit , keine Gemeinheit, die man dem Sothen nicht zugetraut hätte.

Aber zeit seines Lebens war er immer ein treuer Sohn der Kirche, führte in erster Linie die finanziellen Angelegenheiten des hohen Klerus und wurde deshalb auch vom Papst mit einem wahren Regen päpstlicher Orden überschüttet. Zur Zeit der Reaktion und des Konkordats stellte er sich ausgezeichnet mit den Machthabern errichtete eine Reihe von militärischen Stiftungen und obwohl er im gesellschaftlichen Leben Wiens keine Rolle spielte, war Sothen ein großer Mann. Seine Angestellten ritterten vor ihm, war doch bezeichnender Weise in seiner Wechselstube vorgeschrieben, dass sämtliche Beamte am Abend beim Weggehen ihm und seiner Frau die Hand zu küssen hatten. Völlig ausleben aber konnte sich Sothen erst auf seinem Gut Cobenzl. Spricht man heute in Grinzing mit alten Leuten, so kann man noch immer absonderliche Geschichten über die damalige Cobenzl Wirtschaft erfahren. Sothens Geist schlug hier die absurdesten Kapriolen. Zur Erntezeit saß er zum Beispiel mit einem Marinefernrohr auf dem Balkon des Schlosses und beobachtete seine Schnitter. Wischte sich einer den Schweiß ab, ruhte sich einen Moment aus, flugs tat Sothen auf der neben ihm liegenden Lohnliste einen Strich, und man machte dem Betreffenden bei der Auszahlung einen Abzug, so dass der elende Taglohn von 40 Kreuzer mitunter auf 10 bis 20 Kreuzer sank. Unter solchen Umständen war es nicht verwunderlich, dass Sothen von allen seinen Angestellten höllisch gehasst wurde, und als eines Tages ein Spenglermeister, der für eine Dachreparatur 100 Gulden zu fordern hatte, mit denen er unzählige Male vertröstet worden war, Sothen in seinem Zimmer ohrfeigte, kam kein Mensch dem Baron zu Hilfe, so verzweifelt er .auch schrie.

Fasst man alles zusammen, was von diesem Leben bekannt geworden ist, so muss man sagen, dass hier einer der legendären Geizhälse aus den Balzac Romanen wahrhaftige Fleisch und Bein geworden ist, und der grotesk schauerliche Ausgang des Lotteriebarons passt so gut zu seinem Leben, dass man die abgerundete Komposition, die sich das Schicksal einmal hier geleistet, bewundern muss.

Sothen lebte wie ein Mönch. Er und seine Frau kannten keine geselligen Vergnügungen, keinerlei Genüsse. Ihr Tisch war erbärmlich, ihre Kleidung gewendet und wenn sie aus dem Geschäft im Fiaker auf das Schloss kamen, saßen schon allerlei Nonnen da, mit denen Andachten und Exhorten gehalten wurden. Fortwährend trug Sothen den Rosenkranz in der Tasche,das Wort Gottes im Munde, die Bosheit im Herzen.

Eines schönen Tages trat nun der Förster des Barons, Eduard Hüttler, als der Geizhals seinen Morgenspaziergang machte, trat er auf ihn zu und bat mit zitternder Stimme um Gehaltserhöhung 30 Gulden und 50 Kreuzer hatte er im Monat und dazu fünf Kinder . Aber da kam er bei dem Baron an den Rechten.

„Ist er besoffen“ pfauchte ihn der Dicke puterrot im Gesicht an. „Er Saukerl! Traut sich so eine Frechheit und lebt mit einem Mensch! Ja was glaubt er denn ! Hinausschmeißen werd ich ihn! Morgen früh muss das Häusel leer sein von den fünf Bankerten!“ Und er hob den Stock gegen den Verzweifelten. Daraufhin ging er zum Meierei Gebäude zurück.

Meierei
Tatort

Hüttler wusste sich nicht mehr anders zu helfen und passte die Gelegenheit ab um ihn zu erschießen. Dann lief er nach Grinzing zur Polizei um sich zu stellen.

Der Schwurgerichts Prozess gegen ihn gestaltete sich zu einem der aufsehen erregendsten und meist diskutierten Kriminalereignis jener Zeit.

