Helga Maria Wolf
Bügeleisen#
Wer bereit ist, 300 Euro in ein Haushaltsgerät zu investieren, wird mit einer intelligenten Dampfbügelstation bestens bedient. Leistungsstark, schnell, selbst entkalkend und mit leicht aufrollbarem Kabel ermöglicht sie "angenehmes, müheloses Bügeln." Ein anderes Modell erkennt die Stoffart und stellt die passende Kombination aus Dampf und Temperatur automatisch ein.
Als Erfinder des Dampfbügeleisens, das Dampf durch Löcher in der Bügeleisensohle auf den Stoff sprüht, gelten zwei Augsburger Techniker, die es 1909 zum Patent anmeldeten. Etwas älter ist die Idee, elektrischen Strom als Wärmequelle zu nützen. Dabei war die österreichische Firma Elektra Bregenz ein Pionier auf dem europäischen Festland. Ihr erstes Elektrobügeleisen fand sich 1897 in einem Verkaufskatalog. Der Strom kam aber noch nicht aus der Steckdose, sondern von einem "Räuber", an der Fassung der Glühlampe, die das Zimmer spärlich erleuchtete. Der Thermostat zur Temperaturregelung wurde erst 1925 erfunden.
"Moderne" Energiequellen für den Betrieb von Bügeleisen waren seit der Mitte des 19. Jahrhunderts Gas oder Spiritus. Sie stellten einen Fortschritt gegenüber den Holzkohleneisen dar, in die glühende Holzkohle eingefüllt wurde. Um sie anzufachen, musste das Eisen immer wieder geschwenkt werden. Die für den Luftzug nötigen Öffnungen waren dekorativ gestaltet, doch traten auch Rauch und giftige Gase aus.
Zuvor verwendete man "Stageleisen", bei denen ein heißes Metallstück in das hohle Bügeleisen eingeschoben wurde. Das Gerät bestand aus Messing oder Eisen, wobei der Wärme isolierende Holzgriff bereits einen Fortschritt darstellte. Die ältesten Modelle, mehrere Kilogramm schwer, bestanden aus einem Eisenblock mit angeschmiedetem Griff. Sie wurden auf den Herd oder in das Herdfeuer gestellt, um die Hitze aufzunehmen. Der Umgang damit erforderte Geschick und Erfahrung. Das heiße Eisen konnte leicht den Stoff verbrennen, auch heraus fallende Kohle barg diese Gefahr, ebenso wie jene der Verschmutzung.
Sammler interessieren sich für viele Objekte, auch wenn diese einst ungeliebte Arbeitsgeräte oder Alltagsgegenstände waren. So gibt es in Deutschland an die 100 Bügeleisenfreunde, die sich 2011 zum 20. Male zum "Nationalen Treffen der Bügeleisensammler" in Konstanz am Bodensee zum Erfahrungs- und Objekteaustausch zusammenfanden. Die wenigsten sind Hausfrauen, meist handelt es sich um ältere Herren. Einige präsentieren Bilder ihrer Privatmuseen im Internet, wobei es sich um veritable Kollektionen mehrerer hundert Stück handelt.
Sammlerfreunde waren es auch, die in die unüberschaubare Fülle des Materials eine Gliederung brachten. Besonders archaisch wirken die aus einem Block geschmiedeten Blockeisen. Modelle dieser Art sind aus dem 17. Jahrhundert erhalten. Aus einem Stück gegossen und oft verziert sind die Flacheisen, bei denen die Breite die Höhe übersteigt. Schiffchen haben ein kleineres Format und sind hohl. Ein eingeschobener Eisenkern überträgt die Hitze auf die Sohle. Schiffeisen sind ebenfalls nach ihrer Form benannt, aber größer. Sie werden im Inneren durch Holzkohle erhitzt und haben oft einen "Kamin", damit Rauch und Abgase der Büglerin nicht ins Gesicht steigen. "Zigarren" heißen schlanke Stageleisen für Kragen, Halskrausen etc. "Ochsenzungen" sind hohle, schmale Bügelgeräte, die sich nach vorne verjüngen und hinten eckige Formen haben.
Weitere Methoden zum Glätten waren Steine, Glas- oder Holzkugeln, die man über die feuchten, gespannten Stoffe rollte. Halbkugelförmige "Glättesteine" aus Glas waren 3-4 cm hoch und 4-9 cm im Durchmesser. Große und gerade Textilien wurden gemangelt. Man wickelte sie um eine Rolle, die mit dem fest angedrückten Mangelbrett bewegt wurde. Walzenmangeln mit gegenlaufenden Rollen kamen um 1790 in England auf. Profis verwendeten die Kastenmangel oder Wäscherolle. Sie bestand aus einem Gestell, in dem ein mit Pflastersteinen gefüllter Kasten beweglich gelagert war. Unter diesem befanden sich die Rollen, auf denen die Wäsche lag. Das Hin- und Herschieben des Kastens presste sie glatt.
Andere Kulturen erfanden andere Vorrichtungen. Im alten China behalf man sich mit heiß gefüllten Pfannen, die man an langen Griffen über die Kleider bewegte. Eine Wandmalerei aus Pompeji zeigt eine Wäscherin, die eine Toga mit einer Presse bearbeitet. Werner LoeCherbach aus Wuppertal hat seine Dissertation über "3500 Jahre Textil-Glätt- und Bügeleisen" geschrieben und 2011 unter dem Titel "Götter, Glätter, Glanzbügeleisen" in Buchform veröffentlicht.
Erschienen in der Zeitschrift "Granatapfel", 2013