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KAVIAR#

Russland
Kaviar

Dieser Beitrag beruht auf Publikationen vor ca.100 Jahren. Eine aktuelle Zusammenfassung findet man hier.

Der Fisch von dem hier die Rede ist - der Stör, ein urzeitliches Wesen das bereits seit 200 Millionen Jahren bekannt und ein Alter bis zu 150 Jahren erreicht, oft eine Länge von 5 Meter haben und bis zu 800 Kilo wiegen kann. Wegen ihres großen Eiweißgehaltes einst ein beliebter Speisefisch. Den Weibchen entnahm man den Rogen um daraus den Kaviar, eine Delikatesse, die von den Reichen und für die vornehme Tafel bestimmt, zu jeder Zeit bevorzugt wurde. Für die Genießer ist Kaviar ein wohlklingendes, melodisch schönes Wort.

Kein Wunder also, dass dem Kaviar unter den Delikatessen einer der bevorzugten Plätze gebührt, ohne, dass heute ein annehmbares Dejeuner á la Fourchette kaum denkbar wäre. Er ist auch nicht mehr so unerschwinglich wie einst.

1909 waren sie Bewohner der wasserreichen Ströme des sarmatischen Tieflandes, so der Wolga, des Don, Dujestr, Bug und Ural; auch die den gewaltigen Binnenseen Asiens zuströmenden Gewässer bilden die Heimat der Kaviarlieferanten. Dieses Gebiet mit seinen Strömen, Seen und Nebenflüssen bargen einzig und allein diesen Reichtum an Fischen für eine Kaviarfabrikation großes Stils.

Die Ural-Kosaken, deren Wohnsitz sich am rechten Ufer des Uralflusses an der Grenze zwischen Europa und Asien hinzieht, großartige Erwerbsquellen vorfinden, denn der Fischfang von der Stadt Uralsk bis zum Kaspischen Meer eine Strecke von 475 Werst ist eine wahre Goldgrube des Landes. Für den Kosaken ist der Fischfang ein wahres Vergnügen und Glücksspiel in ein paar Stunden eine Menge großer Fische fängt, die 100 und mehr Rubel wert sind. Gemüse ist wenig vorhanden und von wenig Interesse, Fleisch und Mehl sind zwar vortrefflich und billig, aber die Fische ,frische, gesalzene oder Luft getrockneter Balik, und ohne Kaviar kann kein Kosak leben, denn das ist etwas höchst Delikates. Besonders wohlschmeckend ist der großkörnige etwas gelbliche, sogenannte Bernstein Kaviar, der wegen seiner Seltenheit kaum in den Handel kommt.

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Fang mit Netzen

Die beste Ware liefert der Sterlet, ein Fisch kaum einen Meter lang und 10 kg schwer. Länger als er ist der Scherg oder Sternhausen der sogar in der Donau zu finden war. Dann gibt es noch den bis zu 4 Meter langen Wardick der ebenfalls das Schwarze Meer verlässt und bis Pressburg gelangte. Die stärkste Art ist wohl der Hausen mit einer Länge von 9 Meter, und ist 1500 kg schwer und liefert rund 150 kg Rogen und ihn zu fangen ist mit Reichtum gesegnet.

Der Sterlet ist in Russland wegen seines schmackhaften Fleisches sehr beliebt und teuer. Fürst Potemkin soll einst für eine Sterletsuppe, die er Kaiserin Katharina vorsetzte 300 Rubel bezahlt haben. Der Kaviar dieses Fisches kam zu dieser Zeit kaum nach Westeuropa und wurde ausschließlich von der Hofhaltung am Zarenhof verwendet.

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Große Störe

Man erzählt sich, dass Zar Nikolaus II., jährlich zu Weihnachten dem Kaiser Wilhelm II., ein ansehnliches Fässchen Kaviar verehrt.

Bismarck meldet seiner Gemahlin aus Versailles am 1. Jänner 1871: „Großfürstin Helene reizenden Kaviar geschickt, ,, Sie bleibt immer gleich gnädig und liebenswürdig...“

Bei Bismarcks Berichten aus Petersburg spielt Kaviar ebenfalls eine Rolle. Am 21. Dezember 1860 schreibt er dem Minister Freiherrn von Schleinitz: „Ich weiß nicht ob Croy sich einer wichtigen Mission, mit der ich ihn in Kaviar-Angelegenheiten betraut hatte, bei Ihnen mit mehr Umsicht als bei Hof entledigt hat. Pückler schreibt mir, dass ihm das für die allerhöchste Tafel bestimmte Fässchen gar nicht zu Händen gekommen ist, sondern nur ein Begleitschreiben,,“

Den Sterlet schätzten bereits die Römer so hoch ein, dass er am Hof des Kaisers Severus mit besonderer Feierlichkeit, unter den Klängen der Musik von Sklaven, die nur für diesen Gang, als Krone des Mahls, goldene Reifen um ihr Haupt gewunden hatten, aufgetragen wurde.

