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Möbel#

Moebel

Das Wort Möbel (lat. mobilis - beweglich) wurde im 17. Jahrhundert aus dem Französischen (meuble) entlehnt. Mittelalterliche "Möbel" waren keine solchen, sondern wandfest mit dem Haus verbundene Bettverschläge, Klapptische und Bänke. Leopold Schmidt schrieb: "Viele Möbeltypen, die in der Neuzeit selbstverständlich wurden, hat es überhaupt nicht gegeben. Es gab fast keine Sessel , nur wenige Tische, vielfach eingebaute Betten, und auch die nur für das Ehepaar, wogegen die ledigen Leute auf den Bänken oder im Heu schliefen, die Rossknechte im Rossstall. An Vorratsmöbeln neben Fässern, Stübichen (Packfässer), Körben und großem Schwarzhafnergeschirr nur Truhen, später schmale Almerkasten." 

Am bäuerlichen Wohnungsinventar lassen sich alle konstruktiven Phasen der europäischen Möbelgeschichte zeigen. Oberschichtliche Vorbilder fanden Eingang in ländliche Haushalte, wobei ältere und neuere Arten nebeneinander bestanden - von der zimmermännischen Fügung der behauenen Bretter bis zur tischlermäßigen Eckverzinkung und Arbeit mit Rahmen und Füllung: Pfostenstühle romanischer Konstruktion, barocke Brettstühle, Stollentruhen und Tischlertruhen, Himmelbetten spätgotischer Bauart und barocke Aufsatzbetten. Zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert fertigten dörfliche Zimmerleute und Tischler eine Fülle von Formen und Gruppen verschiedener Möbel, die sich in Museen finden und ein klassisches Forschungsgebiet der Volkskunde waren. Dabei schien die Auszier mit Bemalung oder Schnitzerei besonders interessant.

Da sich nur die Oberschichten und freie Bauern in bestimmten Regionen Hartholzmöbel leisten konnten, erfolgte die Bemalung des weichen Holzes nicht nur aus ästhetischen, sondern auch aus praktischen Gründen. Um 1700 wurden die Einrichtungsgegenstände "zumindest in jenen Landschaften, die keine Rauchstuben mehr kennen, in einem bisher unbekannten Ausmaß färbig. Es entwickeln sich rasch gewisse Möbelstile," schreibt Schmidt. Er spricht vom italienischen Einfluss und nennt Grün, Blau, Rot und violette Töne als Grundfarben ländlicher Möbel. 

Die städtisch-bürgerliche Wohnkultur erfuhr Anfang des 19. Jahrhunderts Innovationen durch die von Joseph Danhauser (1780-1829) gegründete erste Möbelfabrik mit Einrichtungshaus. Wohlhabenden Interessenten war es nun möglich, ganze Häuser mit seinen Produkten - Möbel, Textilien, Accessoires - einheitlich auszustatten. In den drei Jahrzehnten ihres Bestehens lieferte die Firma, modisch abgewandelt, Möbel, die aus einzelnen Modulen zusammengesetzt und nach Katalognummern bestellt werden konnten. Der Kunde hatte die Auswahl zwischen ca. 150 Sesselmodellen, 180 Lustern oder 50 Betten - von luxuriösen bis zu "einfachen" Ausführungen, die aber wegen ihres wertvollen Materials nicht unbedingt billiger waren. Einer neuen Differenzierung der Räume - Speisezimmer, Arbeitszimmer, Toilettezimmer, Schlafzimmer, Rauchzimmer etc. - entsprechend entstanden neue Möbeltypen, wie bequeme Sitzmöbel (Kanapeé), niedrige Tischchen oder Vitrinen. Der Wohnkultur-Experte Christian Witt-Dörring schrieb, die Wiener Möbelproduktion zeige "alle Merkmale des internationalen Empire, andererseits ist sie aber in ihrer Grundaussage unverkennbar wienerisch". 

Breitenwirksam waren die Erzeugnisse der Wiener Möbelfabrik Thonet, die Bugholzmöbel industriell herstellte. Die Formenvielfalt der Serienproduktion lässt sich anhand der vorhandenen Kataloge nachvollziehen. Michael Thonet (1796-1871) gründete 1819 in Boppard (Deutschland) eine Tischlerei. 1830 begann er mit neuen Herstellungsverfahren zu experimentieren, 1841 reichte er das Patent für Bugholzmöbel ein. Wegen finanzieller Probleme und auf Einladung des österreichischen Staatskanzlers Clemens Fürst Metternich übersiedelte die Firma 1842 nach Wien. In den 1850er- und 1860er- Jahren entstanden weitere Verkaufsniederlagen und Fabriken in der Monarchie. Der erste Katalog (1859) umfasste 26 nummerierte Serienmodelle, 1873 waren es bereits 80.

Im Kontext kleiner Wiederaufbau-Wohnungen entstanden 1952 die Kollektionen der "Sozialen Wohnkultur". In Ausstellungen präsentiert, fanden die preiswerten und praktischen SW-Möbel Anklang bei den Konsumenten.


Quellen:
Chaloupek, Günther et al.: Österreichische Handelsgeschichte. Wien, Köln, Weimar 2012
Eva B. Ottillinger (Hg.) Gebrüder Thonet. Wien 2003. Ausstellungskatalog des Mobiliendepots.
Leopold Schmidt: Volkskunst in Österreich. Wien 1966. S. 96 f.
Christian Witt-Dörring: Der differenzierte Konsum. Das Wiener Möbel 1815-1848. In: Katalog "Bürgersinn und Aufbegehren", Ausstellung im Historischen Museum der Stadt Wien 1988. S. 368 f.

Bild:
Thonet-Sitzgarnitur. Wien um 1900. Foto: Helga Maria Wolf


Siehe auch:
--> Möbelmuseum
-->Lexikon der Möbelantiquitäten


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