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GROSSWOHNUNG#

Im Jahr 1932 hatten sich die Christlichsoziale Partei und Sozialdemokraten geeinigt, Großwohnungen zu teilen.

Die Ausführungen des Bürgermeisters Seitz anlässlich der Eröffnung eines neuen Wohnbaues in Favoriten über das Projekt der Teilung von Großwohnungen haben begreifliches Aufsehen erregt. Aus diesen Ausführungen geht vor allem hervor, dass die Sozialdemokraten im Prinzip mit dem bekannten Antrag des Nationalrates Kunschak einverstanden sind, der eine Lockerung der Mieterschutzbestimmungen für große Wohnungen vorsieht, die entsprechend geteilt werden sollen, um auf diese Weise dem wachsenden Bedarf nach kleineren und mittleren Wohnungen Rechnung zu tragen. Man steht also hier einer vernünftigen Aktion gegenüber, die die Zustimmung der breitesten Öffentlichkeit findet und hinter der vor allem die beiden großen politischen Parteien Wiens stehen. Man könnte also glauben, dass eine gesunde Anregung, die sowohl vom Bürgermeister Seitz als auch vom Nationalrat Kunschak unterstützt wird, raschest verwirklicht werden müsste. In Wirklichkeit liegen jedoch die Dinge anders. Die zuständigen Stellen, in diesem Fall das Ministerium für soziale Verwaltung und das Justizministerium haben bisher, wie mitgeteilt wurde, zu der ganzen Aktion, die in der Öffentlichkeit schon seit einiger Zeit erörtert wird, in keiner Weise Stellung genommen.

Von einer Vorbereitung eines entsprechenden Gesetzentwurfes ist also bisher keine Rede. Die zuständigen Stellen stehen auf dem Standpunkt, dass es sich hier um eine parlamentarische Aktion handelt, die schon seinerzeit in Form eines Antrages des Nationalrat Kunschak gekleidet war. Nach dieser Auffassung müsste die ganze Angelegenheit auch weiterhin auf rein parlamentarischem Wege verfolgt und zu Ende geführt werden. Man muss also warten, bis die nächste Session des Nationalrates beginnt, und hoffen, dass in dieser Session Nationalrat Kunschak seinen Initiativantrag unterbreitet und auf seine parlamentarische Erledigung drängt.

Dann würde es vielleicht zur Ausarbeitung eines entsprechenden Gesetzentwurfes kommen, zu der auch die zuständigen Ministerialressorts herangezogen werden. Es wäre indessen sicher viel einfacher gewesen, wenn die Ministerien der vernünftigen Anregung der parlamentarischen Parteien Rechnung getragen und einen Gesetzentwurf ausgearbeitet hätten, mit dessen Annahme im Nationalrat ohne weiteres gerechnet werden könnte.

QUELLE: Die Stunde, 16. März 1932, Österreichische Nationalbibliothek, ANNO

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