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Donauhandel (historisch)#

Bild 'Donauhandel'

Die mehr als 2800 km lange Donau und ihre Nebenflüsse bilden das (nach der Wolga) zweitgrößte Flusssystem Europas. Es umfasst ein Einzugsgebiet von ca. 817.000 km2. Der Hauptstrom durchfließt zehn Länder, mehr als jeder andere Fluss der Welt. Die bayerisch-österreichische Donau spielte als Zentrum des europäischen Handels zwischen Ostsee und Mittelmeer, Nordsee und Schwarzem Meer eine bedeutende Rolle.

Bevor die Eisenbahn Warentransporte in großem Stil ermöglichte, war der Wasserweg die Methode der Wahl. Schon zur Römerzeit verfrachtete man Steine auf Donauschiffen. Bau- und Brennholz konnte man noch lange später nur so befördern. Jahrhunderte lang profitierte der Wein vom Wasserweg, wie im Wachauer Ort Stein. Die Historikerin Andrea Serles vom Institut für Geschichtsforschung der Universität Wien hat den Umschlagplatz vom Fluss- zum Landtransport erforscht: "Der älteste erhaltene Steiner Zolltarif vom Beginn des 13. Jahrhunderts erwähnt Kaufleute aus Passau, Regensburg, Köln, Aachen sowie Schwaben und Latini. Als Waren scheinen unter anderen Tuche, Wolle, Felle, Schmiedeeisen, Kupfer, Zinn, Schwerter, Mühlsteine, Mohn, Pfeffer, Safran, Nüsse sowie Spezereien auf. Mit Salz wurde im Mautort Stein nachweislich bereits seit dem 12. Jahrhundert gehandelt." Im Gegenzug brachte man Wein stromaufwärts in die oberdeutschen Handelsstädte und Klöster. Handel mit Wein und Getreide wurde für die Steiner Bürger zu einem immer wichtigeren Wirtschaftsfaktor. "So waren rund zwei Drittel aller Händler und Handwerker in Stein (und Krems) laut einer Aufstellung von 1745 auch Weingartenbesitzer." Obst wurde noch im 20. Jahrhundert aus der Wachau mit Schiffen nach Wien gebracht und auch gleich am Donaukanalufer verkauft.

Obwohl die Donau in der Gegend von Wien bis in die 1870er Jahre ein wildes, sich ständig veränderndes Netz von Nebenarmen und Inseln darstellte, war dies immer noch besser als der unsichere Landweg auf schlecht ausgebauten Straßen. Bei der Naufahrt, flussabwärts, bewegten sich die Schiffe in Richtung der Strömung. Oft brachten Strudel und Stromschnellen Mannschaft und Ladung in Gefahr. Schwierig gestaltete sich der Gegenzug stromaufwärts. Hier musste Pferdekraft helfen, die Schiffe entlang der Treppelwege oder im seichten Wasser zu ziehen. Oft waren 100 Pferde und Menschen damit beschäftigt, einen mehr als 500 Meter langen Schiffszug gegen den Strom zu schleppen und zu manövrieren. Auf der 450 km langen Strecke von Wien nach Regensburg dauerte das sechs bis acht Wochen. Die Transportschiffe, die nach ihren Herkunftsorten benannt waren, zeichneten sich durch flachen Boden und große Tragfähigkeit aus. Das größte hieß nach der bayrischen Kreisstadt "Kehlheimer" und war 42 m lang. Als Pferde kamen speziell trainierte Kaltblüter, wie Noriker, zum Einsatz. Sie mussten lernen, in Kähne zu springen, bis zur Brust im Wasser zu gehen, über Hindernisse zu klettern und sich nicht in den 60 m langen Seilen und Ketten zu verhängen. Bei bestimmten Stationen wurden die Zugtiere ausgewechselt und in Zillen zum Ausgangspunkt zurückgebracht.

