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Einsiedler#

hl. Antonius

Der erste Einsiedler war der heilige Antonius, der um 250 in Ägypten geboren wurde und ein Alter von 105 Jahren erreicht haben soll. Als er sich als Zwanzigjähriger in die Wüste zurückzog, verfolgten ihn nicht nur viele Anhänger, sondern nach der Legende auch Dämonen. Bis zu seinem Tod (356) hatte sich eine Gemeinschaft um Antonius geschart. Auch Pachomius (287-347) begann als Einsiedler, vereinigte aber um 320 die benachbarten Zellen. Die Mönche (monachus - für sich allein lebend) hatten eine Regel zu befolgen, die Gebet - Schweigen und Meditation - und Arbeit für den gemeinsamen Lebensunterhalt vorschrieb. Das war das Urbild der Kartause.

Der Wüstenvater (eremos - Wüste) Evagrios Pontikos (345-399) gilt als Vermittler monastischer Spiritualität im Orient und Okzident. Christliches Mönchtum sei nur vom Wesen des Christentums her zu begreifen, erfährt man in der "Kleinen Kirchengeschichte". Darin formuliert der Theologe und Historiker August Franzen: "Seinem Ursprung verdankt es dem Evangelium. Es will die restlose Hingabe an Gott in der Christusnachfolge sein …" Voraussetzung dafür seien die drei "evangelischen Räte", Armut, Gehorsam und Zölibat.

Im 11. Jahrhundert gründete der gelehrte Patrizier und Benediktiner Bruno von Köln im Chartreuse-Gebirge in den französischen Alpen eine Einsiedelei, aus der sich der Kartäuserorden entwickelte. Jedes Mitglied lebt in einem einstöckigen Häuschen mit Garten. Das gemeinsame Chorgebet verteilt sich auf Tag und Nacht, sonst haben die Mönche wenig Kontakt. Bruno schrieb keine Ordensregel. Spätere Statuten formulierten das hochmittelalterliche Ideal des strengen kontemplativen Lebens: "Unser Bemühen und unsere Berufung bestehen vornehmlich darin, im Schweigen und in der Einsamkeit Gott zu finden". Dies entsprach dem Streben nach religiöser Erneuerung ("Devotio moderna") und der Mystik, und führte zur Gründung etlicher Kartausen. Im 14. Jahrhundert gab es 175, im 15. Jahrhundert 220 Ordenshäuser. Derzeit sind es in Europa, den USA und Lateinamerika 19 mit 370 Mönchen und fünf mit 75 Schwestern.

In Niederösterreich gab es drei Kartausen: Mauerbach (1313-1782), "Maria Thron" in Gaming (1330-1782) und "Marienpforte" in Aggsbach-Dorf (1380-1782). Die Mönche wurden, wie alle beschaulichen Orden, Opfer der Josephinischen Klosteraufhebungen. Angebliche Missstände in Mauerbach bildeten den Vorwand zur "großen Remedur", die Maria Theresia schon 1751 angekündigt hatte. Eine Generation später sah das kirchenpolitische Konzept Joseph II. vor, alle Orden, "die sich zum Besten des Nächsten nicht verwenden können oder wollen", aufzuheben. Kartäuser, Kamaldulenser und Eremiten sind darin explizit genannt. Die Vorwürfe gegen Mauerbach erwiesen sich als haltlos, doch die Entscheidung war längst gefallen. Die barocke Kartause zählte zu den bedeutendsten ihrer Art, der einen halben Kilometer lange Kreuzgang zu den größten Europas. Auch der Besitz war beachtlich. Immobilien und Herrschaftsrechte wurden an Private verkauft und im Kloster bis zu 800 "Arme, Gebrechliche oder sonstige ekelhafte Kranke aus verschiedenen Wiener Spitälern" untergebracht. Später diente es als Quartier für 100 obdachlose Familien und Depot von Restitutionsgütern. Seit den 1960er Jahren im Besitz der Republik Österreich, richtete dieses darin Restaurierwerkstätten und ein Schulungszentrum des Bundesdenkmalamtes ein. Es setzte die Gebäude samt Klostergarten beispielhaft instand und macht sie, mit einem reichen Veranstaltungsprogramm, der Öffentlichkeit zugänglich.

