Wir freuen uns über jede Rückmeldung. Ihre Botschaft geht vollkommen anonym nur an das Administrator Team. Danke fürs Mitmachen, das zur Verbesserung des Systems oder der Inhalte beitragen kann. ACHTUNG: Wir können an Sie nur eine Antwort senden, wenn Sie ihre Mail Adresse mitschicken, die wir sonst nicht kennen!
unbekannter Gast

ST. STEPHAN TURM#

Wien
Stephansdom 1861

Der Stephansdom wohl das berühmteste Bauwerk Österreichs, das Herz der Nation, ein monumentales Werk höchster Eleganz und Pracht. Ein Wahrzeichen das nicht nur in Wort und Lied immer wieder verherrlicht, sondern mit allen geschichtlichen Ereignissen der Stadt auf das Innigste verbunden ist. Wie oft wurde der bedeutende spätgotische Sandsteinbau schon „verwundet“, doch stets ist der Dom in neuem Glanz wieder erstanden. Nun präsentiert sich der 137 Meter hohe Südturm dem Beschauer wieder äußerst unattraktiv, und das leider für längere Zeit.

ERSTE SCHÄDEN

Der im Jahr 1433 von Hans von Prachatitz fertig gestellte Turm bereitet seit seinem Bestehen immer wieder Sorgen. Das Erdbeben vom 10. , 16., 19. und 20. September 1590 fügte dem Dom großen Schaden zu, der mittels eines Teiles von Strafgelder der Städte Krems und Stein behoben wurde. In der zweiten Türkenbelagerung trug der Dom nur kleinere Schäden davon. Das Erdbeben vom 4. Dezember 1690 allerdings beschädigte den Hochturm schwer und die Ausbesserungsarbeiten währten lange. Schwere Unwetter suchten im Jahr 1782 die Stadt heim. Am 11. Juni um 6 Uhr abends schlugen binnen weniger Minuten drei Blitze in den Südturm wovon der eine dem Turmwächter die Stirne verbrannte und ihm von der linken Hand die Spitzen zweier Finger wegriss. Beim zweiten Gewitter welches am 29. Juni niederging wurde der Turm neuerlich zweimal getroffen und einer der Blitze gelangte über einen Eisendraht bis in die Wohnung des Wächters ohne jedoch Schaden anzurichten. Ob dieser Vorkommnisse in diesem gefahrvollen extrem heißen Sommer wurden zu St. Stephan Gebete angeordnet. Es gab eine Zeit da hatte man Hirschgeweihe auf jede der acht Spitzen des Domes aufgesteckt, um dadurch die zündenden Blitzschläge abzuwehren. Damals vor der Erfindung des Blitzableiters sehr gebräuchlich, auch an Wohnhäuser.

Seit 1522 hausten erstmals Turmwächter in den Gewölben des Südturms. Sie mussten nicht allein darauf achten ob irgendwo eine Feuersbrunst ausgebrochen war, sondern waren verpflichtet auf der Turmuhr Schelle, später auf der Primglocke, die Viertelstunden zu schlagen, als Beweis, dass sie wachten.

Die Franzosen fügten bei ihrer Invasion 1809 dem Gotteshaus durch schwere Bombardement weiteres Unheil an. Nachdem die Schäden wieder behoben waren, wurde der Turm 1810 endlich mit einem Blitzableiter ausgestattet. Doch allmählich wurde ihnen bewusst, dass trotz all ihrer Bemühungen der Turm schwer lädiert war, dass man um sein weiteres Bestehen bangen musste. Die Turmspitze war nämlich derart gefährlich von der Senkrechten abgewichen und zeigte jetzt in Richtung Nordost. Die sich neigende Turmpyramide bot einen äußerst jämmerlichen Anblick und es war zu befürchten, dass bei einem der nächsten Erdbeben das Ganze in Trümmer ging. Wie es der bekannten Wiener Mentalität entsprach, wurde erst einmal zugewartet. Als jedoch 1838 beim Kirchenmeisteramt die ersten Anzeigen eingingen, da sich bereits einige Steine abzulösen begannen, wurde endlich gehandelt und die Pyramide mit einer Gerüst Manschette umgeben. Dies allein brachte Unkosten von 15.500 Gulden. Es wurde eine eigene Kommission gebildet deren Vorstand Stadthauptmann Reg.Rat Freiherr von Bartenstein war. Das Ergebnis der Untersuchung war wenig erfreulich. Die Oberpyramide musste bis zu einer Länge von 63 Fuß abgetragen werden, denn ihr Zustand war zu bedenklich. Da die oberste Spitze des Turmes damals nicht hohl sondern ganz ausgefüllt war, musste jede Erschütterung selbst das Läuten der großen Glocke vermieden werden. Da der neue Turmhelm dem früheren vollkommen gleichen sollte, wurden Zeichnungen angefertigt.

