Brauchtum - warum ? 02#
Helga Maria Wolf
Alle Fotos: Wolf, historische Bilder: gemeinfrei
Februar und Fasching, diese Begriffe sind untrennbar verbunden. Die Fastenzeit folgt - manchmal mit Katzenjammer und Heringsschmaus. Aber zuvor kostümiert man sich und tanzt ungeniert. Bunte Umzüge bringen ganze Ortschaften auf die Beine. Bei den Kirchenfesten am 2. und 3. Februar spielen Kerzen eine Rolle, während am Valentinstag Blumen Freude machen.
Fasching#
Der Fasching beginnt mit der Silvesternacht, in katholischen Gegenden endet er vor dem Aschermittwoch. Die letzten Tage, Faschingsonntag, -montag und -dienstag sind die wichtigsten. Das Faschingstriduum ist als Zeit für festliche Gelage und Maskenspiele bekannt. Sowohl die bayrisch-österreichische Bezeichnung Fasching (1272: vastschang) als auch das in Deutschland übliche Wort Karneval, das um 1700 aus dem Italienischen (Carne vale) übernommen wurde, verweisen auf reichliches Trinken und Essen vor der strengen, 40-tägigen Fastenzeit. Brauchträger in den Städten waren die Zünfte. In Niederösterreich gaben die Zechen (“Irten”) der Handwerker den Ton an: Von 1582 bis 1731 ist in Eggenburg aktenkundig, daß sie im Rathaus ihren Fasching halten durften. Die kleine Weinbaugemeinde Alberndorf im Pulkautal erlaubte um 1700 ihren Bewohnern an den drei Faschingstagen “ihr freut miteinander” zu haben und den Wein ohne Steuer zu genießen.
Aus dem 19. und 20. Jahrhundert gibt es Nachrichten aus niederösterreichischen Dörfern, dass Faschingnarren einzeln oder in Gruppen umherzogen. Diese Spiele oder Umzüge waren von Tanz gefolgt. Um die letzte Jahrhundertwende heißt es aus Frauenhofen bei Horn: “Am Aschermittwoch ging der Faschingnarr mit seinem Anhang durch das Dorf. Er war zumeist phantastisch herausgeputzt, im Gesicht berußt oder sonstwie beschmiert, mit Stock und Rute ausgestattet, oderer schleppte gar einen großen, gefüllten Strohsack, der mit Kopf, Armen, Beinen menschenähnlich zugerichtet war auf dem Rücken durch die Gasse, verlor ihn oft und züchtigte ihn dann mit der Rute”. Oft zogen die Faschingnarren durch das Dorf um Krapfen zu heischen. Meist waren es Angehörige der Burschenschaft oder Kinder, manchmal auch Bettler, die um Geld baten. Seit im 19. Jahrhundert in den Städten Faschingsumzüge in Mode kamen, fanden sie durch die dörflichen Vereine Nachahmer. Reiter, Rügegerichte als scherzhafte Dorfchroniken und “Prinz Karneval” nach Kölner Muster waren und sind mit von der Partie. Seit 1962 besteht der "Bund Österreichischer Faschingsgilden", die Anzahl der Mitgliedsvereine ist inzwischen auf rund 100 angewachsen. Zu ihren Aktivitäten zählen Umzüge, das Erstürmen von Rathäusern oder deren symbolische Schlüsselübergabe. Akteure sind Prinzen, Prinzengarten und Mitglieder, die Faschingsorden und Narrenkappen tragen.
Unabhängig davon und zusätzlich zu zahlreichen Ballveranstaltungen - mit dem Wiener Opernball als berühmtester - bestehen spektakuläre Faschingsbräuche in verschiedenen Bundesländern, wie der 1947 wieder eingeführte Maschkerertanz in Steinfeld (Kärnten), der an die Reiftänze der Bergknappen erinnert. Er findet nicht jedes Jahr statt, ebenso wie das "Bärentreiben" in Steuerberg (Kärnten). Im Salzkammergut (Oberösterreich, Steiermark) sind der Ebenseer Fetzenfasching und der Bad Ausseer Fasching, bei dem Trommelweiber und Flinserl auftreten beliebte Schaubräuche. Die Tiroler "Fasnacht" rotiert, da die langwierigen Vorbereitungen nicht jedes Jahr möglich sind. Obwohl man auch hier mit Touristen rechnet, kann der Gast in Imst den Eindruck gewinnen, die Akteure feiern "ihren" Brauch in erster Linie für sich.
Manche Gestalten der ländlichen Faschingsbräuche wirken archaisch. Nach aktuellen Forschungen sind sie jedoch keineswegs "uralt". In den 1960er- Jahren erforschte der Tübinger Arbeitskreis historische und soziale Zusammenhänge. Man erkannte den bürgerlich-städtischen Charakter der Fastnacht im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit. Man studierte Belege für die städtische Fastnacht - für eine ländliche fehlen sie weitgehend - vom 13. bis zum 16. Jahrhundert. Demnach war es wie zu anderen Terminen üblich, dass sich die Bürger zu einem festlichen Mahl mit Musik und Tanz zusammenfanden. Eine andere Gruppe von Archivalien deutet darauf hin, dass auch die Klöster eine Zeit der Ausgelassenheit vor der entbehrungsreichen Fastenzeit akzeptierten. Die These vom heidnischen Ursprung konnte der Quellenkritik nicht standhalten. Weder in den Masken, die nicht vor dem 15. Jahrhundert zu finden sind, noch in den Kostümen lässt sich ein kultischer oder mythischer Hintergrund erkennen, auch keine für alle sozialen Schichten festgefügte, verbindliche Brauchtradition. Prägende Einflüsse aus dem Umfeld der (katholischen) Kirche sind u.a. der Termin, die Stellung im Kirchenjahr und verschiedene Bezeichnungen. Da sie jahrhundertelang eine gesellschaftliche Macht und Meinungsbildungsinstanz darstellte, finden sich Grundlagen vieler Bräuche in der Theologie. Vertreter dieser Denkrichtung sind der Passauer Volkskunde-Ordinarius Walter Hartinger, der Münchener Professor Dietz-Rüdiger Moser und der Autor und Lehrbeauftragte Jürgen Küster. Ihre Position: "Es gibt ein öffentliches Bewußtsein, das in diesen Traditionen viel eher vor-und außerchristliche Elemente zu postulieren bereit ist und archetypische Grundzüge menschlichen Verhaltens rekonstruiert, als die Historizität und damit die Christlichkeit der Brauchformen im einzelnen nachzuvollziehen. Damit entgeht vielen Beobachtern aber das Wesen dieser Phänomene. Sie dienten als Medium der Lehrvermittlung und zugleich als Instrument christlicher Erziehung."
Fastenzeit#
Der Aschermittwoch als Beginn der symbolisch 40-tägigen Fastenzeit fällt - je nach dem Ostertermin - zwischen 4. Februar und 10. März. Einschließlich der Sonntage (die keine Fasttage waren) dauert die vorösterliche Bußzeit 44, ohne Sonntage 38 Tage. Einn kleines Aufatmen verschaffte der 4. Fastensonntag, der rosa Sonntag Laetare. Die Messgewänder waren rosa (statt violett), in der Kirche erklang ausnahmsweise die Orgel, in den Klöstern und für die Kinder gab es Backwerk. Die Fastenzeit hat einen mehrfachen biblischen Hintergrund. Über den Sinn des religiösen Fastens - "ein ebenso im Judentum wie in vielen heidnischen Religionen verbreitetes Phänomen" - schrieb der Theologe Hansjörg Auf der Maur (1933-1999): "... sah man vor allem in der Unterstützung des Gebets, als Zeichen der Buße und als wirksames Mittel im Kampf gegen die Dämonen wie auch als Vorbereitung auf den Geistempfang. Der Verzicht auf Nahrung war gleichzeitig verbunden mit der Unterstützung Bedürftiger." Dass sich die Kirchenleitung manchmal Sorgen um das leibliche Wohl der Gläubigen machte, geht 1386 aus einem Magdeburger Dokument hervor: “Es scheint, daß man Gott dadurch versuche ... wenn man sich am Fasttage mit drei Bissen Brot und ebenso vielen Schluck Wasser oder Bier für den ganzen Tag begnüge oder abergläubisch ... so lange faste, bis die Sterne am Himmel gesehen werden." Erst Innozenz VIII. (1432-1492) erlaubte in der Laktizinienbulle ausdrücklich den Genuss von Milch, Butter und Käse.
