Ofen#
Im Österreichischen Freilichtmuseum in Stübing (Steiermark) steht, wieder aufgebaut, das Rauchstubenhaus "Sallegger Moar". Sein Trambalken trägt die Jahreszahl 1775. Es ist von hauskundlichem Interesse, da es zwei Möglichkeiten der Ofenheizung zeigt: Das "Stübl" erwärmte ein Hinterladerkachelofen, den man von der Rauchstube aus befeuerte. Dadurch blieb dieser Wohn- bzw. Schlafraum rauchfrei. Hingegen war die Rauchstube ein ca. 50 m² großer Mehrzweckraum, in dem gekocht, gegessen, gewohnt und geschlafen wurde, auch die Hühner fanden darin Platz. Die Feuerstätte, bestehend aus einem offenen Herd und einem Vorderladerofen diente zum Kochen, Backen und Heizen. Der Funkenhut nahm Funken und Rauch auf und kühlte ihn ab, war aber kein Abzug. Der Rauch erfüllte die Stube - daher der Name - und gelangte durch eine Luke über der Tür ins Freie.
"Der eigentliche Wohnraum des Hauses, die Stube, wird durch den Ofen erst geschaffen", schrieb Leopold Schmidt. Da die Häuser der Bauern, anders als die Burgen, aus Holz waren, war der Ofen nicht wie dort in die Wand hineingearbeitet, woraus sich der Kamin ergab. Blockhäuser hatten keinen Rauchfang. Der Kachelofen - aufgemauert wie der bäuerliche Backofen - hielt die Wärme lang und die Stube blieb rauchfrei. Von den Töpferöfen lernte man, die Wandung mit Keramik leichter und höher aufzubauen als es aus Stein oder Lehm möglich war. Das Wort "kachel-oven" findet sich 1399 in Vorarlberg. Anfangs verwendete man unglasierte, von Geschirrhafnern und Schwarzhafnern hergestellte Kacheln. Öfen mit verzierten Kacheln sind seit dem ausgehenden Mittelalter bekannt. Damals gab es viereckige Topfkacheln, die nach innen gewölbt waren und verzierte Rahmen hatten, andere waren glasiert und nach außen gewölbt, jedenfalls wurde dadurch die Oberfläche vergrößert. Im 15. Jahrhundert herrschte die grüne Glasur vor. Vom sprichwörtlichen "grünen Ofen" war in Schwänken und Sprüchen die Rede. Kacheln mit phantasievollen Dekorationen machten den Ofen zum "Bilderbuch". Turmartige, geschmückte Kachelöfen standen vor allem in den Burgen (z.B. Hohensalzburg, 1501). Sie eroberten bald Klöster, Verwalterhäuser, Ratsstuben und Gastwirtschaften, im wohlhabenderen Westen Österreichs auch Bauernhäuser. In der Barockzeit waren Figurenöfen modern. Das Österreichische Museum für Volkskunde zeigt ein solches Beispiel, in Form einer Bäuerin in Tracht. Es wurde um 1760 für einen Tanzsaal in Oberösterreich angefertigt.
"Hinterlader", die von einem anderen Raum aus beheizt wurden, gab es auch als Eisenöfen, die aus fünf Platten (Front-, Deck-, Grundplatte, zwei Seitenplatten) bestanden. In der Renaissancezeit begann man, die Platten zu verzieren. Im 18. Jahrhundert kam der Rund- oder Säulenofen auf, wobei das Eisen Dekorationen erhielt, die Moden wechselten im folgenden Jahrhundert rasch: Filigrantürchen, Stadtansichten, Figuren, Portraits fanden sich auf den Öfen.
Der Ofen galt als Geistersitz, aber auch als geheiligter und heilkräftiger Ort. Die "Ofenbeichte" war ein weit verbreitetes Sagenmotiv: Man vertraute dem Ofen ein Geheimnis an, wodurch manches Unglück verhindert werden konnte. Als Mittelpunkt des Hauses, war er wie der Herd mit superstitiöse Ritualen verbunden. Die Braut oder eine neue Magd sollte ins Ofenloch schauen, um kein Heimweh zu bekommen. Außerdem könnte sie dadurch einen Blick in die Zukunft werfen. Um Unwetter abzuwehren, warf man etwas Geweihtes in den Ofen oder legte das Gebetbuch darauf. Die warme Ofenbank war der Platz der Alten, Neugeborene legte man darauf, damit sie artig und fromm würden. Darüber befand sich meist ein Gestell zum Wäschetrocknen. Das "Ofenlaufen", ein Wettlauf der Hochzeitsgäste wurde 1770 in Oberösterreich verboten.
In den Wiederaufbaujahren nach dem Zweiten Weltkrieg war es vielfach notwendig, die Heizungsanlagen zu erneuern. Die Wahl fiel auf Dauerbrandöfen, die für alle festen Brennstoffe geeignet waren und nicht ständig nachgelegt werden mussten. Als "Mercedes unter den Öfen" galt der Meller-Automat-Kamin zum Einbau in keramische Wand- oder Eckverkleidungen. Ende der 1950er- Jahre zeigen viele Familienfotos den Ofen des Wiener Erzeugers als "Schmuckstück des Wohnzimmers".
Technisch unterschied man:
- Etagenofen (Cirkulier- oder Kassettenofen): Typischer Holzofen, der durch seine lange Rauchführung über verschiedene Etagen wenig Brennmaterial verbraucht.
- Kaminofen: Regulier-Füllofen für den Einbau im offenen Kamin, später auf Rollen beweglich gebaut.
- Hopewellofen: ein- oder doppelstöckig über ovalem Grundriss, meist seitlich befeuert, eine der häufigsten Typen.
- Regulier-Füllofen: Mehrfache Regulierungsmöglichkeit durch Luftklappen, schamottiert, Allesbrenner.
- Dauerbrandöfen: Unterbrandofen - Füllschachtofen amerikanischen Typs, brennt von oben nach unten, nur für Kohle und Briketts.
- Durchbrandofen (Kanonenofen) - brennt vom Rost aus nach oben, kein Füllschacht, mit Schamotte ausgemauert, Allesbrenner
- Küchenherd (Kochmaschine), mit Heizfunktion, Kochstellen, Bratrohr und Wasserschiff.
Quellen:
Beitl: Wörterbuch der deutschen Volkskunde. Stuttgart 1974. S. 609 f.
Dinge des Alltags (Alltagskultur seit 1945). Linz 2005
Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens (HDA) VI/Sp. 1886 f.
Viktor H. Pöttler: Katalog Österreichisches Freilichtmuseum Stübing. o.J.
Leopold Schmidt: Volkskunst in Österreich. Wien 1966. S.83 f.
SammlerJournal, Schwäbisch Hall 1985, S. 1324 f.
Bild:
Kopie des Hohensalzburger Kachelofens in Schloss Sitzenberg (Niederösterreich). Foto: Alfred Wolf, 1996
Siehe auch: