GEFÄHRLICHE TRIFTEN#
Wie die Neuen Tiroler Stimmen am 5. August 1875 berichten wird in der Gemeinde Brandenberg demnächst ein Gebiet zum kaiserliches Jagdgebiet werden. Das, so hoffen die Brandenberger wird sehr zur Hebung der Nordtiroler Jagd beitragen. Es sind bereits 14 Jäger dort angestellt worden.
Kaiser Franz Joseph soll von der Ruhe und besonders von der Schönheit des Gebietes sehr beeindruckt gewesen sein.
Besonders interessierte er sich an der Brandenberger Ache für das gefährliche Schauspiel der Holztrift, die er mit seinem Gefolge direkt miterleben konnte.
Seit dieser Zeit wird das Gebäude und die Klamm, als Kaiserhaus und Kaiser Klamm tituliert.
„Neben der „grünen Mark“ ist es wohl in erster Linie Tirol welches alljährlich einer der Hauptziele kleinerer oder größerer Reisen bildet für all jene, die nach Monate langen Mühen das Bedürfnis fühlen, Auge und Gemüt an den Schönheiten unseres Berglandes zu erfreuen und zu erfrischen. Und doch besitzt auch Tirol noch Gegenden, die trotz ihrer ganz eigenartigen Reize dem Fremdenverkehr noch fast unerschlossen und der Allgemeinheit unbekannt geblieben sind. Ein derartiges Gebiet ist das Brandenberg Tal, welches sich von der Station Rattenberg Strecke Kufstein, Innsbruck nordwärts in einer Länge von acht Wegstunden bis an die bayerische Grenze erstreckt und von der Brandenberger Ache nach seiner Hauptrichtung durchzogen wird.
Der Grund, warum Brandenberg bis heute ein vergessener Erden Winkel geblieben, liegt wohl hauptsächlich in der allerdings etwas unbequemen Verbindungen mit den Verkehrsmitteln des Unterinntales, und es sorgt ein steiler, primitiver, den modernen Anforderungen geradezu hohnsprechender Saum Weg, welcher die Verbindung mit dem bei Rattenberg gelegenen Ort Kramsach bildet, dafür, dass es auch vorläufig, in der nächsten Zukunft wenigstens, noch nicht viel anders werde.
Brandenberg, ein auf einem Hochplateau bei 920 Meter Seehöhe freundlich gelegenes Gebirgsdorf, ist der Sitz einer k.k. Forst- und Domänenverwaltung, deren Bezirk sich bei einem Flächen Raum von rund 10.690 ha beiderseits der Brandenberger Ache bis an die Landesgrenze erstreckt, von welcher Fläche 8.352 ha auf Waldboden, 240 ha auf landwirtschaftliche Gründe und 2.098 ha auf unproduktiven Boden und kahles steiniges Gelände entfallen. Wie diese Zahlen schön andeuten,haben wir es nicht mit einem wildromantischen „Steinhaufen“ zu tun, wenngleich dem Bezirk auch derartige Reize durchaus nicht mangeln, sondern wir begegnen in herrlichen Hochgebirgslagen Beständen, wie sie das waldreiche Mittelgebirge der Nordländer Österreichs nicht schöner aufzuweisen vermag, und deren Nutzbarmachung unter Beihilfe der außerordentlich günstigen Trift Verhältnisse der Ache ungeahnte Erfolge brachte. Der Trift selbst dienen gegenwärtig sechs größere und mehrere kleinere Schwellwerke, deren größtes, die Erzherzog Johann Klause, einen Fassungsraum von 223.000 m³ besitzt und die als Hauptklause den Anfall des Bezirkes von rund 25.000 Fm Nutz- und Brennholz auf die ärarische Legstätte Kramsach zu bringen hat.