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Kaviargewinnung

Der Stör gehört nicht dem Stromgebiet der russisch-asiatischen Binnenmeere an, sondern ist ein den Nordatlantischen Ozean und seine Nebenmeere bewohnender Wanderfisch, der in der Elbe bis Magdeburg und in der Weser bis Hammeln hinaufsteigt, und den ganzen Lauf der Weichsel bis Krakau besucht. Obwohl er bis zu 5 m lang werden kann, fängt man hier nur halb so lange Exemplare von denen man nur enttäuschend 12 bis 15 kg Rogen gewinnt.

Der Fang dieser Fische wird per Haken die an kilometerlangen Leinen die Ufergewässer der Fischereiplätze im Schwarzen Meer Kaspisee, Aralsee und Asov Meer absperren. Am Ural ist die Ausübung des Fanges Gerechtsame der Ural-Kosaken, die an den kaiserlichen Hof alljährlich 70 Pud 1145 Kilo Kaviar zu liefern haben. Um die Lieferung dieses Quantums zu ermöglichen, ist eine Beute von 11.000 kg Fischen erforderlich.

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Gewinnung des Kaviars

Die dem Fisch entnommenen Eier werden auf Haarsieben ausgelegt. Durch Handreiben werden sie durch die Maschen getrieben und fallen, von Membranen, Fasern und Fett des Eierstockes befreit, in die bereitstehenden Gefäße. Nur überreife und daher nicht mehr ganz frische Eierstöcke, deren Rogenkörner die Maschen nicht heil passieren würden, werden so, wie sie sind, gesalzen. Dieses Produkt ist der sogenannte Eierstockkaviar, die wohlfeilste Qualität, und bildet ein Nahrungsmittel der einheimischen Bevölkerung; auch die Eierstockhäute und Fettteile werden in mancherlei Zubereitung genossen. Die geriebenen Eier erhalten eine weitere Behandlung, die nach Art und Weise verschieden ist. Sie erhalten einen feinen Zusatz von Kochsalz, dadurch wird das Grau etwas schwärzer. Selbst der mildeste Kaviar ist gesalzen. Diese Ware wird als „Malosol“ bezeichnet. Der Kaviar wird in Blechbüchsen mit 3 bis 5 Pfund russisch Inhalt gefüllt und nur in Eis versandt werden. Stärker gesalzener Kaviar 1 bis 2 Kilo per Pud zugesetzt. Dieser Sorte wird mit einer schwachen warmen Salzlake übergossen das ist die sogenannte „Warschauer Bereitung“

Im Handel unterscheidet man großkörnigen und kleinkörnigen Kaviar. Astrachan Kaviar ist im Ausland als großkörnig bekannt.

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Versand fertig

Seitdem man den flüssigen Kaviar den Ikra der Russen in hermetisch verschlossenen Konservenbüchsen versendet, ist seine Haltbarkeit wesentlich verlängert worden.

Einige naturhistorisch noch nicht genau ausgeschiedene Sorten liefern weiße Eier. Daraus wird er berühmte weiße Kaviar hergestellt, der ausschließlich, der als der beste und edelste Sorte hoch bezahlt ohne Ausnahme an den Hof geliefert wird.

Der russische Export, verzeichnet einen Wert von 3 Millionen Rubel. Deutschland gilt als wichtigstes Absatzgebiet. Berlin konsumiert mehr als ganz Österreich-Ungarn.

Österreich ist leider nicht in der glücklichen Lage sich eines so enormen Fischreichtums zu erfreuen und an so vielen Meeren eine dominierende Stellung einnehmen zu können. Trotz allem besitzen wir eine große Zahl herrlicher Flüsse und Seen die uns mit reicher Fischkultur beglücken. In diesem Erwerbszweig der industriellen Verwertung befindet sich Österreich weit hinter anderen Kulturländern. Laut offiziellen Berichtes der niederösterreichischen Handels- und Gewerbekammer betrug 1880 in Wien die Konsumation von Weißfischen, gemeinen Meeresfischen. Stockfischen, Heringen, Krebse usw. 5050 Meterzentner, durchschnittlich im Jahr 40 Deka frischen Fisches entfielen. Die Durchschnittspreise in demselben Jahr betrugen für Karpfen 84 Kreuzer und für Hechte 1 Gulden 18 Kreuzer per Kilo. Bei solchen Preisen kein Wunder, zählt der Fisch zum Luxuslebensmittel.

Nach den letzten Schätzungen brachte Russland 1917 für etwa fünf Millionen Rubel (14 Millionen Kronen) Waren über die Grenze, welche nach der Türkei, Rumänien, Serbien, Persien und Ägypten gingen. Im westlichen Europa sind Österreich-Ungarn und Deutschland das wichtigste Absatzgebiet. So hat sich die russisch-asiatische Delikatesse allmählich die ganze Welt erobert.

QUELLEN: Österreich Ill. Zeitung 11. September 1854,S 5, 15. April 1917, Bilder Seite 14 und 15, Lavanttaler Bote 20. Februar 1909, S 1, Salzburger Volksblatt, 13. Februar 1912, S 1, Gartenlaube 1853 bis 1867, Nr. 12, S 8, Kaufmännische Zeitschrift, 13. Juni 1883, S 4. ANNO Österreichische Nationalbibliothek.

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