Die Familie Mozart feiert Weynachten#
Von Ernst LanzMehr als dreißig Jahre vor der Geburt Wolfgang Amadé Mozarts stritten die Jesuiten am Collegium in Rom um den eigentlichen Geburtstermin Jesus von Nazareth. Das war 1722.[1] Schließlich wollten sie das Fest in den Mai verlegen. Weihnachten im Mai? Dazu kam es nicht mehr. Noch Anfang der 1730er-Jahre wurden Evangelische vom sittenstrengen und glaubenstreuen Erzbischof Firmian aus dem Erzstift Salzburg hinausgejagt.
Leopold Mozart, der Vater des Wunderkindes, trat 1743 als "Hofmusicus" in den Dienst des Salzburger Erzbischofs Sigismund. Das Geburtshaus befand sich in der Getreidegasse auf Nummer 9. In der Nähe liegen die Bürgerspitalskirche und Universitätskirche, die Franziskanerkirche, die Klosterkirche des (Erz-)Stiftes St. Peter und der Salzburger Dom liegen doch ziemlich weit vom Mozart-Geburtshaus weg. Weil Leopold Mozart im Dienst des Salzburger Erzbischofs stand, war auch der Salzburger Dom seine Wirkungsstätte. Später übersiedelte die Familie Mozart in ein Gebäude auf dem heute bekannten Makartplatz. Der Weg war noch weiter, weil die Salzach über eine Brücke gequert werden musste. Immerhin von einem halben bis ganzen Kilometer.
Musikexperten versuchten stets Vorbild für das Stille Nacht zu finden. Aber keine Melodienfolge, wenn auch nur in wenigen Takten bot sich dar. Vielleicht laut Hildesheimer (1977) die ersten Takte des von Mozart 1776 geschriebene Bläser-Divertimento in Es (KV 252 (=240a) [2] und laut Haid (1986) ein damals bekanntes Neujahrslied, das von Kindern gesungen wurde.[3] Mozart hatte ein beeindruckendes Musikgehör, eher -gedächtnis. Weihnachten und Neujahr liegen eng zusammen. Später werden sich Beethoven und Wagner für die ersten Takte des Divertimentos interessieren.
Im Januar 1776 komponierte Wolfgang Amadé Mozart ein Bläser-Divertimento für zwei Oboen, zwei Hörner und zwei Fagotte. (Köchelverzeichnis 240a = KV 252 Mozart-Verzeichnis Nr. 9);[2] Mozart hatte die Melodie offenbar von einem Volkslied, genauer gesagt von einem Neujahrslied, das von Kindern gesungen wurde.[3] Weihnachten und Neujahr liegen knapp zusammen. Später wurde das Divertimento, besonders seine ersten Takte zur Vorlage des Weltweihnachtsliedes "Stille Nacht Heilige Nacht". Die Melodie hatte der Lehrer und Organist von Arnsdorf, Franz Xaver Gruber 1818, nach einem von Priester Joseph Mohr (1816) vorgelegten Text - vielleicht auch schon mit Melodie - geschaffen. Danach interessierten sich noch ein Ludwig van Beethoven und ein Richard Wagner für die ersten Takte des Mozart'schen Divertimento.
Weihnachten als Fest gab es schon immer, jedoch wurde es nicht so gefeiert wie heute. Die eigentliche Bescherung gab's schon am 5./6. Dezember zu. St. Nikolaus. Und der Jahreswechsel war eher ein ruhiger Tag und allerhöchstens wünschten sich die Menschen alles Gute zum neuen Jahr.
Im ausklingenden 18. Jahrhundert beschrieb Goethe in seinem Brief-Roman "Werther" (Leipzig 1774) ein Familienfest mit Lichterbaum. Dazu ein Auszug zum 20. Dezember (natürlich nur im Roman!): "An demselben Tage, als Werther den zuletzt eingeschalteten Brief an seinen Freund geschrieben, es war der Sonntag vor Weihnachten, kam er abends zu Lotten und fand sie allein. Sie beschäftigte sich, einige Spielwerke in Ordnung zu bringen, die sie ihren kleinen Geschwistern zum Christgeschenke zurecht gemacht hatte. Er redete von dem Vergnügen, das die Kleinen haben würden, und von den Zeiten, da einen die unerwartete Öffnung der Tür und die Erscheinung eines aufgeputzten Baumes mit Wachslichtern, Zuckerwerk und Äpfeln in paradiesische Entzückung setzte …" Eigenartig, dass Goethes "Werther" zum Schlüsselroman des Sturm und Drang wurde.