Die erwähnten günstigen Trift Verhältnisse zeigten bisher jedoch noch immer einen empfindlichen Mangel, indem die Trift Strecke von der Erzherzog Johann Klause Bach abwärts in einer Länge von 6,5 km nicht begehbar war, was den Trift Betrieb bedeutend erschwerte und verlangsamte, abgesehen davon, dass das Forsthaus bei diesem Schwell Werk und der gleichnamige, ungemein betrieb reiche Schutzbezirk wegen dieses Mangels nur durch eine weite Umgebung der felsigen Bachufer über ein 1.100 Meter hohes Gebirgs Joch nach ermüdendem Marsch erreicht werden konnte. Insbesondere war es die am Südende des in Rede stehenden Trift Streckenteil gelegene sogenannte Kaiserklamm, eine etwa 800 Meter lange Schlucht, deren senkrechte, bis 100 Meter hohe Wände nur an einzelnen Stellen das Einsteigen kühner Trift Knechte gestatteten, an langen Seilen schwebend, besorgten die erfahrensten Holzknechte hier das Lösen der entstandenen Verklausungen, in steter Lebensgefahr und unter Erfordernis von Arbeits- und Kraftleistungen, die nicht jedem zugemutet werden konnten.
Als daher das Aerar im Jahr 1894 Erlass vom 19. November 1894, eine in besondere Aktion zur Beschaffung der für größere Neubauten erforderlichen Kredite einleitete und demzufolge die k.k. Forst- und Domänenverwaltung Brandenberg von der k. k. Forst- und Domänen Direktion Innsbruck den Auftrag behielt, für den Bezirk ein Bauprogramm über alle jene Arbeiten zu verfassen, welche an der Brandenberger (und Steinberger) Ache für Schaffung günstiger und rationeller Trift Verhältnisse notwendig sind, stellte der k. k. Forst- und Domänen Verwalter Hermann Veith an die Spitze des Programms die Ansage eines Trift Steiges, welcher beginnend beim k. k. Forsthaus Erzherzog Johann Klause, durch das „Gemäuer“ und die Kaiser Klamm führend, seine Ausmündung beim k.k. Forsthaus und Hospitze Kaiserhaus finden sollte. Er hatte die Genugtuung, für diesen Vorschlag die Genehmigung zu erhalten, und unternahm auf Grund der bereits im Jahr 1897 gemachten Vorstudien im April 1898 die Trassierung und Abstecken des Steiges. Nicht selten mit eigener Lebensgefahr, oft am schwebenden Seil hängend beendete er in kürzester Zeit diese äußerst mühevollen Arbeiten und sah sich Mitte Mai durch die ober behördliche Genehmigung seines Pojektes von den schwierigen Teil – die Ausführung der Bauarbeiten – gestellt, mit welcher in der Kaiserklamm mit 20 Rotten Mineuren zu je zwei Mann begonnen wurde.
Aber es sollte nicht so alles nach Wunsch und Willen gehen. Außergewöhnlich ungünstiges Wetter erschwerte und verlangsamte den Fortschritt der Bauarbeiten, und ein durch ihre geringe Eignung nötig gewordener Wechsel eines Teiles der verwendeten italienischen Mineure wirkte weiters verzögernd. Trotzdem wurden die Arbeiten ohne Unterbrechung und mit aller Energie weiter geführt und Mitte September war die Durchbrechung des Weges in seiner ganzen Länge beendet, obgleich auch die Natur selbst sich der Ausführung entgegengestellt hatte; denn in der Kaiserklamm erforderte die stellenweise ungünstige Schichtung des Felsens das Sprengen bedeutend größerer Massen, während andererseits der brüchige Kalkstein der Felspartien des Gemäuers dem Dynamit zwar geringeren Widerstand bot, dafür aber auch nur geringe Schusswirkungen erzielt wurden. Obwohl der Trift Steig als dem solcher in seinem ganzen Verlauf seinem Zwecke entspricht, wird erwähnt, dass er in seinem schwierigen Teil, der Kaiserklamm, am vollkommenen ausgestaltet ist, wie es ja dem tatsächlichen Bedürfnis auch entspricht. Als Beleg hierfür und zur Veranschaulichung, dass diese Anlage neben ihrem eminent wirtschaftlichen und praktischen Zwecke unserem Auge auch Naturschönheiten besonderer Art bietet.