ABTRAGUNG

Die Abtragung derselben dauerte vom 19. August 1839 bis 29. August 1840. Währenddessen wurde beraten auf welche Art man die Spitze konstruieren sollte um das Gewicht zu vermindern. Man fasste den Entschluss das Gerippe aus Eisen zu verfertigen und dieses von außen mit Steinmaterial zu verkleiden. Weitere Probleme gab es mit der 2500 Pfund schweren Helm Stange auf der der Adler ruhte. Sie musste nachdem die Steinmasse abgelöst war zersägt werden. Der Adler wurde extra über Holzbalken mit Rollen abgeseilt. Am 20. Oktober 1842 war dann der große Tag gekommen an welchem Fürsterzbischof Milde Kreuz und Adler weihte. Die Gesamtkosten betrugen damals 130.000 Gulden. Dieses „Kunstwerk“ sollte von keiner allzu langen Beständigkeit sein. Man hatte den Unterbau ganz außer Acht gelassen und das rächte sich nun.

Schon 1859 wurden neuerliche Mängel an dem Wiener Wahrzeichen festgestellt. Verwitterung des Steinmaterials, Rost am Eisen, Abfaulen des Holzes, so lautete die Diagnose. Eine bittere Pille für die Wiener. Zu dieser Situation äußerte sich ein damaliges Blatt, betitelt: „Das verschandelte Wien“ folgendermaßen: „Unser ehrwürdiger Stephansturm hat sich eingesponnen wie eine Seidenraupe; die Fäden des Gewebes, das seine Spitze von der Galerie bis zur Rose in der Höhe von 28 Klaftern verhüllt haben die Dicke und Undurchsichtigkeit von Gerüst Balken. Wie wird sich Wien ausnehmen, wenn der abgetragene Turm wie der Stumpf eines gekappten Mastes gegen Himmel ragen wird? Die Stadt wird entschieden „verschandelt“ aussehen und ihre Physiognomie wird, wenigstens aus der Ferne betrachtet, einen ganz veränderten Ausdruck haben... Die uns so freundlich gesinnten nördlichen Nachbarn werden hoffentlich nicht lange den nicht ausgebauten und den halbfertigen Turm zu allerlei boshaften Gleichnissen über unsere staatlichen Verhältnissen benützen können...“

Wien
Stephansdom

Bis Juli 1861 war der Turm 38 Meter abgetragen, die Kosten beliefen sich auf 37.000 Gulden, eine respektable Summe. Die Wiener zeigten sich ob ihres verstümmelten Heiligtums ganz unglücklich. Der Wiederaufbau wurde auch durch Wohltätigkeitsveranstaltungen gefördert und finanziert. So brachte man Schumanns Faust erstmalig zur Aufführung, das Ergebnis waren 2009 Gulden. Ein Verlag kündete 1860 das Erscheinen einer Broschüre über den Dom zu St. Stephan in einem Wiener Journal mit folgenden Begleittext an: „In einem Augenblick, wo die öffentliche Aufmerksamkeit in so hohem Grade dem St. Stephans Dome, diesem hohen Denkmals mittelalterlicher Baukunst, zugewendet ist, dürfte es angemessen , sein, nicht bloß den Architekten und Forscher, sondern auch dem Kunstfreunde überhaupt vorstehende gediegene Arbeit in Erinnerung zu bringen. In dem eingehenden Text, wie in den naturgetreuen Illustrationen, welche sich auf die Wiedergabe aller bemerkenswerten Objekte der Kathedrale erstrecken, wird man wenigstens eine teilweise Entschädigung dafür finden, dass man den genussreichen Anblick des Originals nun auf eine geraume Zeit deren Ende nicht einmal abgemessen werden kann, zu entbehren verurteilt ist.“

WIEDERAUFBAU UND SPENDEN

Am 8. August 1861 wurde der Grundstein zum Wiederaufbau gelegt. Die Gemeinde Wien steuerte 15.000 Gulden bei und Kaiser Franz Joseph, ein stets splendiden Geber, stellte sich in den sechs folgenden Jahren mit je 50.000 Gulden, zusammen 300.000 Gulden, ein. Das Kaiserpaar und Kronprinz Rudolf spendeten auch weiterhin 5000 Gulden immer auf drei Jahre. Dafür waren ihre Namen in der Turmhalle verewigt (Im Krieg zerstört). Auch der Fürsterzbischof Kardinal Rauscher wandte sich mit einem eindringlichen Appell an alle Gläubigen: „...damit an Stelle des abgetragenen Turmteiles so rasch als möglich ein neuer erstehe. Man lässt von mancher Seite her über Österreich einen Eulenruf erschallen wir wollen es der Welt beweisen, dass wir unerschüttert inmitten des Getümmels stehen und noch Mut und Kraft genug haben um in unserer Mitte das Schöne und Große rüstig zu fördern,,“

