JOSEF LECHTHALER#
Als Sondererscheinung im Reigen der Tiroler Kirchenkomponisten muss Josef Lechthaler bezeichnet werden. Die Kirchenkunstpflege sollte vom Kirchenboden aus den Anschluss an das allgemeine Musikleben der Gegenwart gewinnen. Und sein Versuch ist ihm, sieht man von einem noch begreiflichen jugendlichen Überschwang in der Verwendung, der neuen rhythmischen, harmonischen und orchestralen Ausdrucksmittel ab, ausgezeichnet gelungen. Der sich auf den originalen Choralmotiven aufbauende Maria Himmelfahrts-Introitus für vierstimmigen gemischten Chor, Orgel und Orchester führte, trotzdem das Ringen des Chores wie des Orchesters mit dem ungewohnten Stil stellenweise bemerkbar war, zu gewaltigen Steigerungen und hinterließ einen erhebenden Eindruck.... Reichspost 1919.
Am 21. März 1920: Mit einem von Kardinal Fürsterzbischof Dr. Piffl unter feierlicher Assistenz zelebrierten Pontifikalamt fanden die Klemens Maria Hofbauer Jubiläums Feierlichkeiten in der Kirche Maria am Gestade in Wien ihren solennen Abschluss. Bei diesen Anlass kam eine neue, zu Ehren des Heiligen komponierte Festmesse von Josef Lechthaler zur Erstaufführung.
Lechthaler, der mit kleinen Kompositionen unter anderem auch sich im Kirchenkonzert der Tiroler Musikwoche bereits Beachtung verdient und mit seinem neuesten Werk zweifellos sein Meisterstück geleistet hat, ist ehemaliger Absolvent der kirchenmusikalischen Abteilung und zählte damals bereits zu den hoffnungsvollsten Kirchenmusikern. Er schöpft für seine Kirchenkompositionen aus den Ausdrucksmitteln unserer Zeit ein Prinzip, das uns nicht nur das allein richtige, sondern auch als das jederzeit von der Kirche genehmigte erscheint. Palestrina und Orlandus Lassus und seine großen Zeitgenossen waren damals zumindest ebenso modern revolutionär wie heute etwa Richard Strauß.
Über das Werk kann bei einmaligem Hören Nartur gemäß, noch kein erschöpfendes Urteil abgegeben werden. Im allgemeinen zeigt sich eine bestimmte Sicherheit in der Ausdrucksweise. Aus den zahlreichen Einzelschönheiten sei der inbrünstige, sich zur großen Intensität des Ausdruckes steigende Flehruf des Kyrie hervorgehoben, von dem sich in schöner Gegensätzlichkeit das Christus Motiv abhebt. Feierlicher Schwung durchzieht das Gloria...
Eine besondere Aufgabe hat Lechthaler der Orgel eingeräumt. Sie hat nicht nur zu begleiten, sondern tritt den Singstimmen ebenbürtig zur Seite. Vielleicht überschätzt hier der junge Komponist die Leistungen eines Normalinstrumentes, das wohl kaum konkurrieren kann mit der lebendigen Ausdruckskraft eines Orchesters..
Reichspost 15. März 1926; Symphoniekonzert des Akademischen Orchester Vereines. Dieses leider nur schwach besuchte Konzert brachte als effektvollen Abschluss die Aufführung des großen Chorwerkes „Wächterlied“ von Josef Lechthaler, dem feinfühlenden, hochbegabten, vielleicht nur allzu bescheidenen Tonkünstler, der in der Vertonung des Kernstock Textes aller Schablone aus dem Wege geht und in dem musikalischen Aufbau und der interessanten Instrumentierung des Werkes Eigenartiges und Bedeutendes geschaffen hat. Lechthaler scheut sich nicht vor Disharmonien, soweit sie in der künstlerischen Linie seiner Komposition liegen. Mit einem zarten Sopransolo, von seiner Gattin Irma Lechthaler, wirkungsvoll gesungen, führt er in die verträumte Nachtstimmung des Gedichtes ein...
Josef Lechthaler hat als Kirchenmusiker einen klingenden Namen. Seine Orgelmessen, das „Stabat Mater“, die große A-capella-Messe „Gaudens gaudebo“ weisen ihm einen führenden Platz unter den Kirchenkomponisten der Gegenwart zu. Aber, und das ist wesentlich, er schreibt nicht nur für die Kirche, sondern sein Schaffen auf dem Gebiet der profanen Musik ist selbstverständlich, notwendige Ergänzung dazu, eines ohne das andere undenkbar.
Lechthaler ist Tiroler, geboren 1891 in Rattenberg bei Brixlegg, hat er als Volksschüler auf dem Kirchenchor zu Reutte seine ersten musikalischen Eindrücke empfangen. Später als Gymnasiast bei den Benediktinern in Meran, hat er durch den auch als Komponisten bekannten P. Magnus Ortwein den ersten geregelten Theorieunterricht erhalten;
Über Innsbruck wo er Philologie studierte und zugleich Vorstand des Akademischen Sängerbundes war, führte der Weg nach Wien, hier kam Musikwissenschaft unter Guido Adler hinzu, gleichzeitig mit dem Studium von Orgel und Komposition bei Goller und Springer. Nach Absolvierung der Akademie musste Lechthaler einrücken; 1917 kam er schwer krank nach Wien zurück. Nach Vollendung der Universitätsstudien legte er kurz darauf drei Staatsprüfungen ab und wurde zum Lehrer an die Bundeserziehungsanstalt in der Boerhavegasse berufen. Seit 1924 wirkte er als Professor an der Abteilung für Kirchenmusik der Staatsakademie und übernahm die Leitung.
