KAURIHARZ GEWINNUNG#
1863: Einer der wertvollsten Bäume des neuseeländischen Urwaldes ist die Kauri-Fichte, Dammara australis. Dieser prächtige, 80 bis 120 Fuß hohe Baum liefert dem englischen Schiffbau jährlich eine große Anzahl von Rundhölzern von 74 bis 84 Fuß Länge, welche von besserer Qualität und größerer Dauerhaftigkeit sein sollen, als jene, die aus der baltischen und nordamerikanischen Fichte gefertigt werden. Die Kauri- oder gelbe Tanne liefert zugleich das unter dem Namen Dammara bekannte Harz, an welchem dieser nützliche Waldbaum so überaus reich ist, dass dasselbe sogar an Orten, wo die Kauribäume längst der Axt der Zivilisation weichen mussten, in ungeheuren Massen in der Erde in völlig trockenem, gleichsam petrifiziertem Zustand vorgefunden wird.
Das Kauriharz, wie es im Handel vorkommt, wird daher nicht wie das unserer Kiefer, vom Baum selbst durch Einschnitte gewonnen, sondern muss völlig aus der Erde gegraben werden, in welcher es sich zur Verzweiflung des Landwirtes oft mehrere Fuß tief eingesickert und den Boden unfruchtbar gemacht hat. Es gibt weite Strecken solcher Harzfelder, welche mit dieser resinösen Substanz mehrere Fuß dick überzogen waren. Indes kommt die Dammara Fichte nur auf der nördlichen Insel und zwar bloß im nördlichen Teil derselben vor.
In Auckland gibt es einzelne Stücke Kauriharzes, welche bis zu hundert Pfund wogen. Im Jahr 1857 wurden 2521 Tonnen dieses für die Lackbereitung und die Kattunfabrikation zur Fixierung gewisser Farbstoffe, besonders wertvollen Harzes, im Betrag von 25.250 Pfund Sterling ausgeführt. Der Preis einer Tonne Kauri- oder Dammara-Harzes beträgt durchschnittlich 20 Pfund Sterling.
1868: Die Kaurifichte liefert das Harz und ist unter den 12 Nadelhölzern Neuseelands das wichtigste. Dieser Baum wächst im nördlichen Teil der Insel, der etwa 3 Längen- und 3 Breitengrade umfasst, gedeiht nur in feuchter Seeluft und an vor dem Wind geschützten Orten, zu welchen das Seewasser nicht dringt. Nach Hofstetter liegen die ausgedehnten Kauriwälder an der Westküste in der Nähe des Kaiporahafens, wo schon zur Zeit der ersten europäischen Ansiedelungen Schiffswerfte und Sägemühlen zur Verarbeitung des Kauriholzes bestanden.
Der beste Boden für den Baum ist magerer weißer Ton, wie er in mächtiger Ausdehnung in der Umgebung von Auckland vorkommt; durch das bei den Eingeborenen beliebte Abbrennen aber ist die Vegetation hier auf Farnkraut und Leptospermum heruntergekommen. Man findet im Boden dieser Steppen reichlich das Harz, was auf früher ausgedehnte Kauri Wälder deutet.
Die Kaurifichte wächst nie in ganz reinen Beständen, sondern stets gruppenweise verteilt, wodurch das Land auf weite Entfernung etwas Charakteristisches erhält. Einzeln stehende Bäume sterben trotz aller Kulturbemühungen ab.
Fast ganz Auckland ist aus Kauriholz erbaut, die Dauer der Häuser wird auf 50 Jahre geschätzt. Außerdem dient das Holz zu Schiffsmasten und Spieren.
Am wichtigsten ist das Kauriholz, welches dem Anschein nach nicht in den stehenden Wäldern, sondern in dem mageren Boden der Farnhaiden, die früher Kauriwälder getragen haben gesammelt wird. Das aus den Bäumen schwitzende Harz ist milchig trüb, wird später schön gelb, bernsteinartig, Zweige und Äste der Fichte starren von Harztröpfchen, die sich in große Knollen am Wurzelstock ansammeln; daher das massenhafte Vorkommen des Harzes in den oberen Erdschichten. Stücke von 50 Kilogramm, sind keine Seltenheit. Der Artikel ist für Lack- und Firnisbereitung sehr gesucht. Die Ausfuhr von 1853 bis 1860 betrug 11.671 Tonnen zu 900 Kilogramm (21,007.800 Pfund) im Werte von 1,038.860 Taler.
Im Jahr 1893 ging der erste Dalmatiner unter die Harzgräber, und da er nüchterner und fleißiger war als alle anderen verdiente er viel Geld. Bald folgten Vettern und Neffen seinen Spuren, und die ganze Sippe sandte Samstag für Samstag das Ersparte heim, in ein Land, dessen Namen den meisten Neuseeländern fremd war. Das passte der Regierung nicht und sie begann bald mit dem Schikanieren. Die Immigration Restriction Act for Kauri Gum Industries vom Jahr 1907 legte dem Neuangekommenen eine Wartezeit von drei Monaten auf, im folgenden Jahr wurde sie auf zwölf erhöht. Die damals festgesetzte Abgabe von 24 Kronen stieg seither auf das Doppelte. Seitdem sinkt die Zahl der Österreicher, die zu Zwecken dieses furchtbaren Erwerbes einwandern, die armen Teufel ohne Kreuzer in der Tasche können nicht ein Jahr lang auf Verdienst warten. So hätte demnach der ganze Harzhandel ohnedies bald aufgehört, weil kein Kolonialer britischen Blutes für 30 Kronen wöchentlich Rheumatismus eintauschen will; und so wird das Land 170.000 Kilogramm Export verlieren und viele gute Heiratschancen für seine Töchter obendrein. Denn die überwiegende Mehrzahl der Slowenen sind tadellose Staatsbürger geworden, haben Land gekauft und Neuseeländerinnen geehelicht und sind jetzt ausgezeichnete Farmer. Ein einziges Mal ist der Konsul angebettelt worden, und diese kleine Anleihe kam zurück. Nun sind diese Genügsamen von Haus und Hof verjagt worden, und die bis jetzt noch wandernden Sucher lassen das Harz den Kolonialdiggers. Ob aber Neuseeland dabei gewinnt, ist die Frage. Wie aus dem weiteren Inhalt der Zuschrift hervorgeht, scheint es sich also im vorliegenden Fall nicht um Slowenen, sondern um Dalmatiner, also Serbokroaten zu handeln, ein Irrtum, welcher bei einer Dame, die offenbar in Australien mehr zu Hause ist als in ihrem Vaterland, immerhin unterlaufen kann.
Einst galt Kauriharz als wertlos und wurde zum Einheizen verwendet, jetzt wird es als Rohmaterial zur Erzeugung von Linoleum und Politurfarbe mit zirka 2 Kronen das Pfund bezahlt. Mehr als alle einheimischen hochwertigen Minerale hat es dem Lande seit 40 Jahren eingebracht. Viele Millionen Pfund Sterling; trotzdem aber hat sich nie eine Großunternehmung, nie ein Kapital für die Sache interessiert. Sie blieb immer der Job des Abenteurers.
QUELLE: Verschiedene Zeitungen der ÖNB.
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