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WERTPAPIER#

Monarchie
Wertpapier

Wertpapiere haben außer ihrer wirtschaftlichen auch eine technologische Geschichte und die Technik der Wertpapiererzeugung bietet zugleich ein Bild von dem jeweiligen Stand der graphischen Künste der Wissenschaften und der herrschenden Moderichtung.

Die Wiener Weltausstellung 1873 sollte und musste auf verschiedenen Gebieten Neues bieten wurde zum sogenannten Gradmesser der wirtschaftlichen Entwicklung Österreich-Ungarns.

In nur 21 Monaten entstand auf dem Pratergelände Gigantisches. Schon allein die Rotunde mit ihrem weltgrößten Kuppelbau von 85 Meter Höhe, sehenswert die 194 Pavillons in den diversen Baustilen, 53.000 Aussteller aus 35 Ländern. Doch der Riesenerfolg wurde durch den Börsenkrach und Cholera zunichte gemacht, wie so oft wurde das Land von Pech verfolgt.

Durch die Weltausstellung erwarteten sich die auf dem Gebiet des Kupfer- und Stahlstiches, der Buchdruckerkunst und Lithographie etwas Neues, geeignet, um wieder direkt oder indirekt Verwertung in der Technik der Wertpapiere zu finden.

Nicht nur der repräsentierte Wert des Kreditpapier soll dem Besitzer Sicherheit gegen Beschädigung und Nachahmung bieten, so liegt es an der Kunst die gefordert ist um die Sicherstellung durch Fälschung zu verhindern, denn nirgends liegt die Versuchung näher den alten Wahlspruch „Was Menschenhände schaffen, ahmen Menschenhände nach“ immer auf das neue zu dokumentieren als gerade bei den Wertpapieren. Gerade gebildete Menschen scheinen in der Kriminalgeschichte auf, die auf Abwege geraten sind und Wertpapiere täuschend ähnlich fälschen konnten.

Es dürfte auch für Fachleuten von Interesse sein, in dieser Hinsicht bei Wertpapieren angewandte Kunstleistungen und technischen Hilfsmittel zu begegnen, um sich ein Bild von stetigen Fortschritt zu machen, die trotz gewisser Eleganz und künstlerischer Ausstattung Schutz vor Nachahmung immer schwieriger zu gestalten.

Die Technik der Wertpapiere lässt sich, wenn wir Law Kreditoptionen als Ausgangspunkt betrachten, bis zur Jetztzeit in drei ungleiche Abschnitte trennen, und zwar in die Zeitperiode bis zur Erfindung der Lithographie, also von 1716 bis 1818, dann in die zweite bis zur Erfindung der Draguerreotypie und Fotografie 1838 und des Lichtdruckes Heliographie, 1844 durch Riépce St. Victor und von da ab als dritte bis in die Gegenwart.

Die Erzeugung von Wertpapieren ging aus Kupferstich und Buchdruckerkunst hervor, dabei ist der Buchdruck mangelhaft ausgeführt und dem Kupferstich in Verwendung gebrachten Vignetten fehlt der markige Stich und die Wärme des Tons. Auch das geschöpfte Papier entspricht nicht den Vorstellungen, ist meistens schwammig, wodurch die sich vorfindenden Wasserzeichen und die Trockenstempel an Deutlichkeit verlieren. Die Serien und Nummern wurden größtenteils so wie die Unterschriften der betreffenden Firmen aus freier Hand geschrieben. Erst zu Ende des vorigen Jahrhunderts, zur Zeit der Bankozettel, der französischen Assignaten und Mandate, begegnet man den in Typendruck ausgeführten Facsimiles der Aussteller. Die Geschmacksrichtung war in der Erfindung der Zeichnung ebenso einfach als steif, die Formate unförmlich und nicht handlich.

Anfangs kamen die Guillochen in Anwendung, doch die Art und Weise, wie dieselben auf dem Wertpapieren angebracht wurde macht einen nahezu komischen Eindruck. Ohne die geringste Harmonie oder Verbindung mit den spärlichen Arabesken und Ornamenten wirken sie beinahe störend.

Um diese Zeitperiode dominierte der Buchdruck; selbst in England wurden die Wertpapiere mittelst desselben erzeugt. Natürlich waren auch die Guillochen in Buchdruckmanier angefertigt.

