Sessel#
In der Stube war die wandfeste Bank das wichtigste Sitz- und Liegemöbel. Der Gemeinschafts-Sitzgelegenheit steht der einzelne Sessel (Stuhl) gegenüber, der als Ehrensitz galt. Leopold Schmidt nennt den bäuerlichen Pfostenstuhl mit Arm- und Rückenlehnen als Grundform. Nach Vorbildern von Schlossmöbeln aus der Renaissancezeit sind die Lehnen oft geschnitzt. Das Einflechten der Sitzfläche gab es schon damals, es erhielt sich besonders im Burgenland, wo die Hausindustrie "den eingeflochtenen Stuhl geradezu marktfähig gemacht" hat."Als Bauernsessel im engeren Sinn gilt gemeinhin der Brettstuhl, bei dem von unten her die vier schräg gestellten Stuhlbeine in das Sitzbrett eingezapft sind und von oben her die gleichfalls etwas schräg gestellte Lehne." Diese Form entstand in der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts in Hartholzgegenden. Die geschnitzte Lehne hat ein Eingriffloch, das zu weiterer symmetrischer Gestaltung - z.B. mit einem Doppeladler - anregte. Eine Besonderheit sind bemalte Hochzeitssessel aus dem 19. Jahrhundert, die auf der Rückseite der Lehne Trachtenpaare und Musikanten zeigen.
Im 17. Jahrhundert kam die Polsterung auf. Charakteristisch für "altdeutsche" städtische Sessel und andere Möbel sind die Drechslerarbeiten. Solche finden sich auch, bemalt als Lehne der "Gnaser Stühle" aus dem Burgenland.Im städtischen Bereich sind seit dem 19. Jahrhundert Sessel als Bugholzmöbel verbreitet. Der Wiener Caféhaus-Stuhl, Nr. 14 in der Kollektion der Firma Thonet, begründete den Erfolg des Unternehmens. Das Modell verkaufte sich von 1859 bis in diie 1930er Jahre mehr als 50 Millionen Mal.
Quellen:
Beitl: Wörterbuch der deutschen Volkskunde. Stuttgart 1974. S.735, 787
Leopold Schmidt: Volkskunst in Österreich. Wien 1966. S. 107 f.
Bilder:
"Bauernsessel": eingeflochtener Pfostenstuhl aus Niederösterreich, Brettstuhl, Gnaser Stuhl. Fotos: Doris Wolf, 2012