Stephansdom
Franz Joseph
Stephansdom
Elisabeth

Zu diesem Thema ließ sich auch der Bürgermeister Dr. Seiller vernehmen: „Wir hängen mit Liebe und Verehrung an dieser monumentalen Zierde unserer Vaterstadt vermisst nicht ungern den Schmuck des schlanken das Donautals weithin beherrschenden Turmhelms fernerhin in seiner ursprünglichen Herrlichkeit erhalten und so wie durch Jahrhunderten der ernste Zeuge unserer Geschicke bleibe.“

Dom
Turmspitze
Wien
Pummerin

Sehr großzügig zeigte sich auch Fürst Philipp Batthyany der 5000 Gulden spendete.

Mit dem Neuaufbau der Turmspitze, die ganz aus Stein hergestellt werden sollte, wurde der Dombaumeister Leopold Ernst beauftragt: Die Vollendung erlebte er allerdings nicht, denn er starb am 17. Oktober 1862. Sein Nachfolger hieß Friedrich von Schmidt, der im Jahr 1859 zum Professor an der Akademie der Bildenden Künste in Wien ernannt worden war. In all den Jahren wollte man den Bau des unvollendeten Adlerturmes fortsetzen. Friedrich Schmidt hatte bereits Pläne dazu entworfen. Nach Bekanntwerden der erforderlichen Geldmittel von etwa 600.000 bis 700.000 Gulden lehnte die Gemeinde Wien das Projekt ab.

Endlich am 15. August 1864 war der Wiederaufbau des Turmhelmes vollendet. Die Weihe des Kreuzes und des Adlers wurde in einer Feierstunde im Dom vorgenommen. Doch die Aufsetzung derselben auf dem Turm musste unterbleiben, da infolge der ungünstigen Witterung und vor allem des orkanartigen Sturms ein Verweilen der Arbeiter auf der Turmspitze lebensgefährlich gewesen wäre. Das Fest der Kreuzerhöhung wurde einige Tage später nachgeholt.

Während der gesamten Umbauten gab es in all den Jahren keinen einzigen Unglücksfall. Nachdem der Turm gänzlich restauriert war wollte man ihn zum Schutz gegen Nässe mit Öl bestreichen. Glücklicherweise unterblieb dieses Vorhaben.

Die Turmspitze des Domes hatte schon viele Symbole gekrönt. Einst befand sich darauf eine Steinkugel, diese wurde durch eine Kupfer vergoldete Kugel mit Stern und beweglichem Halbmond ersetzt. Dieser Halbmond inspirierte damals einen Bäcker zu jenem Gebäck das heute als Kipfel bekannt ist. Kaiser Leopold I., ließ, nachdem er während der 2. Türkenbelagerung ein Gelübte ablegte, ein Kreuz auf den Turm setzen.

PUMMERIN

St. Stephan hat noch eine weitere Besonderheit aufzuweisen, die „Pummerin“. Die drei Meter hohe Glocke mit einem Gewicht von mehr als 20 Kilo wurde einst von Kaiser Josef I., gestiftet. Sie wurde aus 180 türkischen Kanonen im Jahr 1711 hergestellt und kostete 19.440 Gulden. Der Stifter hat den Klang der Glocke nie vernommen, erst sein Nachfolger Karl VI., durfte sich daran erfreuen. Zur Leichenfeier für Kardinal Rauscher 1875 wurde sie vorerst zuletzt geläutet. Einst war sie unterhalb der Türmerstube untergebracht. Insgesamt beherbergte der Dom 12 Glocken, heute 16. Seit 1925 wird das Läuten auf elektrischem Wege besorgt, nur die Pummerin wurde weiterhin manuell betätigt. Sie wurde bekanntlich ein Opfer des Zweiten Weltkrieges. Aus den Trümmern wurde jedoch 1951 eine neue Pummerin gegossen.

Erst seit 1897, nachdem das Lazansky Haus am Stock im Eisen Platz demoliert worden war, hat man vom Graben kommend nun den freien Blick auf das imposante und grandiose Bauwerk.Um das zu gewährleisten hatte damals unter der Wiener Bevölkerung eine öffentliche Sammlung stattgefunden, die in einigen Tagen die Summe von einer Viertelmillion Gulden ergab. Für diesen Betrag wurde die Freihaltung des Bauplatzes erkauft.

Quelle: Zeitungen der ÖNB, Bildmaterial Graupp

https://austria-forum.org/af/User/Graupp Ingrid-Charlotte/ST._STEPHAN_TURM


Siehe auch

-- Lanz Ernst, Samstag, 16. Oktober 2021, 14:32