Als aber durch Sennefelder 18181 die Lithographie erfunden und dadurch die Möglichkeit geboten war, jeden beliebigen Kupferstich oder Buchdruck auf Stein umzudenken, somit Fälschern von Wertpapieren sich ein weites Feld ihrer verbrecherischen Tätigkeit erschloss, suchte man der Nachahmung durch Doppeldruck, d. h., durch Farbendruck vorzubeugen. Um die Zwanzigerjahre finden wir schon eine gewisse Sorgfalt und Auswahl in den Typen selbst, man suchte Guillochen und Arabesken in einen bestimmten Zusammenhang zu bringen. Serien und Nummern wurden gedruckt. Nur das Format entsprach noch nicht den Erwartungen, besonders jenes der Obligationen. Lospapiere hatten das Format unserer gegenwärtigen Wechsel, waren mit Juxten versehen und die Nummern des Loses waren entweder in Latein- oder Kurrentschrift auf Liniengrund ajus freier Hand geschrieben, wobei sie außerdem auf gleiche Weise in Ziffern ausgedruckt erschienen. Auch hatten alle Lose einen mittelst Trocken Stampiglie hervorgebrachten Stempel. In ähnlicher Weise waren die Wechsel Blanquette adjustiert. Die österreichischen Banknoten waren zu dieser Zeit noch in Typendruck angefertigt und hatten doppelfarbige Guillochen.

In der Regelmäßigkeit der Guillochen lag eine große Erschwerung gegen Nachahmung, während der damit verbundene Farbendruck bestimmt war, gegen den Umdruck durch Lithographie zu schützen.

Zu Ende der dreißiger Jahre erschienen die Reliefarbeiten, auch numismatische genannt. Dieselben sind in ihrer Wesenheit ein schätzenswertes Material und haben bis jetzt, in gewissen Verhältnissen angewendet, ihren Platz behauptet. Zugleich erschien in England eine neue Art und Weise der Übertragung von Stahlstich auf andere Drucke geeignete Unterlagen, und wir finden bald dieses System namentlich in Amerika in vollster Anwendung. Die Amerikaner sind diesem System bis zum heutigen Tag treu geblieben und verwenden dasselbe auf allen ihren Obligationen, Banknoten, Wechseln und Losen.

Die Ausbreitung der Vervollkommnung der Lythographie hatte bald auch deren Anwendung bei Wechseln und Losen zur Folge. Statt des geschöpften Papiers kam nun das billige, weiße und mitunter zum Druck ganz vorzüglich geeignete Maschinenpapier in allgemeinen Gebrauch.

Um die Vierzigerjahre, als Daguerreotypie und Fotografie die Kunstwelt zu beschäftigen anfingen, als die Galvanoplastik die Vervielfältigung einer einzigen Originalplatte, ins Unendliche gestattete, begann eine neues Streben diese Fortschritte auszunutzen, um den Verfälschungen neue Hindernisse entgegenzustellen.In diese Epoche fallen zahlreiche Vorschläge von Verbesserungen durch wohlunterrichtete Männer, und viele dieser Verbesserungen haben sich seither für immer behauptet. Nebenbei bleibt es jedoch interessant, auch jener bloß Hypothese gebliebenen Vorschläge zu gedenken, weil sie von Zeit zu Zeit immer wieder als angebliche Unica gegen die Möglichkeit von Verfälschung empfohlen und ausgestoßen werden.

Im Laufe der Jahre hat man das Gute der einzelnen Systeme wieder zu einem neuen verbunden. So sind gegenwärtig drei Hauptsysteme zu unterscheiden. Das amerikanisch, das deutsche und englische System bekannt sind.

Die allerbesten Wertpapiere stellten die Amerikaner her, sie hatten die beste Ausstattung, sowohl in Papier, Farben und Fälschung.

Den amerikanischen sind die deutschen Wertpapiere weitaus die besten Fabrikate. Während in Amerika der Stahlstich und und Kupferdruck vorherrscht, wird in Deutschland der Typo- und Lithographie zur Herstellung von derlei Fabrikaten der Vorzug gegeben. Deutsche Firmen wie B. Dondorf in Frankfurt. Giesecke & Devrient in Leipzig erwarben Weltruf.

Das englische System steht zu dem amerikanischen und deutschen im grellsten Widerspruch. Die englischen Wertpapiere und Banknoten haben keinerlei Kunstleistungen aufzuweisen. Einzig das Papier ist vorzüglich. Worin liegt die Sicherheit, in welcher sich der Engländer mit seiner gegenüber anderen Systemen so einfache Auffassungsweise wiegen darf, da ja erstens diese Wertpapiere nicht bloß für „Old England“ allein gedruckt werden, und zweitens dieses Land auch nicht ganz von raffinierten Gaunern frei sein soll. „Durch Vorsicht schützt sich Jedermann am besten selbst“ ist zur allgemeine Devise geworden.

QUELLE: Buchdrucker Zeitung, 17. Juni 1873, S 3, 19, Juni 1873, S 2 ANNO Österreichische Nationalbibliothek

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