Bruckners Tonwelt war es, die den jungen Menschen völlig gefangen nahm, die seinem angeborenen Sinn für festlichen Glanz und polyphone Ausdrucksweise wunderbar entgegenkam. Die Hofbauer Festmesse ist davon beeinflusst. Weihnachtsspiel und Cellosonate , alle erfüllt von echt musikalischem Singen und Klingen.
Allmählich vollzieht sich eine Stilwandlung, die Romantik ist am Ende. Bereits die Josefs Messe für gemischten Chor und Orgel oder Bläser, die geistlichen Kammergesänge zeigen an, den Höhepunkt dieser zweiten Stilperiode bildet das „Stabat Mater“, unstreitig eines der bedeutendsten Werke der letzten Jahre. Für A-cappella Besetzung erscheint der Zyklus „Maria, schöne Zeitenlose“ die große Messe „Gaudens gaudebo“, die Frauenchöre für Orgel wird Präludium und Fuge über „Gaudeamus omnes“ und eine Fantasie über den Choral „In dich hab ich gehoffet, von Herr“ geschrieben. Für den Katholikentag komponierte Lechthaler eine deutsche Singmesse.
Es wird nun ersichtlich, dass Lechthalers weltliches und kirchliches Schaffen nicht voneinander getrennt werden können, dass ein ständiger Austausch zwischen beiden Sphären statt findet.
25.Februar 1938: Josef Lechthaler tritt uns diesmal als Lyriker gegenüber mit zwei Zyklen: „Totentanzlieder“ und „Lieder der Wanderschaft“ nach Worten von Franz Krieg
21. Oktober 1940: Arbeiter bei Beethoven und Schubert, stimmungsvolle Sonntagsfeier. Der Versuch, den großen Kreis aller Schaffenden mit den Heroen der Musik zusammen zu führen, wird fortgesetzt. Hat man vor 14 Tagen Arbeiter in den Ideenkreis Bruckners, in seine Musik und sein Leben eingeführt, so war die Morgenfeier am gestrigen Sonntag Beethoven und Schubert gewidmet. In zwei Stunden konnte natürlich nur ein kleiner Ausschnitt aus dem Riesenschaffen dieser beiden Großen zu Gehör gebracht werden, aber zusammen mit den erklärenden Worten des Professors Dr. Josef Lechthaler bekamen die Zuhörer, die wieder sehr zahlreich erschienen waren, doch ein Bild dieser grundverschiedenen beiden schöpferischen Komponisten.
Zum Schluss der Feier bildete der Vortrag der Cello Sonate Nr. 3. Prof. Dr. Lechthaler hatte in seiner Einführung auf die besonderen melodischen Schönheiten dieser Sonate aufmerksam gemacht und man konnte eine seltsam ergriffene Zuhörerschaft beobachten und drückte sich im Beifall aus.
Da diese Einführungen großen Anklang fanden wurden diese fortgesetzt.
Am 21. Oktober 1947 fand ein Schaumann Lechthaler Abend statt. Le Dichterin Ruth Schaumann hatte in einem ihrem Gatten gewidmeten Zyklus von Liedern, aus dem Österreichs hervorragender Tondichter Prof. Josef Lechthaler , Wien, 12 Lieder auf die Eigenart der Dichtungen vertont und als wundervollen Strauß unter dem Titel „Coniunx conigi“ seiner Frau gewidmet.
Am 25. August 1948 brachte das „Neue Österreich“ folgende Meldung: Samstag Abend ist der Komponist und Musiktheoretiker Prof. Dr. Josef Lechthaler , 47 Jahre alt, nach langem schweren Leiden gestorben.
Lechthalers Bedeutung als Komponist liegt vor allem in seiner kirchlichen und weltlichen Chormusik, mit und ohne Instrumentalbegleitung. Aber auch seine Orgelkompositionen sowie die Kammer- und Klaviermusik sind beliebte Repertoirestücke in den Konzertsälen. Lechthaler war auch als Musiktheoretiker und Musikpädagoge sehr geschätzt
Weltpresse am 26. August 1948 zum Tode Lechthalers: Der Vorstand der Musikerzieher Österreichs, Regierungsrat Dr. Josef Lechthaler, it einem Herzschlag erlegen. Mit ihm verliert die Arbeitsgemeinschaft einen ihrer Gründer , der während des einjährigen Bestehens durch seine Arbeit und vielseitige Tätigkeit als Leiter der Abteilung „Musikerziehung“ an der Akademie, als Konsulent für Musikerziehung im Bundesministerium für Unterricht und als Komponist in der Arbeitsgemeinschaft der Musikerzieher Österreichs eine Vereinigung schuf, die alle an dem Neuaufbau der Musikkultur in Österreich aktiv beteiligten Personen umfasst. Das Begräbnis findet Freitag 27. August um 15 Uhr auf dem Hernalser Friedhof statt.
Weltpresse am 1. Dezember 1948: Der kürzlich leider verstorbene Lechthaler, ein besonders feiner und auch menschlich vornehmer Komponist des katholischen österreichischen Kulturkreises gibt in seinen zwei Marienchören der marianischen Andacht einen innigen und gefühlvoll-zarten Ausdruck. Die Harmonien sind die in unserer Zeit, die Klänge herb, die andächtige Empfindung die bis zu mystischer Verzückung gesteigert.
QUELLE: Eine Vielfalt von Zeitungen der ÖNB
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