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TABAKMONOPOL#

Monopol
Tabakblätter

Die Wirtschaftslage im Jahr 1927 war als schlecht zu bezeichnen, nur das Tabakmonopol entwickelte sich günstig.

Nicht allein, dass der Reinertrag infolge erhöhter Preise und rationeller Betriebe andauernd steigen: es hat sich auch der tatsächliche Verbrauch der Bevölkerung in ganz bedeutendem Masse gehoben. Wenn 1911 ein durchschnittlicher Konsum von 1,37 Kilogramm Tabak pro Kopf jeden Österreichers, ob jung, ob alt Mann oder Frau zu errechnen war, hat sich dieser theoretische Anteil 1923 auf 1.73 Kilogramm gehoben.

Das hatte natürlich zur Folge, dass der Reinertrag den der Staat aus der Bewirtschaftung des Monopols erzielt, nicht weniger wie 22.70 S pro Kopf und Jahr betrug, während er sich 1911 nur auf 9.88 S belief.

Sicherlich trifft eine so schematische Berechnung nicht ganz auf die tatsächlichen Verhältnisse zu, da ja auch ein gewisser, gegen den Inlandsabsatz nicht sehr bedeutender Export stattfindet. Sie beweist aber den immerhin ganz erstaunlichen Zustand, dass unsere verarmte Bevölkerung heute mehr als den doppelten Betrag für den Nikotingeruch ausgibt, als vor dem Krieg, eine Erscheinung, die schon vom soziologischen Gesichtspunkt aus außerordentlich interessant ist.

Das Maß der Gewöhnung an narkotische oder berauschende Mittel steht ja stets in einer gewissen Wechselbeziehung zum Wohlstand und zur Kulturhöhe der Menschen.

Ganz ohne diese scheint kein Volk – selbst nicht in seiner kraftvollsten Periode – auszukommen.

Aber in Zeiten des Niederganges oder der materiellen Not, steigert sich die Hingabe an Stimulanz, gleichsam als suche die Menge wie der einzelne Trost oder Betäubung als Ersatz für die mangelnde Notdurft des Leibes.

China und Indien bieten hierfür sprechende Beispiele mit ihren periodischen furchtbaren Hungersnöten, die immer begleitet werden von einem starken Anschwellen des Opium Genuss; die Versuche in den Prohibition Ländern zeigen andererseits, wie das Verbot des Alkohols automatisch ein Ansteigen des Koffein Genusses, ja schlimmer Rauschgifte mit sich bringt.

Glücklicherweise sind wir sanfterer Art und begnügen uns - mangels so ruchloser Gifte mit dem harmlosen blauen Rauch des Tabaks. Dass aber auch wir keine Ausnahme von der Regel bilden, lehrt die starke Zunahme des Alkohol- und Nikotinverbrauches seit dem Krieg.

Von der Wissenschaft wurde diesen Zusammenhängen bisher weniger Bedeutung beigemessen. Um so mehr Aufmerksamkeit fanden sie – förmlich intuitiv – bei den verschiedenen Finanzverwaltungen. Alkohol und Tabak speisen in allen Ländern lebendig sprudelnde Steuerquellen und wurden vielfach zum Gegenstand von Staatsmonopolen, um nur ja ihre Steuerkraft voll ausnützen zu können.

Liegt darin einerseits eine persönliche Note, indem ein an sich schädlicher Genuss gewissermaßen erlaubt wird, durch die Besteuerung zugunsten allgemein nützlicher Zwecke, so entbehrt doch dieser Zustand nicht auch einer tragikomischen Seite: Der Staat, der mit der einen Hand als Unternehmer seinen Anteil von Säufern und Rauchern einhebt, muss mit der anderen Hand Trinker Heil-, Tuberkulose- und Irrenanstalten errichten, um seine allzu eifrigen Kunden dort wieder gesund zu pflegen.

Unter Tabakmonopol und mit ihm die ähnlichen Einrichtungen anderer Länder haben ihren Ursprung eigentlich in Oberösterreich genommen.

Der Tabakgenuss ist ja bei uns verhältnismäßig jung und fand, nach der Entdeckung Amerikas hierher verpflanzt, in Europa, speziell in unseren Gegenden nur sehr langsam Eingang. Erst der Dreißigjährige Krieg dürfte seine Verbreitung und auch die Kenntnisse der Tabakpflanzung stark gefördert haben. Denn bald nach diesem ersten europäischen Krieg finden wir die Kultur der Tabakpflanze schon vereinzelt in Böhmen und Südtirol. Wichtiger war, dass der Handel mit Tabak damals schon ziemlich bedeutend sein musste, da in den österreichischen Erbländern ein Zoll von 40 Kreuzern auf die Einfuhr eines Zentners Tabak erhoben wurde.

Diese Verhältnisse brachten manchen findigen Kopf auf den Gedanken, sich mit dem neuen Geschäftszweig zu befassen, und insbesondere der Adel bemühte sich in den einzelnen Ländern um Privilegien für das Alleinrecht der Tabakeinfuhr, wie ja ähnliche Monopole, zum Beispiel in Gewürzen, gewissen Tuchen usw. von den Einkommen bedürftigen Fürsten jener Tage gern gegen Beteiligung am Gewinn verliehen wurden.