Der französische Historiker Robert Muchembled verweist auf einen Rhythmus von sechs bis acht Wochen, der das Bauernjahr gliederte. Die Feste versteht er als Anpassungsschwellen, an denen Übergangsriten den Wandel vom Alten zum Neuen erleichterten und die allgemein anerkannte Ordnung neu festigten. So ist der Aschermittwoch ein Beispiel der Schwellenfeste, nach der Theorie der Rites de passage des belgisch-französischen Ethnologen Arnold van Gennep (1873 - 1957). Er unterschied 1909 (deutsch: 1986) drei aufeinander folgende Zustände: (1) Trennung - die Phase der Ablösung vom vorherigen Zustand, (2) Schwelle / Zwischenstufe / Liminalität - die gefährliche Phase zwischen "schon" und "noch nicht", problematische Zeit der Rollenlosigkeit, in der die neue Identität angeeignet werden soll, (3) Umwandlung / Wiederaufnahme - die Phase der Neuintegration. Der Heringschmaus als öffentliche Mahlzeit wird so zum Übergangsritual für die zuerst feiernde, dann fastende christliche Gemeinde. In den Kirchen wird das Aschenkreuz gespendet.
Zu den Kirchenbräuchen der Fastenzeit zählen die Kreuzweg-Andachten. In Jerusalem zogen die Christen am Karfreitag betend und Kreuze tragend über die Via Dolorosa, wo man die Orte der Passion mit Gedenksteinen (Stationes) markiert hatte. Seit dem 15. Jh. nahmen die Orden mit Kreuzwegandachten und Fastenpredigten Einfluss auf die Frömmigkeit. Als Reaktion auf die Reformation blühte die Andacht als Demonstratio catholica auf. Der Kölner Karthäuser Johannes Justus Landsberg (+ 1539) empfahl verschiedene, damals allgemein übliche, Gebetsgesten, je nach der Aussage der Stationen, u.a. "auf bloßen Knien", "mit kreuzweise vor der Brust gefalteten Händen", "auf dem Rücken liegend mit kreuzförmig ausgespannten Armen". In der Barockzeit war der Kreuzweg die beliebteste Andacht der Katholiken. Dies vorallem durch die Förderung der Franziskaner, welche die Gläubigen aufforderten, Schritt für Schritt dem Leben und Leiden Jesu zu folgen. Noch heute fehlen in kaum einer katholischen Kirche gemalte oder plastisch gestaltete 14 Kreuzwegstationen. Moderne Heilswege haben eine 15., die der Auferstehung gilt.
Kalvarienberge ahmen die Via Dolorosa nach. In der Barockzeit wurden Künstler von ihren Auftraggebern ins Heilige Land geschickt, um möglichst maßstabgetreue Kopien der verehrten Stätten anzufertigen. Markante Beispiele befinden sich in Maria Lanzendorf (Niederösterreich) und Eisenstadt (Burgenland). Der bekannteste in Wien ist der Hernalser Kalvarienberg, wo rund um die Kirche der Fastenmarkt, seit 1639 als ältester erhaltener Jahrmarkt der Stadt, abgehalten wird.
In vielen Kirchen bedecken Fastentücher die Altarbilder. Im späten Mittelalter wurden die Hungertücher mit zahlreichen Szenen aus dem Alten und Neuen Testament im Sinn einer Armenbibel (Biblia Pauperum), für die nicht Lesekundigen gestaltet. Seit den 1970-er Jahren erfuhr der Brauch eine Revitalisierung. In vielen Pfarren gestalten Künstler die Tücher mit neuen Symbolen (z.B. Wien 1, Michaelerkirche, Wien 9, Johanneskapelle). Als größtes der Welt gilt jenes im Kloster der Dominikanerinnen in Kirchberg am Wechsel (Niederösterreich). Im Jahr 2000 mit 40 biblischen Szenen geschaffen, misst es 100 m. Auch Fastenkrippen werden wieder angefertigt und alljährlich zu zeitgemäßen Fastenaktionen aufgerufen. Der Familienfasstag der katholischen Frauenbewegung zählt zu den größten Spendenaktionen Österreichs.
