RUDOLFSHÖHE#
Am 3. Juli 1917 starb in Ischl der weithin bekannte Hotelbesitzer der „Rudolfshöhe“ und des „Habsburgerhofes“. Leopold Petter.
Petters Wiege stand in einem Bauernhof in der nächsten Umgebung des Kurortes. Mit 13 Jahren kam er als Kellnerjunge in das Hotel „Goldenes Kreuz“. Sein zweiter und letzter Posten war der eines Zahlmakörs im Café „Walter“ an der Esplanade. Während der zehn Jahre, die er dort servierte, hatte er Gelegenheit, viele berühmte Männer der Kurgesellschaft, sowie des Hochadels kennen zu lernen.Und fast allen bereitete es ein Vergnügen, sich mit dem mit viel Mutterwitz ausgestatteten „Leopold“ ( wie Petter von den Sommergästen angesprochen wurde, auch noch als er sich bereits ein ansehnliches Vermögen erworben und selbständig gemacht hatte) zu unterhalten.
Durch seltenen Fleiß und größte Sparsamkeit verstand Petter es schon in dieser Stellung, den Grundstein zu seinem späteren großen Vermögen zu legen. Anfangs der Achtziger Jahre erwarb er in Kaltenbach eine kleine Villa, neben welcher er einen Kaffee Schank errichtete, den er „Rudolfshöhe“ benannte. Die „Rudolfshöhe“ war alsbald der beliebteste Treffpunkt der vornehmen Welt. Mitglieder des Kaiserhauses, der herzoglichen Familie Cumberland, sowie der Hochadel waren dort oft gesehene Gäste.
Selbst Kaiserin Elisabeth ließ sich „Leopolds“ berühmt gewordenen Eiskaffee fast täglich in die Kaiservilla holen.
Durch Ankäufe und Zubauten gestaltete Petter die kleine „Rudolfshöhe“ zur heutigen großen Fremdenpension. Einige Jahre später erwarb er die prächtige Villa Wasserburger an der Esplanade, die jetzige Pension „Habsburgerhof“ und im weiteren Verkauf der Jahre eine Reihe angrenzender herrschaftlicher Villen, so die Villa Johann Strauß, Johannes Brahms, Gormasz, ferner die von russischen Botschafter in London Graf Benkendorff erbaute Villa „Hubertus“. Trotz seines Reichtums blieb Petter seinen alten Gewohnheiten bis an sein Lebensende treu, er hasste den Aufwand in jeder Form. Der reiche Mann, dem Hunderte Salons und Zimmer zur Verfügung standen, hielt sich am liebsten in seiner in einem Untergeschoß gelegenen Küche auf. Dort hatte er seinen Schreibtisch aufgeschlagen, an dem er Pfeifen rauchend seine Geschäfte zu erledigen pflegte, dort empfing er auch Besuche. Der größte Luxus, den er sich noch gönnte, war die Malerei und das Modellieren. Ohne irgend welche Schulung oder Anleitung brachte er es zu einer gewissen Fertigkeit auf die er stolzer war, als auf alle seine Schätze.
Durch einige Perioden gehörte Petter auch der Gemeindevertretung an. Immer stand er in schärfster Opposition zur Regierungspartei, weniger aus politischen, als aus wirtschaftlichen Gründen. So bekämpfte er in der Gemeindestube mit aller Leidenschaft die Führer der klerikalen Gruppe wie die fortschrittliche Partei wenn ihm Vorlagen nicht in den Kram passten.
Im letzten Herbst begann Leopold Petter, der sich bis dahin einer unverwüstlichen Gesundheit erfreut hatte; zu kränkeln, aber erst in letzter Zeit verschlimmerte sich sein Leiden in besorgniserregender Weise. Petter erreichte ein Alter von 64 Jahren. Er war unvermählt. An seiner Bahre trauern als unermüdliche Mitarbeiter, seine Brüder Bartholomäus und Martin Petter mit ihren Frauen. Mit Leopold Petter ist eine markante Persönlichkeit Bad Ischls und gleichzeitig ein Stück aus der Kaiserzeit des Kurortes aus dem Leben geschieden. Die Einsegnung der Leiche findet Donnerstag nachmittags im „Habsburgerhof“ statt.