Durch die Anlage dieses Trift Steiges wurde einem längst gefühlten Bedürfnis eines der ertragreichsten Verwaltungsbezirke des Staatsbesitzes Rechnung getragen, seine durch seinen Hauptzweck und die Verkehrserleichterung mit dem Schutzbezirk Erzherzog Johann Klause bedingte günstige Einwirkung auf sämtliche Betriebsarbeiten macht sich gegenwärtig bereits geltend. Die Anlage Kosten mit 14.440 Gulden können nicht doch genannt werden, insbesondere wenn man hierbei erwägt, dass die Durchbrechung der 800 Meter langen Wegstrecke durch die Kaiserklamm allein fast 10.000 Gulden beanspruchte, hier ist der Steig durchwegs auf die bequeme Breite von 0.8 – 1 Meter hergestellt. Während er in den Felspartien, des Gemäuers mit zusammen rund 2500 Meter Länge im Mittel 0.5 Meter breit ist. Jene Teilstrecken, welche durch Uferauen verlaufen, sind mit einer Breite von 1 – 3 Meter bis auf einige unbedeutende provisorische Wegteile in äußerst vollkommener und bequemer Weise in das Ganze des Baues eingefügt und zeigen in großer Abwechslung Natur- und Bestandsbilder von reicher Schönheit, so dass der Gesamteindruck der ganzen Anlage nicht nur den Forstmann sondern auch jeden Freund der Berge und des Waldes vollauf befriedigen muss.
Hinsichtlich des Kostenaufwandes für die Ausführung sei im Nachstehenden noch einiges hinzugefügt. Die schweren Felsarbeiten in der Kaiserklamm und in einem Teil des Gemäuers wurden durch einen Unternehmer im Accord ausgeführt, welcher für die von seiner Mannschaft geleisteten 41.192 Arbeitsstunden einen Verdienstbetrag von 9689.38 Gulden erhielt. Sein Materialverbrauch betrug außerdem 3080.62 Gulden, wovon rund 2150 Gulden auf die Beschaffung des nötigen Dynamits entfallen 1360 kg zu 1.80 Gulden, während der Rest den Ankauf von Zündhütchen, Zündschnüren, sowie Holz- und Steinkohlen für die Reparatur der Werkzeuge betrifft, welch letztere in einer eigenen Schmiede vorgenommen wurde. Mehr als 10.000 Sprengschüsse bahnten den heutigen Trift Weg in seinen schwierigsten Teilen und es mag besondere Erwähnung finden, dass bei diesen Arbeiten, trotz ihrer Gefährlichkeit, kein ernstlicher Unfall sich ereignete. Die leichter zu bearbeitenden Teilstrecken wurden in Regie mit einheimischen Arbeitern hergestellt; die diesbezüglichen Ausführungen betrafen leichtere Sprengungen, Erdgrabungen und Dammaufschüttungen, sie erforderten bei einem Taglohn von 1.30 – 1.50 Gulden, einen Aufwand von1670 Gulden, wovon 1555 Gulden auf Arbeitslöhne und 115 Gulden auf den Materialverbrauch entfallen, in welch letzterem Betrag 67.50 Gulden für 37.5 kg Dynamit (300 Sprengschüsse enthalten sind). Aus der beiläufig ermittelten Masse gesprengten Felsens berechnen sich die Kosten für 1 m³ Tag Sprengungen mit 2.50 Gulden, während 1 m³ Tunnel Sprengung auf rund 10 Gulden zu stehen kam.
Die Wasserwirtschaftszeitung brachte 1909 folgende Kurzmeldung: "Brandenberger Ache, vor kurzem beging eine größere Kommission die Strecke zwischen Kramsach und Kaiserklamm. Es handelt sich um die Durchführung von Verhandlungen betreffend mehrfacher Projekte der k. k. Eisenbahnbau Direktion Wien und des Herrn Roman Vogler in Brixlegg zur Ausnützung der Wasserkräfte der Brandenberger Ache."
QUELLE: Österr. Fordt und Jagd Zeitung 23. JUni 1899 S 195, ANNO Österreichische Nationalbibliothek, Bildmaterial I.Ch. Graupp
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