2. Februar - Darstellung des Herrn ("Maria Lichtmess") #
Das Herrenfest am 40. Tag nach Weihnachten erinnert an die Geschehnisse im Tempel von Jerusalem, wie sie der Evangelist Lukas (Lk 2, 22-39) beschreibt. Der bis 1969 offizielle Name “Reinigung Mariens” lautet jetzt “Darstellung des Herrn” So wird deutlich gemacht, dass es sich um ein Herrenfest und nicht um ein Marienfest handelt. Seit der Mitte des 4. Jahrhunderts sah man in Christus den Weltenherrscher (Kosmokrator) und wendete Ausdrücke aus der Hofsprache auf ihn an. Aus dieser Vorstellungswelt entstand in Jerusalem das Fest der Begegnung (Hypapanthe). Unter dem Einfluss des Hofzeremoniells war es mit einer Lichterprozession verbunden. Die Römische Kirche war bemüht, durch die Übernahme des Festes und der Prozession aus Jerusalem Reste heidnischer Kulte dieser Tage zu verdrängen: Im letzten Monat des Julianischen Kalenders wollten die Römer die Fehler des ganzen Jahres sühnen. Um den 15. Februar veranstaltete die Priestergilde der Luperci eine magische Prozession um die Hürden, die das Vieh vor Wölfen schützen sollten. Zu Ehren des Hirtengottes Faunus begingen sie die Lupercalien. Im Jahr 494 wandelte Papst Gelasius I. das zur Volksbelustigung gewordene Fest in “Mariä Reinigung” am 2. Februar um. Kerzen werden für den liturgischen und privaten Gebrauch geweiht, denen man besondere, sogar magische, Wirkung zusprach. Maria Lichtmess war der Beginn des bäuerlichen Arbeitsjahres, da von nun an der helle Tag sichtbar länger wird.
Bekannte Heiligenfeste im Februar#
3. Februar: Blasius. Blasius, Bischof von Sebaste in Armenien, starb um 316 als Märtyrer. Die Begegnung mit Jesus Christus, dem "Licht vom Licht", bei der Kerzenweihe am 2. und beim Blasiussegen am 3. Februar erinnert die Gläubigen, dass sie selbst zum "Licht der Welt" (Mt 5,14) werden sollen. Unter Vorhaltung gekreuzter brennender Kerzen spricht der Priester eine Gebetsformel, z.B.: "Auf die Fürsprache des heiligen Blasius bewahre dich der Herr vor Halskrankheiten und allem Bösen."
5. Februar:Agatha. Die frühchristliche Märtyrin (+ um 250) soll in ihrer Heimat Sizilien vor dem Ausbruch des Ätna bewahren. Andernorts ist sie eine Patronin gegen Feuersnot. An ihrem Tag gesegnetes Agathenbrot und Agathenzettel sollen vor Bränden schützen.
11. Februar: Gedenktag Unserer Lieben Frau in Lourdes. 1858, hatte die damals 14-jährige Bernadette Soubirous (1844-1879) in Lourdes Visionen. In 18 Erscheinungen sah sie zwischen 11. Februar und 16. Juli eine "Dame“. Diese offenbarte sich der späteren Ordensschwester als „Unbefleckte Empfängnis“. Das Fest entstand zum 50-Jahr-Jubiläum, 1908. In hohen Auflagen hergestellte Lourdes-Madonnen erfreuten sich großer Beliebtheit.
14. Februar: Valentin. Am 14. Februar wird mehrerer Namensträger gedacht: Valentin von Terni und Valentinus von Rom, beide Priester, die um 270 als Märtyrer starben. Manche legendenhaften Züge erinnern auch an Bischof Valentinus von Rätien (+ um 475) Der Valentinstag als Brauchtermin ist populär wie wenige Festtage. Der "Muss-Schenktag" für Blumen, wurde 1947 von "Fleurop" in Frankreich und Belgien eingeführt, in Deutschland und Österreich setzte sich der stark beworbene Brauch erst in den 1970er- Jahren durch.
22. Februar:Kathedra Petri. Das Fest im Generalkalender erinnert an die Übertragung des Papstamtes an den Apostel Petrus. Wetterregel: Wenn es zu Petri Stuhlfeier friert, dann noch weitere 40 Tage.
Siehe auch: Monatsbild