Es wird vermutet, dass zu dieser Zeit der Lustspieldichter Oskar Blumental, Leopold Petter bereits kannte. Der tüchtige Unternehmer schien ihm zuzusagen und so machte er ihn, zusammen mit Kadelburg zur Zentralfigur seines Stückes „Im Weißen Rössl“, das viel gespielt wurde, so etwa in Wien mit Alexander Girardi in der Hauptrolle.
Die geschichtsträchtige Villa Westend Bristol, die bereits verschiedene Namen führte und im spätklassizistischen Stil 1870 errichtet, wurde 1910 von Leopold Petter gekauft. Heute befindet sich darin eine Höhere Lehranstalt für wirtschaftliche Berufe.
Bekanntlich war dieser reiche Unternehmer auch Künstler. So war es kein Wunder, dass es im Jahr 1903, am 14. Juli zu einer Denkmal Enthüllung, seiner liebsten Besucherin kommen sollte.
In der Skulptur der unvergessenen Kaiserin Elisabeth die er in pietätvoller Verehrung, im Garten der Villa Johann Strauß aufgestellt, kamen alle seine künstlerischen Talente und Fähigkeiten zur Geltung. Die Statue aus Gips befindet sich in einer Art von Pavillon und wurde von zahlreichen Ischler Sommergästen bereits besucht. Das Denkmal überrascht als stimmungsvolles Werk und war mit Blumen und Kränzen geschmückt. In seinem Etablissement gibt es zahlreiche Büsten der Kaiserin die er angefertigt hatte. Und zeugt von seiner großen Verehrung. Außerdem gibt es noch ein überlebensgroßes Standbild der Kaiserin aus Marmor, das man in Ischl im Garten der Villa Humer bewundern kann.
Aus Bad Ischl wurde am 10. Jänner 1929 gemeldet: Vom Bezirksgericht Bad Ischl ist für den 14. d.M. Die Zwangsversteigerung des Hotels „Rudolfshöhe“, der zum Hotel gehörigen Dependancen und Wirtschaftsgebäude, der Bar „Westend“ und des über 50.000 Quadratmeter großen Parks ausgeschrieben worden. Der Ausrufungspreis beträgt 300.609 Schilling. Da sich bisher noch kein Interessent gemeldet hat, der das ziemlich hohe Vadium zu erlegen bereit war, verlautbart, das Gericht, dass die Objekte auch einzeln erworben werden können, und zwar das Hauptgebäude und die acht Villen separat. Diese Versteigerung bildet das Nachspiel einer Kette von Betrügereien, die im vergangenen Sommer der Budapester Realschulprofessor Dr. Franz Fenyves verübt hatte. Er hatte in Budapest ein Reisebüro gegründet, mietete in Bad Ischl die Villa „Moltke“ und übernahm als Pächter den Gesamtbetrieb der Hotelpension „Rudolfshöhe“, des zweitgrößten Etablissements des Kurortes. Die Gäste mussten für vier Wochen Vorauszahlungen leisten, die sehr mäßig waren; aber schon nach wenigen Tagen war Dr. F., verschwunden, das Hotel musste schließen, die gesamten, auf Kredit bezogenen Lebensmittel waren aufgebraucht, das Personal erhielt keine Löhne, die Vorauszahlungen der Gäste hatte der Professor veruntreut. Es entstand ein Rattenschwanz von Prozessen und das ganze Unternehmen brach zusammen. Der Täter wurde gefasst und verurteilt.
Am 14. Jänner 1929 gab es eine weitere Versteigerung. Major Mayer der derzeitige Besitzer , finanzielles Missgeschick, trug wesentlich zu seiner misslichen wirtschaftlichen Lage bei, überdies wurde er wiederholt von Bränden heimgesucht; erst brannte die „Moltke“ ab, und vor drei Jahren inmitten der Hochsaison der „Habsburger Hof“.
Zu der Versteigerung hatten sich wohl zahlreiche Neugierige, aber weniger. Kauflustige eingefunden. Die erste Überraschung bildete, dass die Versteigerung der Hotelpension „Rudolfshöhe“ nebst den beiden angrenzenden Wohnhäusern, das sogenannte Stammhaus und die Villa Uebleis, von den betreibenden Gläubigern eingestellt wurde. Nächst der Villa Uebleis, gelegene kleine Wohnhaus, der sogenannte Neubau, mit Garten und Einrichtung geschätzt auf 22.860 Schilling, wurde um 11.430 Schilling ausgerufen und von dem Bad Ischler Tapezierer Meister Adolf Wolter um das Meistanbot von 15.000 Schilling erstanden.
