Brauchtum - warum ? 07#
Helga Maria Wolf
historische Bilder: gemeinfrei
Die Kinder haben Ferien, die Erwachsenen Urlaub. Man reist - und das nicht erst im Zeitalter des Massentourismus. Vor 100 Jahren schrieb Reinhard Petermann: "Jetzt lichtet sich Wien mit einem Schlage und in den Vierteln der Wohlhabenden stehen ganze Häuser bis auf die Hausmeisterwohnungen unbewohnt … Andere setzen am Semmering, in Gmunden und Ischl, am Wörthersee das fashionalble Leben fort, noch andere jagen von Ort zu Ort, von Hotel zu Hotel, bis nach Norwegen und Spitzbergen. 'Aufs Land' zu gehen ist dem Wiener aus verschiedenen Gründen Bedürfnis. … In den Schneeberg- und Raxgebieten sind bei schönem Wetter Hunderttausende unterwegs. Sie bevölkern die bekannten Ausflugsgebiete bereits in einer Weise, dass die stilleren Naturfreunde von hier flüchten."
Juli, August - Summer in the city#
Die Bundeshauptstadt Wien bietet in den schönsten Wochen des Jahres ein reichhaltiges Veranstaltungsprogramm für Daheimgebliebene und Gäste. Zu den bekanntesten open-air-Aktivitäten zählt das Filmfestival auf dem Rathausplatz. Entlang des Donaukanals hat "Summer stage" geöffnet und für die Wiener Kinder bietet seit 1973 das "Ferienspiel" Abwechslung, das sich zur größten Veranstaltung dieser Art in Europa entwickelt hat. Die bekanntesten Kinder-Sommerspiele in Niederösterreich finden - seit 1971 - im und rund um das Stift Herzogenburg statt.
2. Juli - Mariae Heimsuchung#
Dem Fest liegt der biblische Bericht vom Besuch Marias bei ihrer Verwandten Elisabeth, der Mutter Johannes des Täufers, zu Grunde (Lk 1, 39-56). Dabei sprach Maria den Lobgesang Magnificat. ("Meine Seele preist die Größe des Herrn und mein Herz jubelt über Gott, meinen Retter...") Der Kirchenlehrer Bonaventura von Bagnoregno (1221-1274), führte das Fest 1263 als General der Franziskaner für seinen Orden ein. Papst Pius V. (1504-1572) nahm es in den allgemeinen Festkalender auf. Der 2. Juli, der Tag nach der Oktav des Johannes, ist der ursprüngliche Termin, der nur im Regionalkalender blieb, während es sonst auf 31. Mai verschoben wurde.
Bekannte Heiligenfeste im Juli#
4. Juli: Ulrich. Ulrich (um 890-973) war Bischof von Augsburg und unterstützte König Otto I. (912-973) mit bewaffneter Macht im Kampf auf dem Lechfeld gegen die Ungarn (955). Bräuche, die mit dem hl. Ulrich zu tun haben, waren kirchlicher und weltlicher Art. Es gab Ulrichsminne, Ulrichskreuze (während der Schlacht soll ihm ein Engel ein Siegeskreuz gereicht haben), die als Abwehrzeichen gegen Unheil und bei Mensch und Tier als heilbringend galten. Vom Wasser aus Ulrichsbrunnen, die angeblich nie versiegten, erhoffte man Hilfe bei Augenleiden und Fieber. Erde von seinem Grab sollte Ratten fernhalten.11. Juli: Benedikt. Benedikt von Nursia (um 480-547) wird als Vater des abendländischen Mönchstums bezeichnet. Die Ordensregel der Benediktiner verpflichtet sie zu "Beten und arbeiten" (Ora et labora). Neben den Benediktinern und Benediktinerinnen leben auch Zisterzienser und Zisterzienserinnen (Reformorden der Benediktiner), Trappisten und Trappistinnen (Reformierte Zisterzienser) sowie die Kamaldulenser (Eremitenorden)und die Gemeinschaft von Jerusalem nach der Regula Benedicti. Rund 40.000 Männer und Frauen gehören derzeit zur benediktinischem Ordensfamilie.
20. Juli: Margareta. Die frühchristliche Märtyrin Margareta von Antiochia (+ um 307) zählt zu den 14 Nothelfern. Mit Katharina und Barbara bildet sie die Gruppe der Virgines Capitales ("drei heilige Madln"). Ihr Fest galt als wichtiger Los- und Zinstag. Wenn der Bauer bis zum Margaretentag den Acker bestellt hatte, stand ihm der Ertrag zu.
