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Absolutismus - Frühaufklärung#

Barocke Ordnung - wie geordnet?#

In der Kunst, Kultur und Gesellschaft drückte sich das Wesen des Barocks als wohlgeordnete, scheinbar ausgereifte, um komponierte symmetrische Geisteshaltung ausgefaltet worden war. Symmetrie repräsentiert Ordnung im irdischen Kosmos des Menschen nach der Wende zum 18. Jahrhundert. Ordnung auch gefälligst in der Sozialhierarchie. Jedem Individuum war sein Platz vorgezeichnet und vom Schicksal vorbestimmt. Sogar die über-gesellschaftliche Position Karls VI. gehörte hierzu. Solange Karl VI. regierte, erlebte seine große Welt das Stillschweigen vor der Aufklärung. Nur ganz wenige Menschen erahnten, dass sich sehr bald ein Ende überkommener Gesellschaftsnormen und ein Anfang einer Idee des freien Willens mit allen Konsequenzen und Ergebnissen manifestieren würde. Die gesellschaftliche Erstarrung würde bald aufgeweicht werden.

Des Kaisers Weltsicht#

Karl VI. lebte in seinem mittelalterlichen Weltbild, das er auch gründlich in die Welt des Barock hinübergerettet hatte. Für ihn war das unmöglich, dass ein Habsburger-Kaiser mit dem Untertan eine Annäherung wagte. Aber irgendwie verkörperte er manchmal als erster habsburgischer Exponent den aufgeklärten Absolutismus - lange bevor Friedrich der Große seinen Auftritt in der Universalgeschichte hatte. Vielleicht verhinderte seine adelige Umgebung Verbesserungen am Gesellschaftssystem zu ermöglichen.
Charles de Secondat, Baron de Montesquieu (1689-1755), Porträt
Charles de Secondat, Baron de Montesquieu (1689-1755), Ausschnitt eines Porträtgemäldes, Mitte 18. Jahrhundert; Schloss Versailles - Foto: Maarten van Vliet, Wikimedia Commons - Gemeinfrei

Intellektuelle in Wien#

Jedoch der Kaiser hatte einen versteckten Kritiker: Montesquieu, der in Wien zeitweilig den französischen Gesandten vertrat, zählte den Kaiser nicht zu den gebildeten Männern in Wien. Das waren höchstens, so schrieb er in einem Brief im April 1728, Prinz Eugen und Guido Graf Starhemberg. Damit hatte der schlaue Staatsphilosoph, dessen Lehren einmal den Absolutismus zum Untergang verdammen würden, aus einer Momentaufnahme heraus, den Kaiser geradezu irgendwie herabgesetzt. Mit anderen Worten; Montesquieu war über die Verhältnisse in Habsburg-Österreich kaum begeistert. Aber moderne kulturelle Richtlinien in Österreich zu errichten, erwies sich schon lange als schwieriges Unternehmen. Aber immerhin brachte der Herrscher gute Manieren auf.

Ein Geisteswissenschaftler beim Kaiser#

Der französische Geisteswissenschaftler war damals auf einer Informationsreise[1] in halb Europa und lieferte Berichte über die Staatsverantwortlichen in seiner Zeit - die Entwicklung Preußens zu einem "modernen" Staatswesen faszinierte ihn. Er fungierte aber auch als französischer Botschafter, der Erkundigungen über wichtige Persönlichkeiten einholte und schriftliche Beschreibungen belletristischer Art erstellt hatte. Montesquieu war ein scharfsinniger Beobachter. Montesquieu erhielt Anfang Mai 1728 dank Prinz Eugen die Gnade vom Kaiser und der Titular-Kaiserin in Laxenburg in besonderer Audienz empfangen zu werden: Karl VI. konnte geringstenfalls einen französischen Philosophen und seine Gedankenwelt kennenlernen. Der Kaiser, der sich in seinem ultrakonservativen Weltbild sehr wohl gefühlt hatte, hatte sich für vorrevolutionäre Ansichten sowieso nicht interessiert – nur für Spanien! Montesquieu deutete in einem seiner Briefe an, dass der ehrgeizige Kaiser Spanien wollte, weil er es nicht haben konnte, war er selber Spanier!

Der Kaiser unterrichtet Montesquieu#

Montesquieu wurde die Gnade gewährt mit dem Kaiser und seinem Hofrat Johann Wilhelm von Wurmbrand zu dinieren. Der Kaiser dürfte dem Philosophen Unterricht in der Geschichte des Heiligen Römischen Reiches gegeben haben. Das allerdings den föderalen Gedanken innehielt, anders als in Frankreich. Die römisch-deutschen Kaiser waren "Wahlmonarchen". Karl VI. war Erzherzog eines "deutschen Staates" - unglaublich, so das alte Österreich.
Montesquieu lehnte allgemein die Entstehung und Bewahrung eines Staates durch göttliche Vorsehung ab und trat eher für eine realistische und soziologische Sicht ein. Damit hatte er damals gewiss angeeckt.
Weltverbesserer hatten damals kaum Chancen ...

Keine Philosophen, welche die Welt erklären#

Österreichische Philosophen waren dereinst sowieso rar gesät – zumeist gab es solche höchst gar nicht. Und wenn es sie gab, wurden sie nur geduldet. Generell ging Philosophie innerhalb der Theologie auf.
Montesquieu wurde die Gnade gewährt zu einem Handkuss zugelassen zu werden. Dabei lernte der Franzose die elfjährige, launenhafte Erzherzogin Maria Theresia kennen. [Montesquieu schrieb dazu höflich: "… die Spuren der Lieblichkeit als der schönsten Prinzessin der Welt". (Am 20. Mai 1728 soll die Begegnung stattgefunden habe.)]

Anmerkung:

[1] Charles - Louis de Secondat Montesquieu: Meine Reisen in Deutschland 1728 - 1729. Stuttgart 2014