Das frühere Gasthaus „Moltke“ gleichfalls an die Rudolfshöhe angrenzend mit Garten und Einfachgrund, Hütte und Kegelstätte, auf 30.129 Schilling geschätzt, wurde um 15.064 Schilling ausgerufen und der Bad Ischler Gastwirtin Therese Wieshammer um das Meistanbot von 18.000 Schilling zugeschlagen. Die große Wiese nächst der Haltestelle Kaltenbach – ehemaliges Bauerngütl Gschwandner Everl auf 13.206 Schilling geschätzt, wurde von Herrn Kemptner Bahnbeamter in Bad Ischl für 11.000 Schilling erstanden. Die Versteigerung einer weiteren kleinen Grundparzelle wurde eingestellt.
Die Villen Strauß und Brahms mit großen Garten,Waldparzelle und Einrichtung wurden auf 75.103 Schilling geschätzt, wurden mit 27.551 Schilling ausgerufen und von dem Dresdner Bankdirektor Otto Hermann Fimsch um das Meistanbot von 56.000 Schilling erstanden.
Die Villa Goldstein, jetzt Westend Bristol, mit Nebengebäuden, Garten und Bauparzelle, geschätzt auf 210.361 Schilling, blieb unverkauft.
Für den 27. September1929 war beim Bad Ischler Bezirksgericht eine interessante Zwangsversteigerung angeordnet. Es handelt sich um die Verlassenschaft des Leopold Petter. Eine Reihe von Objekten, die nicht nur als luxuriöse Fremdenherbergen, sondern auch als Vergnügungsstätten allgemein bekannt waren, sollen über Antrag der Slowakischen Allgemeinen Kreditbank in Preßburg zwangsweise versteigert werden. Es befinden sich darunter der „Habsburgerhof“ in Bad Ischl (Schätzwert rund 241.000 Schilling), die „Rudolfshöhe“ (Schätzwert rund 126.000 Schilling), die idyllisch gelegene Villa „Bristol Westend“ (Schätzwert rund 154.000 Schilling) sowie eine Reihe anderer in Kaltenbach gelegener Villen und Grundstücke. Die Realitäten, insgesamt dreizehn an der Zahl, gehörten seit dem Jahr 1919 dem Major a.D. Nikolaus Mayer, der vor ihrem Ankauf Leiter von Tobelbad bei Graz war. Der Gründer dieses gesamten Besitzes war, wie das „Neue Weltblatt“ schreibt, ein aus Bad Ischl stammender Bauernbub namens Leopold Petter, der Dank seiner Fähigkeiten bald ins Hotelfach ein und erwarb nach und nach eine ganze Reihe von Objekten, die einen sehr guten Ertrag abwarfen. Petter war ein Original; seine Buchhatung bestand in einem Notizbuch, das er gewöhnlich bei sich trug. Daneben betätigte er sich als Modelleur aus Liebhaberei. So fand man nach seinem Tod in seinem Besitz etwa dreihundert Büsten der Kaiserin Elisabeth.
Im Jänner 1919 kaufte Major Mayer von den Erben Petters den Besitz. Das Geld hierfür wurde ihm von einer tschechischen Bank beigestellt. Mayer konnte aber das Darlehen nicht zurückzahlen und geriet infolge unglücklicher Transaktionen immer mehr in Schulden. Schließlich trug auch seine Krankheit zum Vermögensverfall bei. Mayer starb im Juli d. J. und über Betreiben der Bank wurde nun die Zwangsversteigerung von 13 Realitäten angeordnet, nachdem die Villen „Brahms“, „Strauß“ und „Neubau“ sowie einzelne Gründe bereits im Jänner verkauft worden waren.
QUELLE: Illustrierte Wiener Extrablatt 15. Juli 1903 S 4, Tagespost 10. Jänner 1929 S 6, ANNOÖsterreichische Nationalbibliothek, Bildmaterial:Graupp I.Ch.
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