Tatsächlich gelang es 1670 dem damaligen Oberst Landjägermeister in Österreich ob der Enns, Christoph Grafen Khevenhüller, bei Kaiser Leopold I., ein gnädiges Gehör zu finden. Dieser verlieh dem Grafen das ausschließliche Recht der Tabakeinfuhr im damaligen Österreich ob der Enns, wogegen sich Khevenhüller verpflichten musste, den bisherigen Zoll weiter zu entrichten, weiter aber auch die kaiserliche Jagd im Lande instand zu halten. Wie diese Verquickung von Jagdschutz mit dem Kraut des Nikotin den oberösterreichischen Hirschen und Rehen bekam, ist zwar nicht überliefert, für Khevenhüller aber scheint das Abkommen sich als sehr vorteilhaft erwiesen zu haben. Denn er erhielt sehr bald eine Konkurrenz, zunächst in der Person des Grafen Leopold Königsegg, der das gleiche Privileg für Niederösterreich erbat und erhielt, dann aber innerhalb seines eigenen Arbeitsgebietes in dem Handelsmann Johann Geiger aus Enns.

Dieser hatte als unternehmender bürgerlicher Kaufmann bald herausgefunden, dass das Privileg des Oberst Landjägermeister Lücken aufwärts und bemühte sich daher um eine Bewilligung für die Verarbeitung des Tabaks, welche er auch im Jahr 1676 in Form eines feierlichen Privilegien, allein und ausschließlich erhielt. Er errichtete nun in Enns Werkstätten, in denen die Tabakblätter, die er von den produzierenden Bauern um einen bestimmten Preis ablösen musste, der Weiterverarbeitung unterzogen wurden. Der Anbau des Tabaks blieb frei, was zur Folge hatte, dass sich nun diese Kultur in den Erbländern rasch einbürgerte.

Nach den damaligen Geschmack wurde der Tabak viel weniger geraucht, als geschnupft. Insbesondere in den feineren Kreisen galt das Rauchen für ordinär. Die Raucher aber konnten natürlich nur die Pfeife, unsere Zigarren und Zigaretten blieben späteren Generationen vorbehalten.

Geigers Werkstätte, die das Muster der späteren ärarischen Tabakfabriken wurde, beschränkte sich daher auf die Trocknung, Fermentation und Pulverisierung der roh eingekauften Tabakblätter.

Mit diesen Privilegien war eigentlich das Wesen des Monopols begründet, freilich ohne, dass der Regierung die großen Gewinne zufielen, die der Tabakhandel begründete. Allerdings muss man ihr zubilligen, dass sie diesen Mangel rasch genug einsah, ein Vorzug der österreichischen Finanzämtern auch heute noch eignen soll.

Die Privilegien, die nur 15 bis 20 Jahre liefen, wurden nämlich nicht mehr verlängert, sondern zunächst der ganze Tabakhandel einmal versuchsweise verpachtet. Die glücklichen Pächter, zwei Kaufleute, die aus Italien nach Österreich eingewandert waren, Liscadin und Donadani mit Namen, zahlten zwar ursprünglich nur 2.400 Gulden Pacht, aber sie wurden , nachdem der Appetit des kaiserlichen Aerars einmal geweckt war, Jahr für Jahr gesteigert.

Ihre Pachtung galt nur für Innerösterreich, während in den anderen Ländern der späteren Monarchie ähnliche Verträge mit verschiedenen Unternehmern geschlossen wurden. Sie alle trugen dem Fiskus um 1701 schon 80.000 bis 100.000 Gulden jährlich ein, innerhalb zweier Jahrzehnte immerhin eine ganz respektable Steigerung.

Zwischen 1701 und 1783 folgt nun eine Periode verschiedener Organisationsversuche. Einmal wurde das Monopol in eine Art Umsatzsteuer verwandelt, ein anderes mal stellte man es eine Zeit hindurch unter die direkte Verwaltung des Staates.

In jenen Jahren entstand 1722 in Hainburg die erste ärarische Tabakfabrik, der bald nachher eine andere in dem uns schon bekannten Altsitz der Tabakfabrikation in Enns folgte. Vorherrschend blieb aber dennoch die Methode der Länder weisen Verpachtung, die für den Staat das geringste Risiko bot und dennoch sehr hohen Ertrag lieferte. Betrugen diese doch schon 2,838.000 Gulden jährlich, als das Monopol 1783 endgültig in die eigene Regie des Staates übernommen wurde.

Nur in Ungarn gelang es infolge des geschickten Widerstandes der Stände nicht, das Monopol einzuführen. Verschiedentlich unternommene Versuche missglückten und tatsächlich wurde es dort erst 1851 nach der Niederwerfung der Revolution dauernd begründet.

In der österreichischen Reichshälfte aber entwickelte es sich von da ab ständig weiter und blieb neben dem Salzmonopol das einzige staatliche Unternehmen, welches stets mit hohen Gewinnen arbeitete.

Während aber letzteres in unserer Republik Staats finanziell durch den Verlust der galizischen Salzlager sehr an Bedeutung verlor, hat das Tabakmonopol in den letzten Jahren geradezu Rekord Erfolge erreicht. Man wird wohl nicht fehlgehen, wenn man annimmt, dass neben den eingangs geschilderten Ursachen auch das immer mehr zunehmende Rauchen der Frauen hierzu in großem Maße beiträgt.

Wir verbrauchen heute iin Österreich weit über 300 Millionen Schilling für Tabakfabrikate , d. h., fast ein Zwanzigstel unseres gesamten Volkseinkommens, Glücklicherweise arbeitet die Tabakregie mit fast 60% Brutto Gewinn , so dass wenigstens nur die kleinere Hälfte dieser ungeheuren Summe effektiv in blauen Rauch aufgeht, die größere aber in die Wirtschaft zurückfließt und so mithilfe neue Werte zu schaffen.

Quelle Tages Post 1927 Lu ger. ÖNB

https://austria-forum.org/af/User/Graupp Ingrid-Charlotte/TABAKMONOPOL