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LEOPOLD VON HASNER#

Minister
Leopold Ritter von Hasner

Die Wiener Kirchenzeitung von 1870 wirft die Frage auf: „Was bedeutet ein Minister für Kultus und Unterricht in Österreich?“ Wir waren gespannt auf die ersten Akte des Amtsnachfolgers des Herrn von Hasner, um das Prognosticon des neuen „Ministers für Kultur und Unterricht“ formulieren zu können. Zwar hat Minister Präsident von Hasner bereits bei der Vorstellung der neuen Minister den parlamentarischen Gesetzgebung in religiöser Richtung „die bestehenden Lücken auszufüllen“. Doch wo die Gesetzlücken seien, hat Herr von Hasner anzudeuten nicht für gut befunden; das hat sein ebenbürtiger Nachfolger Dr. Stremayr im konsessionellen Ausschuss mit anerkennenswerter Offenheit getan.

Bei der Beratung über den Rechbauer Entwurf eines Religionsgesetzes am 23. Februar, erklärte sich der Minister Dr. Stremayr gegen diesen Entwurf als eines Gesetzes, welches durch seine bloß durch seine theoretischen Sätze zur praktischen Regelung der Verhältnisse zwischen Kirche und Staat wenig beitragen werde. Dagegen betonte der Minister, er werde auf Grund der Staatsgrundgesetze durch Spezial-Gesetzgebung die bestehenden Lücken auszufüllen bemüht sein, und die durch das Rechbauer Religionsedikt angestrebten Ziele auf kürzerem und sicherem Weg zu erreichen suchen. Welche nun die edlen Ziele des Minister von Stremayr sind, für die er „eingehende Detailstudien“ zu Gesetzentwürfen machen will, das ist nun nicht mehr zweifelhaft. Obligatorische Zivilehe, Ehegesetze für Religionslose, möglichste Beschränkung der Rechte der katholischen Kirche. Losreißen der österreichischen Katholiken von ihrem Oberhaupt, Unterdrückung oder allmähliche Beseitigung der religiösen Orden, Verkümmerung des Kirchenvermögens, polizeiliche Invigilierung der gottesdienstlichen Handlungen, Förderung kirchenfeindlichen Bestrebungen... Denn das ist die Tendenz des Rechbauer Abklatsch vom Mühlfeld Religionsedikte. Nun, dass es dem Herrn Minister mit seinen bezüglichen „Detailstudien“ voller Ernst ist, hat er offen im Budgetausschuss ausgesprochen mit der Phrase, dass „alle Geldbewilligungen, die nicht auf rechtlichen Titeln beruhen, wie die Mendicantenbeiträge, zu eliminieren seien.

Wir wissen also, wie wir mit unseren neuen „Minister für Kultus und Unterricht“ daran sind. Es ist offenbar und klar, was das Wörtchen „für“ in diesem Amtstitel des Herrn Dr. von Stremayr für die österreichischen Katholiken bedeutet. Die bereits ausgesprochenen Ansichten und die auch schon vorbereiteten Taten geben Zeugnis. Vergleichen wir die Amtstätigkeit der übrigen Ressort Minister mit dem unseres Kultusministers. Der Minister für die Finanzen sorgt für die Mittel, den National Reichtum zu mehren, um das Verhältnis der Einnahmen zu den Ausgaben günstig für den allgemeinen Wohlstand herzustellen, In ähnlicher Weise sorgt der Minister für Handel für die Förderung und den Aufschwung des öffentlichen Verkehrs und des Handels. Der Ackerbauminister hat darnach zu streben, den Boden möglichst fruchtbar zu machen und ihm den größtmöglichen Gewinn abzuringen. Der Kriegsminister hat dafür zu sorgen, dass das Vaterland genügend gegen den äußeren Feind geschützt ist durch eine wohl ausgerüstete, tapfere Armee. Und damit im Innern Recht und Gerechtigkeit walte, hat der Justizminister für weise Gesetze, wie für gerechte Gerichte zu sorgen. Und das alles im Dienste des Kaisers und des Volkes, denn konstitutionelle Minister sind Diener des Volkes wie des Kaisers und beiden zugleich verantwortlich; und in Österreich kann auch jeder Minister laut Gesetz vom 25. Juli 1867, für die treue Erfüllung seiner Pflicht, in Anklagestand gesetzt werden. Wie unsere Minister in ihren betreffenden Kreisen bisher gewaltet haben, liegt tatsächlich vor uns. Jeder hat nach seiner geistigen Befähigung für die Bedürfnisse seines spezifischen Berufskreises gesorgt; und jene Minister, die sich für ihren besonderen Amtsberuf nicht befähigt aber würdig erwiesen, mussten von ihren Posten weichen.

