Gitarre#
Instrumente wie die Gitarre waren bereits vor 4.000 Jahren in Gebrauch. Ein ähnliches Instrument ist auf einem Relief aus dem Tempel des Hammurapi (1792–1750 v. Chr.) von Babylon zu finden. Einiges lässt darauf schließen, dass die Mauren, die seit 711 in Spanien herrschten, das Saiteninstrument nach Europa brachten. Aus ihrer arabischen Laute entstand in ähnlicher Bauweise die Renaissancelaute. Die Spanier bauten die Vihuela, welche die gleiche Besaitung, aber einen flachen Körper hat. Diese wurde zur heutigen Gitarre weiterentwickelt. Die fünfchörige Barockgitarre wandelte sich zur sechssaitigen Gitarre des 19. Jahrhunderts, mit einer robusteren und funktionalen Bauweise, die lautere Töne ermöglichte. Ihre klassische Epoche erlebte die Gitarre im deutschsprachigen (Wien) und französischsprachigen (Paris) Raum. In der Romantik führten weitere Entwicklungen wieder nach Spanien. Der Gitarrist Francisco Tárrega (1852–1909) erfand dort die bis heute üblichen Griff- und Anschlagtechniken. Zur gleichen Zeit vervollkommnete der Instrumentenbauer Antonio de Torres (1817–1892) Form, Abmessungen und mechanische Details.
Die um die Mitte des 19. Jahrhunderts in Wien entwickelte Kontragitarre hat zusätzlich zum normalen Gitarrenhals mit sechs Saiten und Griffbrett einen zweiten Hals, über den bis zu neun Basssaiten freischwingend gespannt sind. Damit hat die tiefste Basssaite bei den 15-saitigen Kontragitarren das „G“. Das Instrument wurde vom Schrammelquartett verwendet, wie das Bild von einem Wäschermädelball zeigt.
In den Alpenländern wurde die Gitarre ("Klampfn") im 19. Jahrhundert populär, mehr noch durch das erstmals 1909 erschienene Liederbuch "Zupfgeigenhansl". Dieses ist untrennbar mit der deutschen Jugendbewegung der Jahrhundertwende verbunden. Unabhängig voneinander und weitgehend unreflektiert bildeten sich Gruppen Jugendlicher, die aus der bürgerlichen Welt ausbrechen wollten und bei gemeinsamen Ausflügen in der Natur eine Alternative zur Stadtkultur suchten. In Österreich fand die Wandervogel-Bewegung viele Anhänger. Ihre Mitglieder pflegten Ideale wie das "alte unverfälschte Erbe der Kultur", zu dem sie Volkslieder und -musik zählten. Die im Liederbuch von Hans Breuer "unter Mitwirkung vieler Wandervögel" teils nach älterer Literatur, teils nach eigenen Erinnerungen aufgezeichneten Gesänge wurden "mit leichter Gitarrebegleitung versehen". Bis 1927 waren 826.000 Exemplare des "Zupfgeigenhansl" im Handel. Zu den bis dahin erschienenen 150 Auflagen kamen in und nach der NS-Zeit zahlreiche weitere.
Quellen:
Beitl: Wörterbuch der deutschen Volkskunde. Stuttgart 1974. S. 285 f.
Wikipedia: Gitarre (Stand 3.3.2024)
Bild:
Die Geiger Josef und Johann Schrammel sowie Anton Strohmayer (mit der Kontragitarre) spielen auf dem Wäschermädelball. Wien 1884 Slg. Wolf