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KLIMA#

Gebirge
Gletscherschwund

1898: Das Klima Europas soll sich in unserem Jahrhundert beträchtlich geändert haben. Der belgische Meteorologe Lancaster hat nachgewiesen, dass die Gegend zwischen Hannover und der Loire in den letzten Jahren eine Wärmeabnahme von 2 Grad C., erlitten hat, während mittlere Temperatur im nördlichen und östlichen Europa eine Steigerung erfahren hat, in Norwegen, Lappland, Finnland um 1 Grad C., wesentliche Wärmezunahme haben auch Stockholm, Bodö, Haparanda sowie Reykianwick auf Island zu verzeichnen gehabt. Auch der französische Astronom Flammarion hat eine beträchtliche Temperaturerniedrigung des westlichen Europas in diesem Jahrhundert festgestellt und sogar schon den Anfang einer neuen Eiszeit prophezeit. Für England hat Gloischer dagegen wärmere Winter nachgewiesen und in Nord- und Mittelrussland glaubt man allgemein eine ständige Abnahme der Winterkälte beobachten zu können. Aus den Petersburger Temperaturbeobachtungen seit 1744 hat Wonittow den Nachweis geführt, dass die Zahl der sehr kalten Tage seit 1828 im Vergleich gegen das vorige Jahrhundert um 50 Prozent abgenommen hat. Für Norddeutschland zeigen die seit 178 vorliegenden Zahlen der Durchschnitts-Temperaturen, dass der Dezember seit 65 Jahren, der Jänner seit 44 und der Februar seit 24 Jahren milder geworden ist und dass die Winter in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts zu Gunsten des Herbstes später eintraten. Aus alldem glaubt Schiller Tietz eine allmähliche und immer weiter fortschreitende Ausgleichung der Winter- und Sommertemperaturen für Deutschland und Frankreich in besonderen und für das nordwestliche Europa überhaupt konstatieren zu können. Die Sommer werden feuchter und kühler, die Winter wärmer, wir nähern uns dem gemäßigten, feucht-milden Klima Englands, Hollands und Belgiens und in absehbarer Zeit wohl dem der Insel Wight mit ihrer üppigen und viel bewunderten Vegetation, für die die gemäßigt feuchte Sommerwärme bei mildester Wintertemperatur viel vorteilhafter ist als die trockene Hitze der südlichen Länder. Der Grund dieser Klimaänderung ist die Änderung des Golfstromes, dessen warme Wassermasse - 18 Millionen Kubikmeter in der Sekunde – bei ihrem Austritt aus dem mexikanischen Meerbusen durch die vorgelagerte und sich stetig vergrößernde Korallenhalbinsel Florida eine derartige Ablenkung erfahren haben, dass sie jetzt bestreichen. Diese ungeheuren warmen Wassermassen des Golfstromes werden weiter die von Norden trennenden Eisberge schwinden machen und das aus den nördlichen Breiten zuströmende Polarwasser wird durch wärmeres des Golfstromes ersetzt werden. Die Gletscher der Hochgebirge werden durch vermehrte Niederschläge während der Sommermonate weiter zurückgedrängt werden und demzufolge wird in Deutschland mehr und mehr das Seeklima mit feuchten kühlen Sommern und nebelig wärmeren Herbste und Winter die Oberhand bekommen. Die nächste Folge davon werden Wandlungen in unserer Pflanzenwelt sein. ;Magnolien, Palmen wird im Freien überwintern, teils ganz neue Arten der subtropischen Flora, teils heute noch empfindliche immergrüne Gewächse in unseren Gärten heimisch machen können. Der Weinbau dagegen, der viel Sonne verlangt, wird weiter nach dem Süden zurückgedrängt werden, wie er ja bereits längst aus Gegenden verschwunden ist, in denen er noch zu Anfang unseres Jahrhunderts florierte.

QUELLE: Bade- Reise-Journal, 20. Juni 1898, S 11, ANNO Österreichische Nationalbibliothek

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