Wie steht es aber in der „neuen und neuesten Ära“ mit dem „Minister für Kultus und Unterricht?“ Offenbar hat er ausschließlich dafür zu sorgen, dass die Religionen der Staatsbürger in ihren natürlichen, sowie in ihren erworbenen Rechten und deren Ausübung geschützt werden, dass äußere Störungen Hindernisse und feindliche Angriffe hintangehalten und beseitigt werden. Ja, es muss Aufgabe des Kultusministers sein, die Interessen der Religion auch möglichst zu fördern, weil ja die Religion an sich das höchste, heiligste Gut der Staatsbürger und ihre Religiosität das fruchtbarste Lebensprinzip des Staates ist. Aber nicht bloß für den Schutz der Religion und ihrer Rechte im allgemeinen, sondern für die konkrete besondere Religion der größeren Mehrheit der Staatsbürger hat das Kultusministerium eines konstitutionelles Staates zu sorgen; er hat die speziellen Bedürfnisse und Rechte zu schützen und zwar nach allen Seiten hin, dass der Minister verteidigend und schützend auftritt gegen den Finanzminister, wenn dieser sich weigert, die berechtigten Kultusmittel zu bewilligen, oder es wagen sollte, die Güter der Kirche einzuziehen, oder sie zu schädigen oder sie ungebührlich zu belasten. Der Kultusminister hat einzutreten den Justizminister, wenn dieser oder ein gesetzgebender Körper kirchenfeindliche Gesetze erlässt; er hat einzutreten für die Kirche gegen den Minister des Innern, wenn dieser die Lehren und Übungen der Religion straflos angreifen und beschimpfen lässt. So müssen wir nämlich den Berufskreis und die Amtspflicht eines Ministers für Kultus auffassen. In einem anderen Sinn wäre ein Ministerium für Kultus ein Widerspruch, ein Unding. Nur im positiven Schutz und in der tatsächlichen Verteidigung der Rechte der Kirche, welcher die Mehrzahl der Staatsbürger angehören, also in Österreich der römisch-katholischen Religion, erfüllt unser Kultusminister seine verantwortliche Amtspflicht, für die er auch seinen Amtseid abgelegt hat.Dasselbe gilt auch für Unterricht und katholische Erziehung der Jugend im katholischen Vaterland, für deren Schutz und Förderung der Minister eingesetzt ist.

Nun tritt für uns und für jeden katholischen Staatsbürger unseres Vaterlandes die ernste Frage unabweislich an uns heran, die Frage: „Hat das zweijährige Ministerium Hasner seine beschworene Amtspflicht für Kultus und Unterricht im katholischen Österreich erfüllt und wie? Oder ist es ein Ministerium gegen Kultus und Unterricht gewesen? - an diese Frage aber richtet sich naturgemäß die andere: Verspricht Dr. Stremayr als ein Minister für oder gegen Kultus und Unterricht sein Amt zu walten? Zu dieser Doppelfrage an das verantwortliche Kultusministerium sind wir wohl eben so berechtigt, wie das Abgeordnetenhaus sich berechtigt hielt, für die anklagende Frage, ob das Ministerium Giskra seine Regierungspflicht in Dalmatien erfüllt habe oder nicht? Ein oberflächlicher Blick auf die letzten zwei Jahre gibt uns klare Antwort. Wie hat Minister von Hasner für die religiösen Interessen des katholischen Österreich gesorgt? Man höre.

Unter Minister Hasner wurde der feierliche Vertrag welcher zwischen Kaiser und Papst geschlossen war, um die religiösen Verhältnisse zwischen Staat und Kirche zu ordnen, ohne weiteres zerrissen.

Unter Hasner wurde das kirchliche Eherecht geschädigt, die ebenso überflüssige als unsittlich und verderblich Not Zivilehe eingeführt und hierdurch nicht bloß ganz unberechtigte Eingriffe in die unveräußerlichen Rechte der Kirche vollzogen, sondern das christliche Ehesakrament zu einer heidnisch-geschlechtlichen Verbindung degradiert.

Unter Minister Hasner wurden jene Verordnungen gegeben, nach welchen die Feier- und Festtage durch jede knechtliche Arbeiten, die Fastenzeit aber durch intensive öffentlichen Unterhaltungen und Ausgelassenheit ungestraft gestört und entheiligt werden dürfen.

Minister Hasner hat die Verordnungen zu verantworten, nach welchen unwürdige Ordensmitglieder gegen ihre Obern behördlich in Schutz genommen und die Klosterdisziplin gestört werden muss.

Während der Amtsfunktion des Unterrichtsministers für das katholische Österreich ist es geschehen, dass die Volksschule der Aufsicht und dem Einfluss der Kirche gewaltsam entrissen wurde. Dr. Hasner vorragendes Verdienst ist das neue unchristliche Reichsschulgesetz.