Am 22. Dezember 1781 schrieb Wolfgang Amadé Mozart an seinem Vater Leopold Mozart, dass er sich verlobt habe, und zwar mit Mademoisselle Constanze Weber.[4] Im Brief an den Vater: "und werden daraus gesehen haben daß ich in meinen 26:ten Jahre nicht so dum seÿn werde so im tage hinein zu heÿrathen, ohne etwas gewisses zu haben – daß meine ursachen mich so bald möglich zu verheÿrathen sehr gut gegründet sind, und daß, nachdem wie ich ihnen mein Mädchen geschildert habe, mir selbe als frau sehr gut zu statten komen wird (…) ich verfasste die schrift also, daß ich mich verpflichte in zeit 3 Jahren die Mad:selle Constance Weber zu eheligen; wofern sich die ohnmöglichkeit beÿ mir erreignen sollte, daß ich meine gedanken ändern sollte, so solle sie alle Jahre 300 fl: von mir zu ziehen haben. – ich konte Ja nichts leichers in der Welt schreiben. – den ich wusste daß es zu der bezahlung dieser 300 fl: niemalen komen wird – weil ich sie niemalen verlassen werde – – und sollte ich so unglücklich seÿn meine gedanken verrändern zu könen – so würde ich recht froh seÿn, wen ich mich mit 300 fl: davon befreÿen könte – und die konstanze wie ich sie kene, würde zu Stolz seÿn, um sich verkaufen zu lassen. – was that aber das himlische Mädchen, als der vormund weg war? – sie begehrte der Muter die schrift – sagte zu mir. – lieber Mozart! ich brauche keine schriftliche versicherung von ihnen, ich glaube ihren Worten so; – und zeriss die schrift. – dieser zug machte mir meine liebe konstanze noch werther." Er war verpflichtet gewesen, sie innerhalb von drei Jahren zu ehelichen. Bei Nichteinhaltung des Eheversprechen müsse er 300 Gulden zahlen. Im darauffolgenden August 1782 fand im Wiener Stephansdom die Hochzeit statt. Aus der Ehe entsprangen zwei Söhne.
Seit dem 14. Dezember 1784 gehörte Mozart der Freimaurerloge „Zur Wohlthätigkeit“ wie sein engster Freund Joseph Haydn an. Haydn widmete er 1785 sechs Streichquartette (KV 387, 421, 428, 458, 464, 465). Mit Haydn bestritt er angeblich so manches Kammermusikkonzert. 1785 wird Mozart als Mitglied der Freimaurerloge „Zur neugekrönten Hoffnung“ erwähnt. Über das innere Wirken der Logen hat sich nichts erhalten. Ihr gesellschaftliche politischer Einfluss dürfte eher vom kaiserlichen Hof überschätzt worden sein. Dennoch: Die Geheimpolizei überwachte beide Institutionen. Ebenso zählte der Direktor des Theater an der Wien Emanuel Schikaneder als außenstehender Logenbruder zum Freundeskreis Mozarts.
Ernst Lanz 2018-2019
Anmerkungen
[1] Vgl. Johann Heinrich ZEDLER, Grosses vollständiges Universal-Lexikon Aller Wissenschaften und Künste …, Artikel "Weyhnachten", Spalte 1209 - Für mich war lediglich die Tatsache interessant, dass in Rom über den Geburtstermin Jesu von Nazareth in Theologenkreisen diskutiert wurde. Deswegen auch dieses skurrile und nicht gerade kunstvolle Essay - Ernst Lanz
[2] Vgl. Wolfgang Hildesheimer, Mozart. Frankfurt am Main 1977, Seite 213
[3] Gerlinde Haid, Wir bringen dem Kindlein ein Lied dar. In: Präsent. Dezember 1986
[4] Inhalte der Briefe siehe Mozart. Briefe und Aufzeichnungen. Gesamtausgabe. Hrsg.: Internationale Stiftung Mozarteum Salzburg 2005
Weiterführendes
- Mozart, Wolfgang Amadeus/Biographien
- Mozart Skizzen eines Musikerleben (Essays von Lanz E.)
- Das Wien in der Zeit von Wolfgang Amadé Mozart (Essay von Lanz E.)