22. Juli:Maria Magdalena. Die biblische Gestalt wird mehrfach im Neuen Testament erwährt: Jesus heilte sie, Markus spricht von der Austreibung von sieben Dämonen (Mk 16,9). Danach schloss sie sich dem Jüngerkreis an und unterstützte ihn mit ihrem Vermögen. (Lk 8,2) Maria Magdalena war beim Tod (Mk 15,40) und Begräbnis Jesu (Mk 15,47) dabei. Sie war der erste Mensch, dem der auferstandene Christus erschien (Mk 16,1-8). Die Tradition der westlichen Kirche brachte sie fälschlich und schon früh mit einer namenlosen Sünderin (Lk 7,36-50) bzw. Maria von Bethanien, der Schwester von Martha und Lazarus, in Zusammenhang, die beide Jesus die Füße salbten (Jo 12,3). Bräuche erinnern an die Vorstellung der Tränen der „Sünderin“, die bei der Salbung auf Jesu Füße fielen. Man benannte Quellen und Brunnen nach Maria Magdalena und hoffte, dass sie schädlichen Regen abhalte und heilsamen erwirke. Auch Schauspiele wurden an ihrem Tag aufgeführt.
23. Juli: Brigitta von Schweden. Die Adelige Brigitta oder Birgitta (1303-1373) war Mutter von acht Kindern. Birgitta übte Einfluss auf Könige und Päpste aus. Als Witwe zog sie sich in ein Zisterzienserinnenkloster zurück. Dort erhielt sie visionäre Aufträge zur Gründung eines Reformordens, denen sie folgte. Der Birgittenorden wurde 1378 approbiert, die Gründerin 1391 heilig gesprochen. Seit 1999 ist sie eine der Patroninnen Europas. In Wien zählte der Kirtag im Bezirk Brigittenau zu den großen Volksfesten. Franz Grillparzer (1791-1872) widmete ihm seine Novelle "Der arme Spielmann", in dem es heißt: "Von Brigittenkirchtag zu Brigittenkrichtag zählt seine guten Tage das arbeitende Volk."
24. Juli: Christophorus. Christophorus (+ um 250) zählt zu den legendären, aber umso populäreren Heiligen. Eine Legende aus dem 10. Jh. erzählt von einem Riesen namens Offerus, der Reisende über einen Fluss trug. Er wollte dem Mächtigsten dienen, gab sich jedoch weder mit dem König noch mit dem Teufel zufrieden. Als er ein Kind über das Wasser bringen wollte, überstieg dies seine Kräfte. Nun erkannte er den Allmächtigen: aus Offerus wurde Christophorus, der Christusträger. Diese Allegorie auf die Taufe entfaltete sich zur bildhaften Darstellung in Fresken an der Außenseite der Gotteshäuser. Wer ein solches Bild auch nur von weitem sah, wähnte sich an diesem Tag eines unversehenen Todes sicher. Seit dem 16. Jh. prägte man Taler mit Christophorus-Bildern - Vorläufer der Plaketten in den Autos. Als Autofahrer-Patron erhofft man seinen Schutz auch durch die Fahrzeugweihe, die traditionell am Gedenktag stattfindet. An dem vor einem halben Jahrhundert von der Missions-Verkehrs-Arbeitsgemeinschaft ausgerufenen Christophorus-Sonntag bittet diese um 1/10-Cent (ursprünglich 1 Groschen) pro unfallfrei gefahrenem Kilometer.
25. Juli: Jakobus. Der Apostel Jakobus d. Ä. ist vor allem wegen der Wallfahrt zum Aufbewahrungsort seiner Reliquien, Santiago de Compostela (Spanien) bekannt. Dieser entwickelte sich nach Jerusalem und Rom zum bedeutendsten Pilgerziel, vor allem vom 10. bis zum 15. Jahrhundert. Auch in der Gegenwart übt der „Jakobsweg“, an dem sich - u.a. in Niederösterreich - Klöster und Herbergen befinden, große Faszination aus. Die Jakobi-Kirtage bei ihm geweihten Kirchen waren als sommerliche Volksfeste beliebt.
26. Juli : Joachim und Anna Legenden um die Eltern der Muttergottes fanden mit dem Aufblühen des Marienkultes im Spätmittelalter Verbreitung. Das Protoevangelium des Jakobus, eine apokryphe Schrift aus der 2. Hälfte des 2. Jahrhunderts gibt ihre Namen mit Joachim und Anna an. Sie gelten als Helfer bei Familienproblemen. Annaberg in Niederösterreich gehört zu den wichtigsten Wallfahrtsorten, Pilger kommen seit 1514. In der Gegenreformation erhielt die Kirche als Station an der Via Sacra nach Mariazell besondere Bedeutung. 2007 wurde die Annenwallfahrt wieder belebt. In der Wiener Annenkirche befindet sich die Annahand-Reliquie, die im Ruf der Wunderkraft stand und noch heute verehrt wird. Annenfeste waren profan-städtischer Art: In Wien gab es im 18. und 19. Jahrhundert Serenaden, Theateraufführungen und Geschenke für die Namensträgerinnen.
Siehe auch: Monatsbild