Unter Minister Hasner, der zum Schutz der christlichen Religion und vor allem der katholischen aufgestellt war, wurde dem Abfall vom Glauben, der Apostasie Tür und Tor geöffnet und das interkonfessionelle Gesetz, dass es, um gesetzlich seine Religion zu ändern, nichts bedarf, als dass man seinen Austritt aus der Kirche nur einfach anmeldet bei einer weltlichen Behörde. Auch den von den Liberalen in Szene gesetzten Klostersturm im vorigen Jahr, der mehrere Monate hindurch wütete und die Sicherheit der Person der Ordensleute deren Ehre und Vermögen bedrohte, ließ der Kultusminister Hasner ungestört durch ganz Österreich dahin brausen. Und derselbe Minister, hatte nichts dagegen, als fast ein ganzes Jahr hindurch die Diener der herrschenden Kirche, die Priester und Bischöfe, ja selbst das ehrwürdige Oberhaupt der Kirche in der infamsten Weise verleumdet und verlästert wurden im Zeitungen und in öffentlichen Versammlungen – in Gegenwart der Behörden. Dafür wurden im Mitwissen des Kultusministeriums eine große Zahl Priester, ihrer Predigten wegen, den Gerichten überliefert. Ja selbst für Bischöfe, die es für ihr Berufs- und Amtspflicht hielten sich gegen Eingriffe in ihre Rechte zu wehren, wurden unter den Augen ihres natürlichen Schützers Gefängnisse geöffnet oder ihnen schwere Geldbußen diktiert.

Das ist alles unter dem Minister für Kultus und Unterricht Dr. von Hasner geschehen! Niemand kann einwenden, viele die Religion und Kirche schädigende Gesetze Verordnungen und Verfolgungen liegen nicht in der Schuld des Ministers für Kultus und Unterricht, sondern wurden vom Reichsrat beschlossen, oder gingen von anderen Ministern, wie vom Minister des Inneren oder der Justiz aus. In diesem Fall war es seine Amtspflicht, gegen derartige Gesetze und Verordnungen Einspruch zu erheben, und wenn er ihre Beschlüsse nicht hindern konnte, vor ihrer Sanktionierung ernstlich abzuraten. Leider haben wir von solch abwehrenden Schritten des Herr Dr. von Hasner nichts vernommen.

Auch wird niemand zu des Ministers Verteidigung oder auch nur Entlastung geltend machen können, der Kultusminister sei nicht bloß zum Schutz der katholischen Religion, sondern ebenso auch für die übrigen Glaubensgenossenschaften im Amt. Zugestanden. Der Kultusminister ist auch dazu berufen, die interkonfessionellen Verhältnisse in Ordnung zu halten und die bedrängten Religionsgenossenschaften zu schützen. Unter dem Ministerium Hasner waren aber gerade die Katholiken, die von Juden, Protestanten und Ungläubigen Angegriffenen und Unterdrückten und sie wären gegen diese ihre Verfolger in Schutz zu nehmen gewesen. Nein! Das Ministerium Hasner war nicht ein Ministerium für, sondern offenbar gegen Kultus und Unterricht. Nun hat Minister von Hasner seinen Wirkungskreis verlassen und ist zum Staatslenker in höherer Stufe erhoben worden. Wird der Nachfolger Stremayr ein besserer Minister sein? Leider sehen wir ihn schon bei seinen ersten Schritte in die Fußstapfen des gegenwärtigen Präsidenten zu treten und Abgeordneter Dr. Hanisch im vollem Ernst wird fordern können, dass in einem „Gesetz das Recht zu festzustellen sei, keiner Religionsgemeinschaft anzugehören“ wie es bereits am 24. Februar 1870 in der Ausschussberatung über das Rechbauer Religions Edikt gewagt hat.

Was ist nun aber in dieser drückenden Gewitterschwüle unter Ministern gegen Kultus und Unterricht zu tun? Müssen die Katholiken Österreichs die drohenden Gewitter im dumpfen Schweigen über sich dahin brausen lassen? Im Namen des Herrn scharen wir uns zur gemeinsamen Beratung in politisch-katholische Vereine zusammen. So erkämpfen wir durch kluge eifrige Wohltätigkeit unsere wahren Freunden Eingang und Sitz in den gesetzgebenden Körpern und dann auch in den Rat der Krone und unseres apostolischen Fürsten. In jüngster Zeit haben die katholisch-politischen Vereine Leben bekomme. Von ihnen aus ist es uns möglich, unsere katholischen Rechte unser katholisches Leben zu verteidigen, zu schützen und segensreich zu fördern, im Namen des Herrn mit Eifer, Klugheit und Ausdauer gegen Minister und Reichsrat! - so lange beide walten und schalten gegen unseren Kultus und gegen katholischen Unterricht und Erziehung.

QUELLE: Wiener Kirchen Zeitung 12. März 1870, Bilder: Wikipedia, ANNO Österreichische Nationalbibliothek.

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