Berufe, wie Sattler, Seiler, Zimmerleute, dazu Helfer beim Ausladen, wie die Strobler, lebten von der Güterbeförderung auf dem Wasser. Das Kapital der Gschirrntreiber waren ihre Zugpferde. Schiffmeister organisierten den Donauhandel als Unternehmer. Berühmt wurde Matthias Feldmüller aus Ybbs (1770-1850). Persenbeug verdankte ihm den Aufstieg zum bedeutendsten Schiffsbauplatz an der Donau. Er ließ jährlich bis zu 40 Schiffe bauen und beschäftigte in Spitzenzeiten 250 Knechte und 150 Pferde. 850 Schiffe fuhren pro Jahr stromabwärts nach Wien, 350 wurden stromaufwärts gezogen. In den Franzosenkriegen 1809 trug Matthias Feldmüller zum Sieg der Österreicher bei. Napoleon Bonaparte machte die Insel Lobau zur Festung, die er mit seinen Soldaten über Pontonbrücken erreichen wollte. Die Österreicher setzten Feldmüllers brennende Schiffe ein, um sie zu zerstören. Nachdem Napoleon den Übergang abbrechen musste, verlor er bei Aspern erstmals eine Schlacht. Kaisers Franz II. dankte dem Reeder mit dem Ehrentitel "Admiral der Donau" und der 24 Dukaten schweren Verdienstmedaille "Lege et Fide" an der Kette. So malte Ferdinand Georg Waldmüller den Schiffmeister anno 1837.

Die Schiffsknechte galten als raue Gesellen. Ihre Arbeit erforderte weniger Feingefühl als Kraft und Mut. Der Marstaller führte das Kommando über ein Dutzend Schiffsknechte auf dem Gefährt und die auf den Pferden sitzenden Treiber, die man Jodeln nannte. An der Spitze des Zuges erkundete der Vorreiter oder Wagehals den Weg, indem er mit einer Stange die Wassertiefe maß. "Öfter sah man nichts als seinen und des Pferdes Kopf aus dem Wasser ragen", schrieb der Alpinist Josef Kyselak (1795-1831), der beobachtete, wie bei Traismauer drei Menschen und zwei Pferde ertranken. Die Schiffsknechte kamen ihren Kameraden nicht zu Hilfe, sie waren nur "besorgt, den Strick, woran der Verunglückte hängt, rasch abzuhauen, und die übrigen Pferde, um das Schiff nicht zu gefährden, um so hitziger anzutreiben." Dahinter stehe der Aberglaube, dass der Fluss(gott) ein Opfer fordere. Jeder sei froh, dass das Schicksal nicht ihn traf und griff "nach dem Hut des Untersinkenden, nicht aber nach dem Ertrinkenden selbst."

Seit 2008 beschäftigt sich das Projekt "Der Donauhandel" des Instituts für Geschichtsforschung der Universität Wien unter der Leitung von Peter Rauscher mit den Handelsorten Aschach, Freistadt, Krems, Linz, Stein, Steyr, Wien und Wiener Neustadt. Als Quellen dienen vor allem die Kremser Waag- und Niederlagsbücher und die Aschacher Mautprotokolle. Die Bearbeitung von seriell überlieferten Quellen ermöglicht einen detaillierten Blick auf die Akteure, Handelskonjunkturen, Veränderungen im Konsumverhalten oder Transportaufkommen. Die Ergebnisse sind in frei zugänglichen Datenbanken abrufbar. Sie bilden die quantitativ umfangreichste und qualitativ aussagekräftigste Quelle zur Erforschung von Handel und Transport zwischen Österreich und seinen westlichen Nachbarländern im 17. und 18. Jahrhundert.


Quellen:

Projekt Donauhandel
C. Wöginger: Stromaufwärts - Stromabwärts. Spitz 2007
H. M. Wolf: Mythos Wasser. St. Pölten 2009
J. Ramharter, H. Bachhofer (Hg.): Tulln. Berndorf 2021
H. Petschar, E. Zeilinger: Die Donau. Wien 2021
Helga Maria Wolf: Vorreiter und Zugpferde. In: Kultur.Region.Niederösterreich, 2021

Bild:
Donaukarte, freundlicherweise vom Institut für Geschichtsforschung der Universität Wien zur Verfügung gestellt