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Marie-Antoinette und die schönen Künste#

Von Ernst Zentner

Marie-Antoinette von Österreich-Lothringen, am 2. November 1755 in Wien geboren, war die jüngste Tochter Kaiser Franz' I. und der Maria Theresia. Um das Bündnis mit Frankreich zu stärken, wurde sie im Alter von mehr als 14 Jahren mit dem späteren König Ludwig XVI. verheiratet. Er stand häufig unter ihrem Einfluss. Unfreiwillig verstrickte sie sich in die "Halsbandaffäre" (1785/86), die das Ansehen der französischen Monarchie ruinierte. Im Verlauf der Französischen Revolution betrieb sie Verhandlungen mit liberalen Vertretern der Revolution (Mirabeau und Barnave) und initiierte den - missglückten Fluchtversuch der Königsfamilie im Juni 1791; eine Gegenrevolution anzuführen scheiterte. Schließlich legte ihr das Revolutionstribunal in einem kurzen Schauprozess Hochverrat zur Last und enthauptete sie am 16. Oktober 1793 in Paris.

Weniger bekannt ist die Tatsache, dass Marie-Antoinette auch als großzügige Förderin der Künste am - finanzschwachen - Hofe Ludwigs XVI. galt. In dieser Hinsicht warfen ihr anti-österreichische Kreise stets übertriebene Verschwendungssucht vor - doch sie tat dies nur in nachbarocker Repräsentationsmanier.

Marie-Antoinette mit ihren beiden Kindern Marie Thérèse Charlotte und Louis Joseph Xavier François im Park von Trianon, Adolf Ulrik Wertmüller, ca. 1785 und 1786; Nationalmuseum Stockholm - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei - Übrigens: Die Königin mochte das Bild nicht ...
Marie-Antoinette mit ihren beiden Kindern Marie Thérèse Charlotte und Louis Joseph Xavier François im Park von Trianon, Adolf Ulrik Wertmüller, ca. 1785 und 1786; Nationalmuseum Stockholm - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei - Übrigens: Die Königin mochte das Bild nicht ...

Petit Trianon. Luftaufnahme (2013) - Foto: ToucanWings, Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Petit Trianon. Luftaufnahme (2013) - Foto: ToucanWings, Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Das großartige Schloss Versailles birgt in seinem Park, das durch König Ludwig XV. errichtete "Petit Trianon". Ein Lustschlösschen, das auf Veranlassung Antoinettes (im klassizistischen Stil) ausgebaut wurde., und das ihren privaten Vergnügungen sowie kleineren diplomatischen Empfängen gute Dienste leistete. Seither musste sich die Königin den Ruf einer "Madame Déficit" gefallen lassen.

Antoinette ließ sich ihre Porträts von ihrer beinahe gleichaltrigen Lieblingsmalerin Élisabeth-Louise Vigée-Lebrun anfertigen. Während einer Sitzung hob die Königin, die zu Boden gefallene Malpalette auf - eine ungewöhnliche Handlungsweise einer absolutistisch regierenden Herrscherin!

Élisabeth-Louise Vigée-Lebrun (1755 Paris-1842 Paris), Selbstporträt, 1790; Uffiien, Florenz - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Élisabeth-Louise Vigée-Lebrun (1755 Paris-1842 Paris), Selbstporträt, 1790; Uffiien, Florenz - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Die von Vigée-Lebrun geschaffenen Bildnisse - hochadeliger Frauen -, deren emotionale Anmut den Geschmack der damaligen - höheren - Gesellschaft richtig entsprach, verhalfen ihr zu europäischer Anerkennung. Die Künstlerin trat 1783 dank ihrer Gönnerin - und Freundin! - in die Pariser Akademie der schönen Künste als Mitglied ein. Noch im erwähnten Jahr porträtierte sie die Königin, und nochmals 1785-87, mit deren Kindern (beide Gemälde befinden sich in Versailles, Museé Natonal).

Die französische Graphik fand einen ihrer Hauptmeister in Jean-François Janinet, der den Farbenkupferstich virtuos beherrschte. Er verfertigte nach Vorlagen sittenbildliche Darstellungen, vielfach mit galanten Begebenheiten, dann noch Porträts, Illustrationen sowie Architektur- und Landschaftsdarstellungen. Ein Bildnis der Königin (1777) war sein grandiosestes Werk, das er mit etwa sechs Platten hergestellt hatte (Dresden, Staatliche Kunstsammlung).

Die Österreich-Lothringerin hatte seit jeher sehr viel für Musik über. Eine im Kindesalter erfolgte Begegnung mit dem Wunderkind Mozart in Schönbrunn (1762) hinterließ merkwürdigerweise bei ihr keinen nachhaltigen Eindruck. Später förderte sie Antonio Salieri (!) und an Mozart, welcher vergeblich um einen Posten am Hof bei einen Parisbesuch (1778) hoffte, erinnerte sie sich nicht mehr ...