"Maria Thron" in Gaming war die größte Kartause des deutschen Sprachraums und eines der reichsten Klöster Österreichs. Die Grundherrschaft zählte zu den bedeutendsten des Landes. Die Aktiva überstiegen die Passiva um mehr als das Fünffache. Die Mönche pflegten die Kultur ebenso wie die Landwirtschaft. Durch sie kamen etwa Schweizer Rinderrassen nach Niederösterreich. Die Kartäuser waren sozial zu ihren Untertanen. "Zu Gaming kann man nicht abwirtschaften", war ein geflügeltes Wort Vor allem aber hatten die Stifter, das Herrscherpaar Herzog Albrecht II. und Johanna von Pfirt, ihre letzte Ruhestätte in der Klosterkirche. All dies konnte die Auflösung nicht verhindern. Güter und Inventar wurden versteigert, darunter Stücke von unschätzbarem Wert wie die Eheringe des Stifterpaares. Wertvolle Handschriften und die wohlgeordnete 20.000 Werke umfassende Bibliothek blieben zum Teil erhalten, nicht jedoch die wertvolle botanische Sammlung. Die Kartause, einst ein einflussreiches Zentrum für die ganze Region, verfiel. Die Wälder blieben vorerst in staatlicher Administration. 1875 kam ein Teil an Albert Salomon Rothschild. Der Bankier wollte den "Rothwald" als Primärwald völlig unberührt für die Nachwelt erhalten. Heute zählt der größte mitteleuropäische Urwaldrest zum Weltnaturerbe der UNESCO. 1915 bis 1983 besaß das Benediktinerstift Melk die Kartause. Private Initiative rettete sie. Jetzt beinhaltet die revitalisierte Anlage ein Viersternehotel, Restaurant, Brauerei und universitäre Einrichtungen.

Die "Marienpforte" in Aggsbach-Dorf war die kleinste Kartause Österreichs. Ihr Einkommen reichte gerade für den Unterhalt der Ordensleute und des Personals. Die kaiserliche Kommission fand "alles wohl geführt und geordnet." In zwei Tagen war ihre Arbeit beendet. Die Bibliotheksschätze kamen nach Wien, die Priester versahen als Weltgeistliche Dienst, die Kirche wurde zur Pfarrkirche. An der Stelle des demolierten Kreuzgangs und Zellentraktes macht seit 2016 ein Meditationsgarten die alte Anlage nachvollziehbar.

70 Klöster in Wien und Niederösterreich verfielen von 1782 bis 1840 der Kloster-Aufhebung. Dabei gingen nicht nur Kulturschätze verloren, das Elend der Mönche und Klosterfrauen, die sich ihres Lebensinhalts beraubt sahen, muss unvorstellbar gewesen sein. Kaum hatte die Kommission den "Casus Mauerbach" beendet, begab sie sich auf den Kahlenberg, um der kleinen Kamaldulensereremie ihre Auflösung zu verkünden. Diese konnte besonders viel Nachwuchs verzeichnen, war aber vergleichsweise arm. Der Verkauf erwies sich für den Religionsfonds als Verlust. Die Kamaldulenser, zu Beginn des 11. Jahrhunderts in Italien begründet, verbanden die mönchische Lebensform der Benediktiner mit Eremiten-Traditionen nach dem Motto „Leben allein mit Gott und für Gott allein.“ Wie die Kartäuser wohnten die Patres hinter einer Klausurmauer in einzelnen Zellenhäuschen mit kleinen Gärten.

Die letzten vom josephinischen Klosteraufhebungsdekret betroffenen Einsiedler waren die Waldbrüder. 1782 gab es in Niederösterreich und Wien 65, von denen 48 in eigenen Klausen wohnten. Sie arbeiteten als Mesner in Pfarr- und Wallfahrtskirchen, Handwerker oder Lehrer. Andere lebten bei "heiligen Brünnln" wie in Retzbach beim legendenumwobenen Schalenstein. Es hieß, dieser sei eine heidnische Kultstätte gewesen, die der hl. Wolfgang, selbst ein Einsiedler, mit seiner Hacke zertrümmern wollte, wodurch die Schalen entstanden. Das darin gesammelte Wasser galt als wundertätig, wie auch die Quelle. Ein Eremit betreute die zahlreichen Pilger der Kapelle "Unsere liebe Frau beim Stein". Er brachte das Wasser in die umliegenden Orte bis das 14 km entfernte Znaim. Die Einsiedelei und die 1750 errichtete Wallfahrtskirche verschwanden durch die josephinischen Reformen. 200 Jahre später hat man die Fundamente rekonstruiert und um den Stein eine elliptische Aussichtsplattform angelegt, von der man über das Areal mit dem Naturdenkmal, das Weinviertel und Südmähren blicken kann.


Quellen:
August Franzen: Kleine Kirchengeschichte, 5. Neuausgabe. Freiburg 2000
Gerhard Winner: Klosteraufhebungen in Niederösterreich und Wien. Wien 1967
Helga Maria Wolf: Mythos Wasser. St. Pölten 2009

Bild:
Hl. Antonius, aus: Georg Ott, Legende von den lieben Heiligen Gottes. Regensburg 1858


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