Johann Lucas von Hildebrandt – Vielseitiger Baukünstler des Prinzen Eugen#
Von Ernst Zentner
Neben Johann Bernhard Fischer von Erlach zählte Hildebrandt zu den wichtigsten und vielseitigsten Barockbaumeistern Österreichs. Dieser entstammte bürgerlichen Verhältnissen und wurde am 14. November 1668 in Genua geboren. Sein Vater war deutscher Hauptmann der kaiserlichen Armee. Der Sohn studierte um 1690 bei Carlo Fontana (Rom) die Baukunst. Danach diente Lucas Hildebrandt freiwillig als Festungsingenieur während der Italienfeldzüge des Prinzen Eugen von Savoyen (1695-96).Von 1696 an lebte Hildebrandt in Wien, wo er dank Eugens Intervention erste Bauaufträge erhielt. Während der folgenden Jahrzehnte baute er für Adel, Klerus und frühes Bürgertum. Beinahe in der gesamten österreichischen Monarchie realisierte er Umbauten, viele Schlösser, Paläste, einige Kirchen und Klöster sowie einfache Wohnhäuser. Zuvor wirkte der Baumeister sogar als Kartograph an einem Wien-Plan mit (1704/05).´
Die 1702 geschlossene - kinderreiche - Ehe mit einer Beamtentochter verlief trist. Im hochgebildeten "Kavaliersarchitekten" verbarg sich ein äußerst schwieriger Mensch. Seit 1700 stand er offiziell als "Hoff-Ingenieur" im Dienst des Kaiserhauses, das ihn leider benachteiligte. Die Habsburger bevorzugten den imposanten Baustil ihres Ersten Hofbaumeisters J. B. Fischer von Erlach (gest. 1723) und seines Sohnes Joseph Emanuel (gest. 1742). Selbstverständlich erblickte Hildebrandt in ihnen verhasste Gegenspieler. Obwohl er 1720 geadelt wurde und drei Jahre später die ersehnte höchste Hofbaumeisterstelle angetreten hatte, legte das Kaiserhaus kaum mehr Wert auf seine Mitarbeit.
Zuerst baute er 1697-1715 den Gartenpalast Mansfeld-Fondi (= Schwarzenberg-Palais; Wien-Rennweg). Gleichzeitig wagte er sich an Sakralbauten nach Muster südländischer Kuppelkirchen. Sie sind allerdings nur verändert erhalten geblieben (Wien: Piaristenkirche Maria Treu und St. Peterskirche; Gabel/Jablonné v Podještědi, Nordböhmen: Klosterkirche St. Laurentius).
Hildebrandt schuf für seinen bedeutendsten Bauherrn Prinz Eugen die Schlösser Ráckeve (Donauinsel Csepel, Budapest) und Schloss Hof (Marchfeld, NÖ). Das Wiener Winterpalais des Prinzen erfuhr durch "Jean Lucca" großzügige bauliche Erweiterungen. Anschließend beauftragte der kunstsinnige Savoyer den Architekten mit dem Bau des Unteren und Oberen Belvederes (1714-16 bzw. 1721/22). Diese festliche Schlossanlage gilt generell als die Hauptschöpfung Hildebrandts.
Weiters avancierte der Baukünstler seit 1706 zum Hausarchitekten der Kirchenfürsten Schönborn in Österreich und Süddeutschland. Für Friedrich Carl Graf von Schönborn - damals Reichsvizekanzler - erbaute er ein Palais in Wien-Josefstadt (heute Volkskundemuseum) und ein Landschloss bei Göllersdorf (NÖ). Friedrich Carl hielt den Hildebrandtstil für "die heutige beste bau Kunst" und empfahl den Künstler an seinen Onkel Lothar Franz - Mainzer Kurfürst und Bamberger Fürstbischof - weiter. Seine von Johann Dientzenhofer gebaute Sommerresidenz Schloss Weißenstein zu Pommersfelden bekam eine von Hildebrandt entworfene Treppenanlage (1711-15). Friedrich Carl - mittlerweile Fürstbischof von Würzburg - zog längst Hildebrandt an die von Balthasar Neumann geschaffene Würzburger Residenz hinzu (1720-44).
Ebenso versorgten die Harrachs den Bauingenieur mit etlichen Aufträgen- So leitete er den Bau des Jagdschlosses Halbturn (Burgenland). Obendrein erneuerte der Meister nach dem Willen des Salzburger Erzbischofs Franz Anton Fürst von Harrach die Residenz und das Schloss Mirabell (1721-27; Stiegenhaus!)Für Wirich Graf von Daun (Vizekönig von Neapel) gestaltete der tüchtige Architekt einen prächtigen Stadtpalast auf der Freyung zu Wien (1713-16; Kinsky-Palais). Zeitgenossen bewunderten diesen Prachtbau.
Auf Geheiß Kaiser Karls VI. errichtete Hildebrandt 1717-19 die neue Hofkanzlei (heute Bundeskanzleramt).
Der Baumeister überreichte dem Abt Gottfried Bessel von Stift Göttweig - übrigens ein Freund der Schönborns - Neubaupläne (1719). Diese gelangten erst lange nach Hildebrandts Tod zur baulichen Umsetzung als grandiose - torsohafte - Klosteranlage.
Im Gegensatz zum Fischerschen Monumentalstil (Schönbrunn, Karlskirche, Hofbibliothek) kreierte Johann Lucas von Hildebrandt italienisch-französisch inspirierte, liebenswerte und anspruchsvolle Baujuwele.
Zeitlebens litt er an Epilepsie und im Alter an einer Sehschwäche. Am 16. November 1745 - zwei Tage nach Erreichung seines 77. Lebensjahres - verstarb er in Wien und wurde bei St. Stephan beigesetzt.
Quellen (Auswahl)
Siehe auch
- Barockes Wienn in kleinen Beispielen der Baukunst (Hier Abbildungen des Palais Kinsky)