Antonio Salieri, um 1785, kolorierte Lithographie von 1802 - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei - Von Marie-Antoinette gefördert
Antonio Salieri, um 1785, kolorierte Lithographie von 1802 - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei - Von Marie-Antoinette gefördert

Christoph Willibald Gluck am Spinett, Joseph Siffred Duplessis, 1775; KHM Wien - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Christoph Willibald Gluck am Spinett, Joseph Siffred Duplessis, 1775; KHM Wien - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Musikunterricht erhielt Antoinette von Christoph Willibald Ritter von Gluck, welcher seinerzeit eine gründliche Opernreform durchgezogen hatte. Später beorderte sie ihren einstigen Musiklehrer nach Paris, wo er am Hoftheater seine ersten großen Opernwerke zur Aufführung bringen durfte: Zum Beispiel 1779 "Iphigenie auf Tauris". Noch dazu widmete der Musiker der Königin sein frühestes Werk "Orpheus und Euridike", worauf er eine jährliche Pension in Höhe von 6.000 Livre zuerkannt bekam.

Titelblatt der Partitur 'Iphigenie auf Tauris' von Christoph Willibald Gluck, Paris 1779 - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Titelblatt der Partitur "Iphigenie auf Tauris" von Christoph Willibald Gluck, Paris 1779 - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Zum Ärger Glucks, dessen Opern etwas schwerfällig wirkten, holte Antoinette den italienischen Komponisten Niccolò Vito Piccini nach Paris, wo dieser mit dem französischen Schriftsteller Jean-François Marmontel erfolgreiche komische Opern schrieb!
Jean-François Marmontel, französischer Schriftsteller, Aexander Roslin, 1867: Louvre Museum Paris - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Jean-François Marmontel, französischer Schriftsteller, Aexander Roslin, 1867: Louvre Museum Paris - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei

Marie-Antoinette, etwa zwanzigjährig, spielt Harfe am französischen Hof, Jean-Baptiste André Gautier-Dagoty, ca. 1775 - Schloss Versailles - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Marie-Antoinette, etwa zwanzigjährig, spielt Harfe am französischen Hof, Jean-Baptiste André Gautier-Dagoty, ca. 1775 - Schloss Versailles - Foto: Wikimedia Commons - Gemeinfrei
Übrigens, ein vor 1775 durch den Hofmaler Jean-Baptiste André Gautier-Dagoty entstandenes Gemälde zeigt die Königin mit einer prächtigen Harfe Hausmusik unternehmend (Versailles, Musée National). Rechts versucht ein Maler die Szenerie auf einer Leinwand festzuhalten.

Zur Musik gehörte auch Tanz. Bälle waren keine Seltenheit. Als Neunjährige wirkte sie neben ihren Geschwistern und anderen Sprösslingen in Ballettdarbietungen am Hoftheater mit. Antoinette besaß in Jean-George Noverre in Wien und Paris einen vorzüglichen Tanzlehrer. Er war der überragendste Choreograph des 18. Jahrhunderts und hielt kurzzeitig - dank des Zutuns seiner ehemaligen Schülerin - die Funktion eines Ballettdirektors an der Pariser Académie Royale de Musique inne.

Antoinette begriff aufgrund ihrer konservativen Einstellung und ihres überhöhten gesellschaftlichen Status nicht den Geist der "Aufklärung" und weigerte sich - mit ihrem Gemahl - den radikalen Beginn der Demokratie mitzutragen. Der König starb am 21. Januar 1793 unter dem Fallbeil und Marie-Antoinette - im Volk als "l'Autrichienne" ("die Österreicherin") missachtet - erkannte, dass ihr Ende unausweichlich sein würde. So fühlte sie sich nur mehr Gott verpflichtet.

Und so war es auch ein genialer Künstler, der ihren Weg zum Blutgerüst für die Nachwelt rasch festhielt: Jacques Louis David - vormals im Dienst Ludwigs XVI., nunmehr als anti-royalistischer Jakobiner für die staatliche, politisch motivierte Kunstpflege verantwortlich - zeichnete in wenigen markanten Strichen die entmachtete Königin: Alt, abgehärmt und sitzend, gefesselt, mutig den Gang in die Ewigkeit erwartend.

Was blieb von Marie-Antoinette? Porträts, Briefe, ein Lustschloss, verblassende Erinnerung an eine standhafte Monarchin, historische Fakten und der Ruhm, der sogar umstrittene Größen wie Danton und Robespierre überstrahlt.

Ernst Zentner 1993/aktualisiert 2021

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