HOFKONZERT#
Christine Nilsson, das auf Gastspiel in Wien weilende berühmte Nordlicht wurde der Ehre teilhaftig von den in Budapest Hof haltenden Majestäten geladen zu werden um am Abend des 16. Jänner 1877 im kleinen Cercle die illustre Gesellschaft durch ihren Gesang zu ergötzen.
Die Künstlerin, die in Begleitung ihres Gemahls Mr. Rouzeaud erschienen war, wurde vom kaiserlichen Paar auf freundlichste empfangen und als eine Fürstin des Gesanges mit Auszeichnung behandelt. Es entspann sich bald eine Koversation, die meist in französischer Sprache geführt wurde.
Die Kaiserin bemerkte , dass Frau Nilsson das an der Wand befindliche Porträt der Erzherzogin Marie Valerie mit großer Aufmerksamkeit betrachtete und begab sich alsbald in die anschließenden Appartements, um kurz darauf mit der Prinzessin zurückzukehren.
Auf die allerhöchste Aufforderung begann nunmehr die Sängerin ihre Vorträge mit der Romanze aus „Mignon“: „Kennst du das Land“ auf welche zwei schwedische Volkslieder folgten. Mit lebhaftem Interesse verfolgten die hohen Herrschaften deren Vortrag und zeichneten die Sängerin wiederholt durch Beifall aus. In der Pause konversierte der Kaiser mit der Sängerin in freundlichster Weise. Zu Herrn Dunkl, dem Klavierbegleiter gewendet meinte der Kaiser, dass es nicht einfach sein müsse, eine so große Künstlerin zu begleiten, die sich so manche überraschende Freiheiten gestattete. Nach der Pause setzte sich die Künstlerin selbst an das Klavier und trug noch weitere schwedische Volksmelodien vor, die mit lebhaften Beifall aufgenommen wurden.
Ihre Majestäten drückten der Künstlerin wiederholt ihre Anerkennung aus, und der Kaiser sprach der Sängerin sein Bedauern darüber aus, dass er sie nicht auf der Bühne gesehen habe, er hoffe indessen die Sängerin demnächst in der Wiener Hofoper hören zu können.
Die Kaiserin, welche die Konversation zumeist in englischer Sprache geführt hatte, überreichte der Sängerin zum Zeichen ihrer Anerkennung ein prachtvolles, mit Saphiren besetztes Armband und gab dabei ihrer Befriedigung in den Huld vollsten Worten Ausdruck; Herrn Dunkl sprach der Kaiser seinen besonderen Dank für die Mitwirkung bei dem Konzert aus. Um halb 9 Uhr war die Produktion zu Ende und die kleine Künstler-Gesellschaft verabschiedete sich von den allerhöchsten Herrschaften unter den ehrenvollen Beweisen der Anerkennung.
Bald darauf wurde der Sängerin vom Kaiser der Titel „Kammersängerin“ verliehen.
Christine Nilsson wurde 1843 als achtes Kind, armer Eltern in einem Dorf in Südschweden geboren. Bereits im zwölften Jahr erregte Christine durch ihre schöne Stimme großes Aufsehen; ein Herr Thornerhjelm, der sie mit ihrem Bruder auf dem Marktplatz singen hörte, nahm sie in sein Haus und sorgte für ihre erste Ausbildung, Später kam sie nach Stockholm, und Paris, wo ihr der berühmte Gesangslehrer Wartel den Weg zur Bühne bahnte. Im Jahr 1864 wurde sie auf zwei Jahre unter sehr bescheidenen Bedingungen für das Theatre lyrique engagiert und debütierte als Violetta in einer ihrem Wesen nicht entsprechenden Rolle mit gutem Erfolge. Bald aber erregte sie, als Königin der Nacht und Martha, allgemeine Aufmerksamkeit und wurde für die große Oper engagiert, wo sie die Ophelia in der Oper „Hamlet“ von Thomas kreierte. Mit dieser Rolle war der glänzende Ruf der Nilsson entschieden, wie sie, und nur sie allein dem Werk den großen Erfolg zugewendet hatte.
Wem verdankt Wien den Besuch der „schwedischen Nachtigall?“ Man weiß, dass Frau Christine Nilsson sich lange genug überlegt hatte, ehe sie den Entschluss gefasst, die große Musikstadt an der Donau heimzusuchen. Wie man uns von gut unterrichteter Seite mitteilt, ist es die Fürstin Pauline Metternich, welche die Sängerin zu dieser Kunst Reise bewog. Die Fürstin war es auch, die das Zustandekommen des Konzertes zu danken ist, das kürzlich im Carl Theater stattgefunden. Dieses Konzert ist bekanntlich zu Gunsten der Poliklinik arrangiert, des Institutes, das sich der Gegnerschaft der hiesigen Gemeindevertretung in so hohen Grade zu erfreuen hat. Überzeugt von der Nützlichkeit der Anstalt gab sich die Fürstin nicht eher zufrieden, bis das Konzert gesichert war, das der Poliklinik wohl mehr eingebracht haben dürfte, als die ganze Jahres Subvention beträgt, welche die Kommune derselben gewidmet hat.
Fürstin Pauline Metternich ist es auch gelungen, die Direktion des Carl Theaters in die Hände des Herrn Matras zu spielen. Dazu gehört aber mehr als das Wohlwollen und die Protektion selbst einer Fürstin, und zwar einer so einflussreichen Fürstin, wie Pauline Metternich, dazu gehört außerdem – Geld. Auch das nun wird durch die Fürstin beschafft werden, die einen hiesigen Bankier für die Sache zu interessieren gewusst hat.
Quelle: Zeitungsinformation der ÖNB
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