Rot#
Rot gilt als "die" Farbe, steht für Feuer, Blut und Vitalität. Es ist die aktivste und energischste Farbe und hat neben der alle anderen übertreffenden Leuchtkraft psychologische Wirkung. Im Altertum waren Krieger und römische Beamte rot gekleidet. Im Triumphzug trug der siegreiche Herrscher Rot. Trompeten und Signalhörner sind beim Militär fast überall rot umwickelt. Seit dem 18. Jahrhundert gilt Rot als Farbe der Revolution und Freiheit.
In der additiven Farbmischung ist Orangerot eine Grundfarbe, in der subtraktiven entsteht es aus Magenta und Gelb. Die Komplementärfarbe ist Cyanblau. Purpur wirkt würdevoller und ernster als Rot und war - wegen der Kostbarkeit des Farbstoffs - Herrschern vorbehalten. Daran erinnern der Kardinalspurpur und die violetten Gewänder der katholischen Bischöfe und Prälaten. Helles Purpur wird als Magenta bezeichnet. Die blaurote Farbe war eine der ersten künstlich hergestellten Anilinfarben. 1859 kurz nach der Schlacht von Magenta erfunden, wurde sie nach dieser benannt.
Rot als Zeichen des Feuers, Lichts und Blitzes führte zur Vorstellung, dass rote Tiere, Pflanzen und Gegenstände Unwetter anziehen - aber andererseits auch vor Blitzschlag schützen. Rote Stoffe waren, da kostspielig, Bauern verboten. Rote Paramente werden als Sinnbild des Heiligen Geistes (Pfingsten, zur Firmung), am Palmsonntag, Karfreitag sowie zu Festen der Märtyrer getragen. "Rubriken" heißen die rot gedruckten Erklärungen im Messbuch. Im Kalender sind Sonntage und Feiertage rot hervorgehoben. Als Warnfarbe wird Rot bei Verkehrsampeln und Verbotsschildern verwendet. Es findet sich in vielen Fahnen (so auch der österreichischen), Wappen und Schutzmarken.
Ambivalent ist die Bedeutung der Farbe im Zauber. Zwerge und Spukgeister tragen rote Mützen. Andererseits war Rot eine apotropäische Farbe, rote Bänder sollten vor dem "bösen Blick" bewahren. Roter Himmel kündete böse Zeiten, Abendrot "Morgenkot" (nach Regen). In der Sympathiemedizin steht Rot für das Blut. Als rote Amulette sollten Korallen vor Pest und Fraisen schützen. Säckchen mit Rötelstein wurden gegen Rotlauf verwendet. "Rubit" als Zauberwort gegen Blutungen findet sich 1493 in einem Straßburger Gebet.
Rote Haare verrieten nach landläufiger Meinung Hexen (oder zumindest böse Menschen). In der Posse "Der Talisman" von Johann Nestroy (1840) spielen der wandernde Barbiergeselle Titus Feuerfuchs und die ebenfalls rothaarige Gänsemagd Salome Pockerl die Hauptrollen. Mit dem Aufkommen des Farbfilms in den 1940er- Jahren schienen rothaarige Darstellerinnen für die Filmindustrie interessant. Sie verkörperten Klischeevorstellungen: geheimnisvoll, undurchschaubar und verführerisch. Schon der Antike fanden manche rotes Haar attraktiv. Wie bei einer ägyptischen Mumie aus dem 14. Jahrhundert v. Chr. tönt man auch jetzt mit dem natürliche Farbstoff Henna.
Dem Rotkehlchen (Erithacus rubecula) sagten die Brüder Grimm nach, dass es ein dämonischer Vogel sei ("dem rotbärtigen Donar heilig") und den Blitz anziehe. Als Orakeltier bringe es hingegen Glück, ganz besonders bei der Hochzeit. Nach der Legende wollte es die Kreuznägel Jesu lösen und befleckte dabei seine Brust. Auch der Hausrotschwanz (Phoenicurus ochruros) soll den Blitz anziehen (oder abwehren). Er gilt als "Muttergottesvogel" und bringt Glück (oder Tod).
Rotkäppchen ist die Titelgestalt eines der bekanntesten Märchen der Brüder Grimm im 1812 erschienenen ersten Band ihrer Kinder- und Hausmärchen.
Quellen:
Beitl: Wörterbuch der deutschen Volkskunde. Stuttgart 1974. S. 681
Arthur Haberlandt: Taschenwörterbuch der Volkskunde Österreichs. Wien 1953. Bd. 1/S. 145
Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens. Berlin 1936/1987. Bd. 7/Sp. 787 f.
Wikipedia-Artikel zu den einzelnen Stichworten
Bild:
"Rotes Kreuz" in Klosterneuburg, Foto: Alfred Wolf