Blick#
Die Vorstellung vom "bösen Blick" geht davon aus, dass man dem Auge Zauberkraft zusprach. Weit verbreitet war die Ansicht, dass Körpersäfte einen "Blutdunst" verursachten, der Glasfenster und Spiegel trübe. Der "Blutdunst" oder "böse Blick" sollte verderblichen Einfluss auf die Gesundheit anderer Menschen ausüben. Als Verursacher sah man menstruierende Frauen oder körperlich Behinderte (so genannte "Gezeichnete") besonders mit einem Augenfehler, und neidische Menschen an. Ihre Augen, schloss man, sandten vergiftete Pfeile aus, die Menschen und Tieren schadeten. Groß war die Angst vor den "Neidstrahlen" oder dem "neidischen Blick", vor dem man sich mit der Geste der Neidfeige zu schützen suchte. Sprach der Neidische gar ein Lobeswort (z.B. "ein schönes Kind"), so sagte man, er "beruft" oder "verschreit" es. An diesen Aberglauben erinnern Aussprüche wie "unberufen, toi, toi, toi" und Gesten wie auf Holz klopfen.
Der "böse Blick" konnte alle und alles treffen, vor allem das Schöne und Gute, Kinder und Haustiere (Milchkühe. Wenn der Jäger nicht traf, der Fischer nichts fing, Pflanzen welkten, Arbeit misslang oder Quellen versiegten, wurde es auf den bösen Blick zurückgeführt und dessen "Werfer" verleumdet und bestraft. Dem entsprechend umfangreich war die Zahl der Gegenmittel, wie z.B. das Umbinden roter Bänder für Kinder.
Andererseits gab es (heiligmäßige) Menschen mit dem "guten Blick", deren Seele so vortrefflich war, dass ihre Augenstrahlen Segen brachten. Sie konnten durch den bösen Blick entstandene Schäden wieder gut machen.
Quelle:
Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens. Berlin 1927/1987. Bd. 1/Sp. 685 f.
Bild:
Segenszeichen mit Madonna und Auge gegen den "bösen Blick", Griechenland 2004. Foto: H. M. Wolf