Hüttler wurde des Mordes schuldig gesprochen, das Urteil auf Tod durch den Strang. Doch Kaiser Franz Joseph begnadigte den Mörder zu einer 12 jährigen Kerkerstrafe.

Als die Zeitungen über die Not der Familie des Försters berichteten, sammelten die Wiener Geld und in drei Tagen waren einige Zehntausend Gulden beisammen und das Schicksal der Kinder gesichert.

Ein Leichenbegängnis wie das, des Baron Sothen hatten man seit Menschengedenken nicht erlebt. Nicht etwa wegen seiner Pracht und des Prunk, denn hier wurde das Beste und Schönste aufgeboten. Außer den nächsten Verwandten hatten sich keine Trauergäste eingefunden. Das Volks von Wien hatte sich erhoben. Die Leser des Ägyptischen Traumbuches kamen, die Lotterieschwestern, die Wallfahrer zum Agnesbründl, all die kleinen Leute, die bittere Tränen über die fünf Kinder vergossen, keine aber über den Geizteufel.

Zu Tausenden zogen sie seit dem Morgengrauen durch Grinzing. Aus ganz Wien kamen sie zu Fuß – der Stellwagen vom Hof nach Grinzing fuhr nur jede Stunde -, marschierten zum Schloss hinauf, hielten den Weg zum Himmel besetzt. Die Polizei schätzte auf 20.000 Menschen.

Sie waren in erbitterter Stimmung. Alle Wiesen waren überfüllt, alle Felder zertreten, und die Straße zum Himmel war von einem dichten Spalier gesäumt. Auf den Bäumen hingen Trauben von Menschen, die abwechselnd Spottlieder sangen oder sich mit Ziehharmonika spielen die Zeit vertrieben. Als die Einsegnung in der Schlosskapelle zu Ende war, konnte sich der Trauerzug erst in Bewegung setzen, als berittene Polizei einen Weg durch die Massen gebahnt hatte. Die Erbitterung war so groß, dass die Witwe in ein versperrtes Gemach in Sicherheit gebracht werden musste.

Dieser Anlass war für sie eine elementare Massendemonstration gegen den Toten Von allen Seiten hagelte es Schimpfworte, Pfiffe, Flüche, Erdschollen polterten auf den Sarg. In den zeitgenössischen Polizeiberichten heißt es, dass noch nie ein so schrecklicher und einmütiger Ausbruch der Volkswut in Wien zu, bemerken gewesen sei. Bei der Grabkapelle angelangt, machten die Leute Miene den Leichenwagen umzuwerfen. Im letzten Augenblick konnte die Polizei das verhindern und Sothen wurde schnell in der Gruft beigesetzt. Für all diese Leute war es ein Freudentag.

Am 9. September 1886 brannten am Cobenzl 3 Scheunen.

Am 1. April 1891 starb die Baronin Fanny Sothen.

Anschließend fiel der gesamte, einige Zeit verlassene Grundbesitz an die Allgemeine Holländisch-österreichische Baugesellschaft die 1896-1899 nach Plänen von R. Miksch das Schloss in ein Hotelrestaurant umgestalten ließ und als Schlosshotel Cobenzl bekannt war.

Unter Bürgermeister Karl Lueger wurde der Besitz 1907 von der Gemeinde Wien angekauft, am 8. April 1910 an Julius Kühn und Ludwig Täuber verpachtet und sodann 1912 durch Erbauung eines Cafe Pavillons und der Volksgastwirtschaft Krapfenwaldl zu einem großstädtischen Etablissement und Ausflugsort umgestaltet.

1925 wurde in die Elisabeth Kapelle eingebrochen. Die Gruft blieb unversehrt.

QUELLE: Wiener Sonn- u. Montags Zeitung 29. März 1869, Wr, Allgemeine Zeitung 11. JUni 1881, Ill. Kronen Zeitung 27, Oktober 1925, S 3, Pettauer Zeitung 1. April 1891, Der Reporter Mai 1874, Der Salon 28. August 1870 S 199, Bilder: ANNO Österreichische Nationalbibliothek

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